Loretta Lynn: Still Woman Enough

Loretta Lynn: Still Woman Enough

Legacy/Sony

VÖ: 19.03.2021

 

Wertung: 10/12

Tipp!

 

Die wundervolle Loretta Lynn veröffentlicht mal wieder ein neues Album. Dies ist insofern beachtlich, da die Dame mit Jahrgang 1932 nicht mehr die Jüngste ist und 2017 zudem einen Schlaganfall erlitt. Mit „Still Woman Enough“ hat sie nun noch mal dreizehn Songs aufgenommen, die eine karriereumspannende Kollektion darstellen. Überwiegend wurde das Material in den Cash Cabin Studio in Hendersonville, Tennessee, eingespielt und von Patsy Lynn Russell sowie John Carter Cash produziert. Das Album beinhaltet neue Kompositionen, neu eingespielte Songs aus ihrem umfangreichen Repertoire, sowie Coverversionen amerikanischer Traditionals.

 

Sie startet mit dem neuen Titelstück „Still Woman Enough“. Benannt wurde die Nummer nach ihrer Autobiografie. Ihre Tochter Patsy Lynn Russell half ihr bei der Komposition. Stimmlich wird Lynn hier von Reba McEntire und Carrie Underwood unterstützt. Ein toller Albumeinstieg, der zunächst düster und langsam anfängt, dann aber an Fahrt aufnimmt und in den mehrstimmigen Gesang wechselt. Weiter geht es mit dem Country-Gospel Traditional „Keep On The Sunny Side“. „Honky Tonk Girl“ war ihre erste Single aus dem März 1960. Den Song hat sie nun noch mal auf wundervolle Art und Weise interpretiert. Ihre Stimme ist der Knaller. 2022 wird die Dame immerhin 90 Jahre alt, ihr Gesang ist hier aber derart kraftvoll und klingt regelrecht jugendlich. Natürlich kann die Technik da nachhelfen, trotzdem ist das in dieser Form schon beachtlich.

 

Es folgt mit „I Don´t Feel At Home Anymore“ ein weiteres Traditional. „Old Kentucky Home“ mit Stephen Foster wird in kleiner Besetzung – Akustikgitarre, Mandoline und Bass – zu einem echten Höhepunkt des Albums. „Coal Miner´s Daughter“ ist ja sowas wie ihre Trademarkmelodie. Der Song von 1970 feierte letztes Jahr sein Jubiläum und somit gibt es hier zu Banjoklänge hochemotionale Worte als „Coal Miner´s Daughter Recitation“. Lynn erinnert hier noch mal an das Jubiläum. „One´s On The Way“ und besonders „I Wanna Be Free“ unterstreichen, dass Country alles andere als angestaubt ist. Die Ballade „Where No One Stand Alone“ singt Lynn mit einer Inbrunst, dass man mitunter eine kleine Träne aus dem Knopfloch wegdrücken muss. Großartig! „I´ll Be All Smiles Tonight“ ist ebenfalls balladesk, geht aber mehr in die traditionelle Country-Richtung. Der Hank Williams-Song „I Saw The Light“ wird im schmissigem Gewand präsentiert. Es darf getanzt werden. „My Love“ ist eine wundervolle Ballade aus der Feder von Loretta Lynn. Der Song von 1968 wird sehr behutsam neuinterpretiert. „You Ain´t Woman Enough“ beendet das Album. Dies ist insofern folgerichtig und drängte sich förmlich auf, da die Nummer in ihrer Ursprungform aus ihrem ersten #1 Billboard Hot Country Album aus dem Jahr 1966 stammt. Ein gelungener Abschluss.

 

Fazit: Loretta Lynn zählt mit fast 90 laut WHO bald schon zu den Hochbetagten und nimmt dann mit „Still Woman Enough“ ein solches Album auf. Hut ab und Chapeau! Ihre (Studio)-Stimme ist immer noch kraftvoll und ausdrucksstark. Die Songs wurden ganz wundervoll in Szene gesetzt und arrangiert. Auch die musikalische Umsetzung ist formidabel. Ich ziehe meinen nicht vorhandenen Hut!

