Angels & Airwaves: Love Album Parts One & Two (Doppel-CD)
Edel
VÖ: 11.11.2011
Wertung: 8/12
Was Sänger und Gitarrist Tom DeLonge bei Blink 182 nicht umsetzen und ausleben kann, macht er bei Angels & Airwaves dann mit ganz großem Besteck. Das eine ist eher eine schlicht gestrickte Punkband, während sein anderes Projekt die ganz großen Visionen verfolgt. Seit 2005 jagen Angels & Airwaves nun schon ihren künstlerischen Ansprüchen nach und verwirklichen diese teilweise in recht beeindruckender Manier! Auf drei Alben können sie mittlerweile zurückblicken und sich immerhin 2 Millionen Käufer auf die Fahnen schreiben. Angels & Airwaves sind mehr als nur ein Seitenprojekt von Tom DeLonge.
Nun gibt es gleich einen Doppelschlag. Teilweise ist das Material allerdings schon bekannt. Zumindest die erste CD haben sich die Fans schon kostenlos auf der Homepage der Band runter geladen. Nun folgt der Nachschlag mit einer zweiten CD. Erfreulicherweise wird das jetzt aber nicht auch zum zweifachen Preis vertickt, sondern schlägt mit den Kosten einer normalen Einzel-CD zu Buche. Da wird doch mal Nähe zum Fan bewiesen und in Zeiten wo immer weniger Alben gekauft werden ist das nicht ganz unwichtig. Man kann da nur an den gesunden Menschenverstand der Fans appellieren – kauft euch das Ding nun, denn so ein Vorgehen sollte auch honoriert werden!
DeLonge sieht dieses Mammutprojekt übrigens als eine Mischung aus Radiohead, Pink Floyd und U2 an! Mein lieber Herr Gesangsverein - geht es auch eine Nummer kleiner?! Auf der anderen Seite hat ein gesundes Selbstbewusstsein noch keinem geschadet und warum sollte man sich nicht an den Größten der Großen orientieren? Und weil man gerade so schön auf den Putz haut, stellt das alles auch noch gleich dem Soundtrack zu den gleichnamigen, von Angels & Airwaves produzierten Science-Fiction-Film. Über mangelnden Ideenreichtum kann man sich also nicht beklagen!
Bei so vielen Ambitionen kann man ja schnell mal den Überblick und die Musik aus den Augen verlieren. Sofern man sich auf das Konzept von Angels & Airwaves einlassen kann, wird man feststellen, dass dies im Falle von „Love“ nicht der Fall ist. Und DeLonge hat zumindest nicht in der Hinsicht übertrieben, dass sie sich tatsächlich an den oben genannten Bands orientiert haben. Der Auftakt er ersten CD klingt dann tatsächlich wie eine Mischung aus U2 und Pink Floyd. Das ist zwar drei bis vier Hausnummern kleiner, aber als Rohrkrepierer entpuppt sich „Et Ducit Mundum Per Luce“ trotzdem nicht. Das gilt übrigens für jeden Song! „The Flight Of Apollo“ funktioniert ähnlich und baut sich langsam und sphärisch auf, geht in eine epische Hymne über und rockt zwischendurch wie Sau. Synthies und Keyboards geben sich hier die Klinke mit Bass und Gitarre in die Hand. Das gilt im Grunde für jede Nummer und die Übergänge sind fließend. Ist das nun noch „Young London“ oder schon „Shove“? Egal, mittendrin gibt es ja neben allen Klanggebilden immer einen Song im eigentlichen Sinne. Gerade „Shove“ entfaltet da ein immenses Hitpotenzial. Die Gitarre bimmelt gar, als hätte Edge mal kurz im Studio vorbeigeschaut. Man merkt Songs wie „Epic Holiday“ oder „The Moon-Atomic (...Fragments and Fictions)“ zwar die Last des Konzepts an, aber trotzdem schaffen es Angels & Airwaves dem alles eine eigene Identität zu geben. Ganz davon abgesehen wissen die Jungs wie man mit Harmonien spielt und eben große Melodien nicht nur aneinanderreiht, sondern auch mit Herz und Seele ausstattet. Große Ambitionen verkommen nicht zum reinen Selbstzweck sondern sind mit viel Liebe zum Detail ausgestattet.
„Saturday Love“ läutet die zweite CD gar gänzlich nach dem Stile von U2 ein. Der Gesang von DeLonge ist zwar komplett anders, aber der Rest erinnert in den ersten zwei Nummern doch sehr stark an die Iren. So ganz aus seiner Blink 182 Haut wird er aber nie können – wäre ja auch komisch. Als Gesamtkunstwerk am Stück ist das allerdings auch etwas zu viel des Guten und dann wirken Tracks wie „Anxiety“ oder „Moon As My Witness“ wie die nächste Wiederholung und man wähnt sich in einer musikalischen Dauerschleife. Jedes Ding für sich gesehen ist aber tatsächlich sehr gut und hat verdammt großes Hymnenpotenzial. Ein roter Faden und eine Geschichte zieht sich durch das ganze Konzept und verbindet und verwebt alles miteinander. „The Revelator“ oder „One Last Thing“ bieten eine gesunde Mischung zwischen Electronic und Rock. Eine große Wagenladung Melancholie schwingt dabei immer mit.
Fazit: Angels & Airwaves legen mit dem Doppelalbum „Love Album Parts One & Two“ ein höchst ambitioniertes Konzept vor. Das wird nicht jedem gefallen, aber wenn man sich in diese beiden CDs reinwühlt, dann wird man feststellen, dass dies kein künstliches Produkt ohne Hirn, Herz, Verstand und Seele ist, sondern das genaue Gegenteil eintritt. Hin und wieder tobt sich die Band etwas zu sehr aus und wird von ihren eigenen Ambitionen überrollt, aber das mindert keineswegs den positiven Gesamteindruck.
http://www.angels-and-airwaves.com/
Text: Torsten Schlimbach