Lil Wayne: I Am Not A Human Being II
Universal
VÖ: 22.03.2013
Wertung: 8,5/12
Früher war alles besser. Zumindest ist dies die Auffassung von einigen, die miterleben konnten, dass Künstler in grauer Vorzeit jedes Jahr ein neues Album veröffentlichten. Heutzutage ist das sicher nicht mehr an der Tagesordnung und selbst wer zu den fleißigen Songschreibern gehört, scheitert dann am Veto des ganzen Industrieapparates, der auch eine gewisse Vorlaufzeit braucht um das Ding überhaupt in die Läden zu stellen. Was das alles mit der neuen Platte von Lil Wayne zu tun hat? Bei dem Mann liegen die Dinge dann doch ein bisschen anders, denn wer mit knapp 30 nun schon auf sein zehntes Studioalbum zurückblicken kann, hat offensichtlich einiges anders gemacht. In dieser Zeit musste er auch noch dem einen oder anderen Gerichtstermin beiwohnen und schließlich hinter den berühmten schwedischen Gardinen verschwinden. Vierfacher Vater ist er zudem auch noch. Im Hause Wayne ist also einiges los.
„I Am Not A Human Being II“ sollte ursprünglich gar noch früher erscheinen, wurde aber gleich mehrfach verschoben. Eine derartige Veröffentlichungsflut birgt natürlich auch gewisse Gefahren. Wiederholungen sind kaum auszuschließen und mitunter gehen einem dann auch mal die Ideen aus und es wird dann schnell zur musikalischen Fließbandarbeit. Lil Wayne hat selbst mit seinen schlechtesten Alben immer noch ganz passable Werke abgeliefert, während seine stärksten Scheiben gleich ein ganzes Genre definieren konnten. „I Am Not A Human Being II“ liegt nun irgendwo in der Mitte. Eine gute Platte also! Mit fünfzehn Songs (die Deluxe Variante fährt sogar achtzehn auf) ist das Album allerdings auch ein bisschen zu lang geraten , aber das kennt man ja schon. Und selbstverständlich hat die ganze Geschichte jede Menge Features am Start. Erfreulicherweise fügen sich diese aber wunderbar in den Flow der gesamten Scheibe ein.
Ganz unvorbereitet war man ja nicht. „Love Me“ mit Drake und Future wurde ja schon vorab der Welt präsentiert. Der Midtempotrack ist aber eher einer der langweiligeren Songs. „No Worries“ dürfte ebenfalls bekannt sein - fluffiger, minimalistischer Beat im typischen Wayne-Style. Eine große Überraschung gibt es mit „IANAHB“ gleich zu Beginn. Über ein klassisches Pianothema rappt Wayne so klar wie selten. Hier lässt er die Hosen runter und was es da zu sehen - also hören - gibt, zählt zu den herausragenden Momenten von „I Am Not A Human Being II“. „Curtains“ zieht das allerdings wieder runter. Muss das im Jahre 2013 denn noch sein? Autotune war vor zehn Jahren schon nervig und wird nun sicher nicht mehr der heißeste Scheiß der Saison werden.
„Days And Days“ legt danach aber einen Zahn zu und die düstere Atmosphäre strahlt etwas Bedrohliches aus. 2 Chainz als Feature passt dazu wie die Faust auf´s Auge. Klasse Nummer. So setzt sich Lil Wayne auch in diesem Jahr wieder direkt auf den Thron und alle anderen können mal wieder nur staunen. „Gunwalk“ ändert den Style nicht, allerdings wirkt der Track noch cineastischer. Musikalisch ist das bis auf das nackte Beatsgerüst reduziert – sehr gut. Es hätte auch anders kommen können, aber offensichtlich hat Lil Wayne aus der Vergangenheit gelernt und weiß nun ganz genau, dass weniger eben doch manchmal die bessere Wahl ist.
Und wie amtlich ist doch „Back To You“!? Zwischen Latinflair und Pop haut der Meister seine Wörter ohne Netz und doppelten Boden heraus und klingt dabei so angriffslustig wie selten. „Trigger Finger“ ist dagegen sterbenslangweilig. Das gilt leider auch für „Beat The Sh***“ - da ist wieder alles dabei, wofür er in der Vergangenheit schon ordentlich Kritik einstecken musste. Die futuristischen Klänge bei „Trippy“ reißen es danach auch nur bedingt wieder raus und von Juicy J hat man auch schon Besseres gehört. Die Ballade „Romance“ lässt immerhin wieder Licht am Ende des Tunnels erkennen. Danach steigert sich das Album aber wieder. „God Bless Amerika“ und besonders das abgedrehte „Wowzerz“ können überzeugen. Mit „Hello“ gibt es zum Schluss gar noch einen Crossovertrack als wären die 90er wieder zurück.
