Van Halen: Tokyo Dome In Concert
Rhino/Warner
VÖ: 27.03.2015
Wertung: 7/12
Die ersten sechs Alben von Van Halen werden gerade neu aufgelegt, da kommt im Rahmen dieser Veröffentlichungsoffensive auch noch ein Live-Album von Van Halen in den Handel. Wer sich die Deluxe Edition davon zulegt, bekommt auch gleich noch die remasterten Alben „Van Halen“ und „1984“ dazu. Die Aufnahmen aus dem legendären Tokyo Dome entstanden während einer Japan-Tour der Band am 21. Juni 2013. Original-Sänger David Lee Roth war da mit an Bord und somit bieten die beiden CDs auch einen Querschnitt seiner Karriere mit der Band, da Songs aus allen sieben Van Halen-Alben an denen David Lee Roth mitwirkte, gespielt wurden.
Für Fans ist das eine schöne Sause, aber auch Freunde der gepflegten Härte sollten die beiden Scheiben mal antesten. Die Aufmachung als Digipack ist ganz nett, allerdings ist das Booklet schon recht enttäuschend. Die Songtexte kann man dort zwar nachlesen, aber das war es auch schon. Nicht mal ein klitzekleines Foto vom Auftritt findet sich dort wieder. Das ist eher schwach und da ist man aus dem Hause Rhino durchaus Besseres gewohnt.
Der Auftritt ist solide, bisweilen aber auch reichlich neben der Spur. Zu Beginn passt bei „Unchained“ nicht viel zusammen und die Band spielt schön am Gesang von David Lee Roth vorbei. „Pretty Woman“ zu covern war vermutlich auch eine der dämlichsten Ideen, die Van Halen jemals hatten. Hier zeigt sich die gesangliche Limitierung und auch musikalisch bratzt das völlig uninspiriert an dem Song vorbei. Schlimm ist das und hat ja nicht mal Schulbandniveau. Mit „You Really Got Me“ schließt sich da ein weiter Tiefpunkt der Coverversionen an. Und dann wird da auch noch was von Blues gefaselt. Von Blues und besonders dem Gefühl für den Blues sind Van Halen nun wirklich meilenweit entfernt. „China Town“ und „Hear About It Later“ rocken wenigstens amtlich daher.
David Lee Roth hat einfach seinen Zenit überschritten. Das merkt man auch deutlich bei „Dance The Night Away“. Er singt gepflegt an der Band vorbei, die ihm kaum folgen kann. „I´ll Wait“, ein etwas ruhiger Track, funktioniert da wesentlich besser. Eddie van Halen lässt sein Können hier noch mal aufblitzen. „Woman In Love“ oder „Ice Cream Man“ kommen auch recht amtlich daher, auch wenn die Drums von Alex van Halen auf dieser Aufnahme immer etwas blechern klingen. Wolfgang van Halen, Sohn von Eddie, ist am Bass reichlich bemüht, aber kaum zu hören. „Panama“ und „Eruption“ sind sowieso Selbstläufer. Und klar, ganz zum Schluss gibt es dann auch noch „Jump“ - ist live aber mehr oder weniger auch ein Schatten früherer Tage.
Fazit: Von Van Halen kommen die ersten Alben in einer remasterten Fassung nun noch mal in den Handel. Im Zuge dieser Veröffentlichungen gibt es nun auch einen Livemitschnitt der Band. Die Qualität ist eher mäßig und man muss ehrlicherweise sagen, dass die Jungs ihren Zenit – besonders David Lee Roth – längst überschritten haben. Sänger und Band agieren oftmals komplett aneinander vorbei. Da es hier aber eine Fülle an Material gibt, blitzt die alte Brillanz von Van Halen immer wieder auf. Für Fans und Freunde der härteren Gangart ist „Tokyo Dome In Concert“ trotzdem sicher eine sehr nette Geschichte.
Text: Torsten Schlimbach
Van Halen: A Different Kind Of Truth
Universal
VÖ: 03.02.2012
Wertung: 7,5/12
Van Halen legen mit „A Different Kind Of Truth“ ein neues Album vor und nicht wenige dürften aufgrund dieser Tatsache ein fettes Grinsen im Gesicht haben. Fans werden sich ein Loch in den Bauch freuen und für alle anderen entbehrt das nicht einer gewissen Komik. Van Halen? Im Jahr 2012? Ja, man kann hier seine Vorurteile pflegen und sämtliche Klischees aus der Schublade ziehen. Kurioserweise treten einem Van Halen mit „A Different Kind Of Truth“ aber mal kräftig zwischen die Beine – damit war so nicht zu rechnen.
