Art Garfunkel: The Singer
Sony
VÖ: 24.08.2012
Wertung: 10/12
Tipp!
Art Garfunkel erlangte als Teil des kongenialen Duos Simon & Garfunkel Weltruhm. Die beiden Herren schufen unsterbliche Klassiker der Musikgeschichte, die auf ewig nachhallen werden. Es wird den beiden ja gerne nachgesagt, dass die Chemie nicht immer passte und ständig ein Konflikt köchelte. In Zeit des gemeinsamen Schaffens wurden sie allerdings mit und durch ihre Songs unsterblich. Die beiden schafften es allerdings immer wieder eine gemeinsame Basis zu finden und so gab es über die Jahrzehnte immer wieder gemeinsame Auftritte und auch im Studio traf man sich.
Die Solo-Karriere von Art Garfunkel warf aber auch noch mehr als passable Songs und Alben ab. Kurzum, der Mann darf durchaus als einer der prägendsten und größten Poeten und vorallem Interpreten der Populärmusik genannt werden. Wie dies in so einem Fall nun mal an der Tagesordnung ist, gibt es da so manche obskure Zusammenstellung, die den Leuten das Geld aus der Tasche ziehen soll, aber im Grunde qualitativ und quantitativ völlig für die Tonne ist. Unnötig zu erwähnen, dass derartige Veröffentlichungen nicht im Sinne des Künstlers sind und waren.
Art Garfunkel hat sich jetzt persönlich um eine ganz besondere Retrospektive gekümmert. Das feine Teil wurde schlicht „The Singer“ betitelt und wirft auf fast fünf Jahrzehnte einen Blick. Die 34 Songs wurden von Art Garfunkel höchstpersönlich ausgewählt. Bei der Zusammenstellung hat man darauf geachtet, dass die Musik eine Geschichte erzählt und das Gesamtbild stimmig ist. Auf eine chronologische Reihenfolge hat man somit gänzlich verzichtet. Das obligatorische „Bridge Over Troubled Water“ hat man gleich zu Beginn gesetzt, was für Neueinsteiger sicher als eine Art Türöffner gut funktioniert und für alle anderen, die dieses großartige Stück über die Jahre nun oft genug gehört haben, ist es damit dann auch erledigt.
Ganz stark ist die der Block der ersten CD mit („What A) Wonderful World“ - übrigens mit James Taylor und Paul Simon -, dem Welthit „Bright Eyes“, „Two Sleepy People“, „Skywriter“ und „Scarborough Fair/Canticle“ abermals von Simon & Garfunkel. Mal ehrlich, eigentlich ist „Skywriter“ ein furchtbar belangloses Stück, welches mehr oder weniger am Easy Listening Genre vorbeischrammt, in dieser Konstellation aber eben bestens funktioniert. Die stimmlichen Qualitäten des großen Sängers kommen so ebenfalls bestens zur Geltung. Gerade ein Song wie „The Promise“ unterstreicht, dass der Mann glatt auch das Zeug zum Crooner hat! Der erste Silberling enthält mit „Lena“ gar einen unveröffentlichten Song, aufgenommen 2012! Die Nummer ist nett, man hört mittlerweile, dass die Stimme von Art Garfunkel auch schon ein paar Jährchen im Einsatz ist und die elektrifizierte Gitarre weiß glatt zu überraschen.
Auch die zweite CD hat einen neuen Song zu bieten. Das sehnsuchtsvolle „Long Way Home“ - ebenfalls eine unveröffentlichte Aufnahme von 2012 – wirft glatt die Frage auf, warum Art Garfunkel nicht gleich ein vollwertiges Studioalbum mit neuen Songs veröffentlicht. Übrigens erweist sich auch hier die nicht chronologische Anordnung als Segen! So folgt auf das völlig langweilige und belanglose „Scissors Cut“ der Überhit „The Sound Of Silence“. Ein Qualitätsabfall fällt so gar nicht erst auf oder ins Gewicht. Mit „Breakaway“ folgt ja auch gleich der nächste Knaller. „The Decree“ aus den 80ern schlägt mit dem Londoner Symphony Orchester eigentlich völlig aus dem Rahmen. „I Wonder Why“ ist ebenfalls aus der zweiten Hälfte des bunten Jahrzehnts und hat sich aufgrund der kompletten Verweigerung der obligatorischen, musikalischen Merkmale des Jahrzehnts gut gehalten und sich zu einem zeitlosen Musikstück gemausert – allerdings auch zu einem unspektakulären. Die Schwelle zur Fahrstuhlmusik ist eben nie weit. Zu den schwelgerischen Momenten natürlich auch nicht, wie „Disney Girls“ von 75 unterstreicht. „O Come All Ye Faithful“ lässt es im August schon festlich werden. Die Interpretation von „When A Man Loves A Woman“ ist ganz im Stil von Art Garfunkel gehalten, allerdings reicht das nicht an die kraftvollen Stimmen heran, die diesen Song auch schon gesungen haben. Das ist einfach nicht die Spielwiese von Garfunkel. Das schöne „In Cars“ hingegen schon. Das passt zum weichen Timbre eben auch wesentlich besser.
Fazit: „The Singer“ von Art Garfunkel bietet gerade Neueinsteigern einen umfassenden Einblick in das Schaffen dieses Ausnahmesängers. 34 Songs liefern einen guten Überblick über diese lange Karriere. Fans bekommen immerhin zwei neue Songs, die zudem schwer in Ordnung gehen. Das Booklet enthält übrigens zu jedem Song noch handgeschriebene Notizen von Art Garfunkel, die so manchen Song noch mal in einem neuen Licht erstrahlen lassen. Insgesamt eine sehr umfangreiche und schöne Gestaltung. "The Singer" ist eine runde Sache und Zusammenstellung, die der Meister höchstpersönlich vorgenommen hat!
Text: Torsten Schlimbach