Fazit: Lil Wayne legt mit „I Am Not A Human Being II“ ein wirklich gutes Album mit ein paar kleinen Schwächen vor. Das macht aber nichts, da es derart viele gute bis sehr gute Momente gibt und das Positive somit weitaus in der Überzahl ist. Wayne schafft es sogar in seinen Sound neue Ideen und Beats einfließen zu lassen und somit ist das zehnte Album sogar für die eine oder andere Überraschung gut. Lyrisch dreht sich alles um die drei großen Themen – oder anders gesagt: dies wird sicher nicht die erste Wahl sein, wenn der Papst mal wieder ordentlich bouncen möchte.
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Text: Torsten Schlimbach
Lil Wayne: Tha Carter IV
Universal
VÖ: 02.09.2011
Wertung: 8/12
Lil Wayne meldet sich mit „Tha Carter IV“ zurück und schlägt somit das nächste Kapitel auf. Die Vorfreude darauf hielt sich doch sehr in Grenzen, denn zuletzt zeigte sich Lil Wayne alles andere als in Hochform. Selbst seine zahlreichen Gastbeiträge für befreundete Künstler empfand man eher als störend. Die Luft war deutlich raus und man wurde den Eindruck nicht los, dass der Mann überarbeitet wäre. Das gehört nun alles der Vergangenheit an. „Tha Carter IV“ ist doch eine faustdicke Überraschung und Lil Wayne kommt mit diesem Album um die Ecke, als würde er gerade erst die Szene aufmischen.
Man kann jetzt über die Gründe spekulieren und irgendwie kriegt das so einen komischen Nachgeschmack, wenn man die neun Monate Knast auf Rikers Island anführen würde. Mit diesem Album hier zeigt sich Lil Wayne jedenfalls geläutert und er konzentriert sich wieder aus die wesentlichen Dinge. Die dicke Hose wird somit kaum noch übergestreift. Auch das ganze BlingBling-Gedöns bleibt vor der Tür. Inflationäre Stimmverfremdungen braucht es für „Tha Carter IV“ jetzt auch nicht mehr. Die Beats rollen düster und minimalistisch aus den Boxen, darüber rappt ein nachdenklicher Lil Wayne.
Ja, „Tha Carter IV“ ist ein überraschend gutes Album geworden. Es reicht nicht ganz zu (s)einem Meisterwerk, da es mal wieder viel zu lang ist und es auch den einen oder anderen Ausfall gibt. Das Gesülze bei „How To Hate“ mit T. Pain hält man kaum aus. Auch Rick Ross macht bei „John“ jetzt nicht die beste Figur. Hört sich dann an wie der übliche Freundschaftsdienst. Dafür knallen andere Nummern richtig rein. „6 Foot 7 Foot“ mit Cory Gunz ist bis auf das nackte Gerüst reduziert worden, dafür legt Lil Wayne ein Tempo vor, als wäre der Teufel hinter seiner Seele her. Das wird im „Outro“ nur noch von Busta Rhymes übertroffen. Aber auch die gemäßigten Popklänge – wie bei „Nightmares Of The Bottom“ - funktionieren diesmal prächtig. „She Will“ mit Drake gleicht gar einer Art Selbstreflexion. Hin und wieder haut Wayne zwar über die Stränge, aber hey, das gehört natürlich bei diesem Genre dazu.
Fazit: Wenn es im HipHop- und Rapbereich dieses Jahr eine faustdicke Überraschung gibt, dann dürfte dies „Tha Carter IV“ von Lil Wayne sein. Der Mann wirft den ganzen überflüssigen Kram über Bord und konzentriert sich ganz auf die Songs. Sollen doch andere eine dicke Lippe riskieren, hier geht es um die wesentlichen Dinge. Schade, dass er den Genre-Kardinalsfehler begangen hat und die Platte mal wieder zu lang ist. Die Skip-Taste muss also doch betätigt werden, aber dafür ist der Rest umso besser!
http://www.lilwayne-online.com/
Text: Torsten Schlimbach