Greil Marcus: When That Rough God Goes Riding/Über Van Morrison

Greil Marcus: When That Rough God Goes Riding/Über Van Morrison

Kiepenheuer & Witsch Verlag

VÖ: 15.09.2011

 

Wertung: 8/12

 

Greil Marcus ist einer der bedeutendsten Musikkritiker des Planeten. Er schreibt und berichtet nicht nur über die Stars, sondern ist mittlerweile selber einer. Seine Meinung, gerade über die alten Helden der Musikgeschichte, ist immer noch sehr gefragt. „Like A Rolling Stone“, das Buch über einen einzigen Song von Bob Dylan, machte ihn schlagartig bei einem größeren Publikum berühmt. Nun widmet sich der Autor einem ganz anderen, großen Soul- und Bluessänger: Van Morrison. Es handelt sich dabei nicht um eine schnöde Biografie, denn das kann man von Marcus nun wahrlich nicht erwarten.

 

Um „When That Rough God Goes Riding“ zu verstehen, muss man vielleicht auch die musikalische Sozialstation von Greil Marcus verstehen und unter die Lupe nehmen. Wie von keinem anderen Album war und ist er von „Astral Weeks“ beeindruckt, gar besessen. Zumindest kann man im Vorfeld dieser Buchveröffentlichung lesen, dass er keine andere Platte öfters gehört hat. Immerhin erschien das Meisterwerk von Van Morrison bereits 1968, was nun eine Menge über die Verbundenheit des Autors zu der Platte aussagt. Wenn es in all den Jahrzehnten kein anderes Album geschafft hat, „Astral Weeks“ vom persönlichen Thron zu stoßen, dann muss dies schon eine ganz besonderes Liebesbeziehung sein.

 

Es liegt natürlich die Vermutung nahe, dass Greil Marcus nun das Gesamtschaffen und die Person Van Morrison gnadenlos abfeiert. Dies ist ganz und gar nicht der Fall. Schon die Einleitung macht klar, dass es hier nicht um Heldenverehrung geht. Mit großem Staunen liest man die teilweise recht bissigen und kritischen Töne, die Marcus hier nicht nur andeutet, sondern schnörkellos auf den Punkt bringt. Mit Kleinigkeiten hält er sich gar nicht erst auf. Was gesagt werden muss, wird eben gesagt. Das unterscheidet ihn - und ganz besonders dieses Buch - von ähnlichen Publikationen.

 

Hier wird auch nicht chronologisch vorgegangen. Bei der Unterteilung waren ganz andere Gesichtspunkte von entscheidender Bedeutung. So nennt sich das erste Kapitel „Ein schmutziges Aschenputtel im lila Bühnenoutfit“. Hier werden einzelne Platten beleuchtet und überraschende Querverbindungen hergestellt. Teil zwei nennt sich dann „Die Platte nehme ich mit ins Grab“ und es geht um, na klar, „Astral Weeks“! Oder nehmen wir das Kapitel „Keine Maskierung, die der Song nicht zerstören könnte“. Man sieht schon, Greil Marcus gliedert sein Werk etwas anders als üblich. Gerade die Phase nach Them beleuchtet er recht kritisch. Auch die Bühnenpräsenz von Van Morrison bekommt zu jener Zeit nicht unbedingt positive Worte mit auf den Weg. Auf der anderen Seite lässt es sich Marcus dann auch nicht nehmen blumige Worte zu finden, die den Meister und sein Werk über den grünen Klee loben.

 

Über weite Strecken liest sich das alles wie eine einzige, große Rezension. Die Alben und die Songs werden nach allen Regeln der Kunst unter die Lupe genommen und in ihre Bestandteile zerlegt. So manche Anekdote wird dabei am Wegesrand aufgesammelt. Hin und wieder ist das allerdings auch etwas anstrengend zu lesen und selbstverständlich ist das alles herrlich subjektiv.

 

Fazit: Greil Marcus legt mit seinem Buch über Van Morrison „When That Rough God Goes Riding“ ein Werk über Teile des musikalischen Schaffens des Ausnahmetalents vor, welches es in sich hat. Messerscharf analysiert schreibt der Autor hier seine Sicht der Dinge nieder. Wer „Brown Eyed Girl“ als einen eher guten Song einstuft, muss damit leben, dass dies hier als einer der schlechtesten Songs bezeichnet wird. Überhaupt hat Marcus auch jede Menge kritische Töne untergebracht. Dafür strahlen und stechen die positiven umso mehr heraus! Hier wird zudem so mancher Haken geschlagen und die Formulierungen heben sich auch wohltuend von ähnlichen Büchern ab. Hin und wieder kann das aber auch nerven und man muss schon am Ball bleiben (wollen).

 

http://www.kiwi-verlag.de

 

Text: Torsten Schlimbach

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