 

https://www.lorettalynn.com/

 

Text: Torsten Schlimbach

Loretta Lynn: Wouldn´t It Be Great

Loretta Lynn: Wouldn´t It Be Great

Sony

VÖ: 28.09.2018

 

Wertung: 9/12

 

Loretta Lynn hat mit „Wouldn´t It Be Great“ ein sehr persönliches und tolles Album aufgenommen. Die Songs, die größtenteils im Cash Cabin Studio in Hendersonville, Tennessee aufgenommen wurden, liegen schon länger zur Veröffentlichung in der Schublade, allerdings ging es der Dame letztes Jahr gesundheitlich nicht sonderlich gut. Sie wollte aktiv an dem ganzen Prozess beteiligt sein und somit, da es ihr nun wieder besser geht, wird das Album erst jetzt veröffentlicht. Patsy Lynn Russell und John Carter Cash sind übrigens für die Produktion verantwortlich.

 

Die Stücke selber wurden von Loretta Lynn geschrieben oder mitgeschrieben. Es handelt sich dabei aber nicht immer um ganz neues Material und so gibt es auch die eine oder andere Neuinterpretation eines Klassiker zu hören. Mit „Wouldn´t It Be Great?“ wird das Album mit einem der letzten Songs, den Loretta Lynn für ihren verstorbenen Mann Oliver geschrieben hat, eröffnet. Es ist ein sehr zurückgenommenes Lied. Oberflächlich betrachtet könnte man vermuten, dass es sich hier um eine Liebeserklärung handelt. „Say you love me just one time, with a sober mind“ lässt da aber eher auf Verbitterung und ein Alkoholproblem des Gatten schließen.

 

Mit dem schmissigen „Ruby´s Stool“ gibt es einen weiteren neuen Song zu hören. Ein klassischer Track, der die Leute auf die Tische bringt. Die Neuinterpretation von „God Makes No Mistakes“ kann sich durchaus hören lassen. Auf dem von Jack White produzierten Album „Van Lear Rose“ hatte das eine dreckigere Attitüde. Hier werden die Feinheiten mehr herausgearbeitet. Loretta Lynn hat immer noch eine recht kraftvolle Stimme. Das wunderschöne „I´m Dying For Someone To Live For“ lebt von diesem formvollendeten Gesang ganz schwelgerisch im Walzertakt. „Another Bridge To Burn“ ist ganz klassischer Country jenseits aller Kitschgrenzen. Eine tolle Nummer ist das! Die Instrumentierung ist erstklassig und das Arrangement herzzerreißend. Und mit wie wenig man eine unglaubliche große Wirkung erzielen kann, zeigt sich bei „Ain´t No Time To Go“, da reicht dann auch mal eine spärliche Instrumentierung. „Don´t Come Home A Drinkin´“ wird allen Puristen gefallen, ist aber letztlich nur 08/15-Country-Kost. Auch „The Big Man“ schunkelt eher gemächlich dahin. „Lulie Vars“ geht schon fast in Singer/Sonwriter-Gefilde über. „Darkest Day“ ist ganz nett, aber der ordentliche Kracher „Coal Miner´s Daughter“ setzt erst den richtigen Schlusspunkt.

 

Fazit: „Wouldn´t It Be Great“ ist über weite Strecken ein ganz tolles Country-Album geworden. Loretta Lynn hat hier sogar etwas zeitloses für das Genre geschaffen. Das umschifft auch jegliche Kitschhürden. Ein bis zwei Längen gilt es da zwar zu durchstehen, aber das fällt letztlich nicht weiter ins Gewicht. Auch thematisch ist das ein sehr berührendes Werk! Chapeau!

 

http://www.lorettalynn.com/

 

Text: Torsten Schlimbach

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