Alanis Morissette: Live At Montreux 2012 (Blu-ray)
Edel
VÖ: 19.04.2013
Wertung: 8/12
Die Kanadierin Alanis Morissette zählt seit fast zwei Jahrzehnten zu den erfolgreichsten Künstlerinnen des Planeten. Mehr als 60 Millionen Platten konnte sie bisher absetzen und auch ihre Live-Shows sind regelmäßig ausverkauft. Wer hätte dies erwartet, denn immerhin schied sie 1990 in der ersten Runde der US-Castingshow Star Search aus. Diese Zeit haben aber sowieso nur noch wenige Leute auf dem Schirm und meist wird der Karrierestart mit ihrem Durchbruch „Jagged Little Pill“ in Verbindung gebracht. Wenn man bedenkt, dass sie davon 30 Millionen Alben verkauft hat, dann sagt das schon eine ganze Menge über den Stellenwert des Werks im Backkatalog aus.
Letztes Jahr war Alanis Morissette wieder unterwegs und schlug im Rahmen ihrer „Guardian Angel Tour“ auch beim renommierten Jazz Festival in Montreux auf. Mit dem eigentlichen Anliegen dieser Veranstaltung hat ihre Musik zwar recht wenig gemeinsam, aber das trifft ja auf eine Vielzahl der dort auftretenden Künstler zu und mit Joe Bonamossa machte ja auch gerade erst ein Musiker eines ganz anderen Genres dort Station. Alanis Morissette hat diesen Auftritt vom 2. Juli 2012 nun für die Nachwelt festgehalten und das Ergebnis liegt nun auch als Blu-ray vor.
Die Farben sind bei gut eingestelltem Kontrast kräftig und natürlich. Der Schwarzwert ist hervorragend (direkt auf der Bühne bei optimalem Licht). Kompressionsspuren sind nur ganz selten festzustellen, lassen sich aber unter den gegebenen Umständen auch nicht gänzlich vermeiden und dürften nur absoluten Nerds negativ auffallen. Die Gesamtschärfe lässt oftmals sämtliche Details erkennen. DTS-HD Master Audio und LPCM Stereo gehören ja mittlerweile zum Standard und je nachdem ist der Ton auch satt und nicht übersteuert. Allerdings hat man zu Beginn der Show von „I Remain“ bis „All I Really Want“ auch das ungute Gefühl, dass da einiges vom Band eingespielt oder sehr stark nachbearbeitet wurde. Erst mit „You Learn“ stellt sich ein richtiges Livefeeling ein. Leider gibt es keine Extras, was natürlich schon recht mager ist.
Das Publikum von Montreux ist schon sehr lahm und somit kommt kaum Stimmung auf. Lediglich bei den alten Gassenhauern wie „Ironic“, „You Oughta Know“, „Hand In My Pocket“ und dem obligatorischen „Thank U“ schwappt eine leichte Welle der Begeisterung durch das Rund. An Alanis Morissette und ihrer Band liegt dies allerdings nicht! Die Musiker mühen sich redlich ab und haben sichtlich Spaß an ihrem Job. Alanis Morissette gibt sich recht nahbar und hat sich über die Jahre kaum verändert. Dieser Auftritt unterscheidet sich von Gestik und Mimik kaum von jenen der 90er. Erfrischend zu sehen, dass es auch ohne Allüren geht, davon könnten sich eine Menge Kolleginnen eine Scheibe abschneiden. Wenn sie nicht gerade Gitarre oder Mundharmonika spielt, dann schreitet sie immer noch rastlos die Bühne auf und ab. Ihre Stimme hat den Test der Zeit nicht ganz bestanden und gerade bei den hohen Passagen ist schon der eine oder andere schiefe Ton dabei. Dies tut dem guten Eindruck des Auftritts aber letztlich keinen Abbruch. Die Kameras fangen die Künstlerin auch aus allen erdenklichen Positionen ein und sind immer ganz nahe am Geschehen dran. Ihre Band wird hin und wieder auch in Großaufnahme präsentiert, aber wer hier die Chefin im Ring ist, dürfte klar sein. Über die volle Distanz des Konzerts sind die Kamerapositionen allerdings auch etwas ermüdend und dann hat es leider auch den Anschein, als wären selbige nach einem starren Muster zusammengeschnitten worden – schade.
Fazit: Die Blu-ray „Live At Montreux“ von Alanis Morissette hat viel Licht, aber auch ein bisschen Schatten zu bieten. Ton und Bild sind hervorragend bis brillant und dürften kaum Wünsche offen lassen! Das Publikum vor Ort war an diesem Tag allerdings nicht so richtig in Stimmung. Ein weiterer Minuspunkt ist der Schnitt, der kaum Spannungsmomente bietet. Die Performance der Band und die Songauswahl sind aber über jeden Zweifel erhaben. Hier kann man eine großartige Künstlerin sehen, die immer noch Spaß hat an dem was sie tut und mit Leib und Seele dabei ist – und das ist letztlich das was zählt!
Text: Torsten Schlimbach