Der verlorene Sohn ist in den Schoß der Familie zurückgekehrt. Was keiner mehr für möglich hielt wird auf dieser Platte wiederbelebt. David Lee Roth und Eddie Van Halen sind doch tatsächlich wieder auf einem Album Seite an Seite zu hören. 28 Jahre nach dem Megaseller und Hammer „1984“ also. Gründe mag es dafür viele geben, das schnöde und liebe Geld dürfte dabei auch eine nicht unwesentliche Rolle gespielt haben. Völlig egal, denn „A Different Kind Of Truth“ kann was – überraschend viel sogar. Ein paar Wermutstropfen gibt es allerdings auch. Man mag die Rolle des Bassisten immer unterschätzen oder belächeln, aber der Weggang von Michael Anthony ist leider nicht so leicht zu verschmerzen, gerade auch in Hinsicht auf den Backinggesang. Es macht jetzt Wolfgang mit Nachnamen Van Halen. Vater und Sohn spielen aber ganz nett zusammen. Leider fällt auch bei dieser Scheibe die extrem schlechte Abmischung auf. Lautstärke ist eben nicht alles! Ein regelrechter Soundmatsch prasselt da auf einen ein. Ist ja leider nicht neu. In dieser Hinsicht hat sich das ganze Musikgeschäft in den letzten Jahren dramatisch zurückentwickelt.
„A Different Kind Of Truth“ ist für Fans ein Fest. Punkt. Die Band knüpft nahtlos an die Frühphase der eigenen Geschichte an und lässt kaum noch Erinnerungen an die poppige Zeit zu. Das Ding rockt und groovt wie Sau und entpuppt sich als waschechter Hardrockbrocken mit progressiven Einschlag. Natürlich hauen Van Halen hier derart auf die Kacke, als hätten sie die letzten zwei Jahrzehnte in einer Blase verbracht und die ganzen kulturellen und musikalischen Entwicklungen verpasst. Ja und? Dagegen kann aber die Kaspertruppe von The Darkness direkt mal wieder einpacken – die wollen dieses Jahr ja auch noch ein Album veröffentlichen.
Nicht alles auf „A Different Kind Of Truth“ scheint neu zu sein und bisweilen hat das Material schon ein paar Jährchen auf dem Buckel. „She´s The Woman“ oder „Big River“ kennt der geneigte Van Halen Fan in irgendeiner Form bereits. Auch „Beats Workin´“ basiert auf einer schon länger existierenden Idee. Ist da schlimm? Ideenmangel? Mitnichten, denn das Gesamtbild ist stimmig. Wer allerdings jetzt Hits erwartet wird ganz sicher enttäuscht werden. Die Band prügelt sich teilweise recht forsch durch die Songs. So kommt beispielsweise „China Town“ ohne Umschweife auf den Punkt und gleicht einem Schlag in die Magengrube. Überhaupt rollt hier eine Riffmaschine über einen hinweg und wenn der gute Eddie die Soli auf die Orgel schmeißt, dann macht man endgültig einen Zeitsprung in die frühen 80er. Poserrock? Sicher! Hier können sich übrigens Nickelback noch mal anhören wie man das anständig auf die Reihe bekommt. Wenn die Dampfwalze „Bullethead“ über einen hinweggefegt ist, dann weiß man endgültig, dass Van Halen auch 2012 ihre Berechtigung haben. „As Is“ ist gar regelrecht ungekünstelt, rau und wild – ein Wort, welches in Rezensionen eher selten auftaucht. Insgesamt ist die Platte etwas lang geraten, aber nun gut, auch in dieser Hinsicht sind die Pferde mit der Band durchgegangen.
Fazit: Wer hätte gedacht, dass Van Halen mit „A Different Kind Of Truth“ noch mal ein solches Brett raus hauen? Mag sein, dass die eine oder andere Idee schon länger in der Schublade lag, mag auch sein, dass die Truppe das alles bierernst meint und die Nummern gar nicht selbstironisch sein sollen – egal. Das Ding macht tatsächlich Spaß und ist über weite Strecken eine amtliche Hardrockscheibe, die keine Hits an Bord hat. Willkommen in der Zeitschleife - zurück in den 80ern. Schade, dass der Matschsound das Hörerlebnis ziemlich nach unten drückt.
Text: Torsten Schlimbach