Beside Bowie: The Mick Ronson Story
Universal
VÖ: 06.07.2018
Wertung: 7/12
Der Einfluss von Mick Ronson auf David Bowie wird oftmals sträflich unterschätzt. Sowohl auf, aber auch abseits der Bühne war Ronson ein extrem wichtiger Faktor für Bowie. Abgesehen davon war Ronson ein erstklassiger Gitarrist, auch in dieser Hinsicht wird ihm nicht immer die Anerkennung zuteil, die er verdient hätte. John Brewer hatte nun als erste Person freien Zugang zum Material aus dem Künstlerleben von Ronson. Er erhielt auch noch die Nutzungserlaubnis und somit war der Weg für „Beside Bowie“ frei, eine Dokumentation über Mick Ronson.
Das Duo Bowie/Ronson war über viele Jahre kongenial, wird aber gerne mal übersehen, wenn es um die großen Paarungen der Rockmusik geht. Vornehmlich werden da Lennon/McCartney oder Jagger/Richards genannt. Auch Elton John und Bernie Taupin stellten eine ähnliche künstlerische Konstellation dar. Ronson verstarb 1993. Er arbeitete damals an einem Soloalbum. Die Anerkennung, die der Gitarrist eigentlich verdient gehabt hätte, blieb ihm im Grunde immer verwehrt. Vielleicht kann nun die vorliegende Dokumentation dazu beitragen, dass sich das ein wenig ändert. Dafür müssten natürlich auch genügend Menschen davon Kenntnis nehmen. Dies dürfte aber alleine dadurch gewährleistet werden, dass der Titel den Namen Bowie enthält. Kein ungeschickter Schachzug.
Und natürlich spielt David Bowie hier eine große Rolle. Man hat in den ersten Minuten sowieso den Eindruck, dass dies eher eine Dokumentation über den Thin White Duke ist. Die Anfänge der Zusammenarbeit werden da natürlich auch beleuchtet. Auch die Zeit, als Ronson wieder zurück nach Hull kehrte, weil er nicht viel Geld mit der Musik verdiente, während Bowie so langsam zu einem Start aufstieg. Der Einfluss von Ronson auf die einzelnen Alben wird ebenfalls thematisiert. So wird auch noch mal sein Streicherarrangement von „Life Of Mars“ gewürdigt und dass er und Rick Wakeman instinktiv wussten, was der jeweilige andere spielen und tun würde. Für Angie Bowie war der gute Mick wesentlich mehr als ein Leadgitarrist.
Einig scheint man sich auch darüber zu sein, dass der rockige Ansatz von „Ziggy Stardust“ ohne Ronson nicht möglich gewesen wäre. Zu jener Zeit entstand auch das ikonische Foto, als Bowie Ronson zu Füßen lag und an dessen Gitarre knabberte. Fotograf Mick Rock erzählt, wie es dazu kam. Die Bescheidenheit von Ronson wird in dieser Dokumentation sehr schön herausgearbeitet. Er kam seinen Bühnenpflichten nach, schminkte sich, färbte sich die Haare und zog sich Stiefel an, blieb ansonsten aber der Junge aus Hull ohne Allüren.
Ronson hat aber ja nicht nur mit Bowie gearbeitet, sondern auch mit Lou Reed. Sein wegweisendes „Transformers“-Album wird hier ebenfalls thematisiert. Bowie war da zwar mit im Boot, aber es sind sich alle einig, dass der Einfluss von Ronson größer war, weil er sich zu dieser Zeit am Mischpult wesentlich besser auskannte. Zu hören und sehen sind da auch einige Erinnerungen und O-Töne von Lou Reed.
Natürlich ist die Bild- und Tonqualität unterschiedlicher Natur und kann mit heutigen Standards nicht mithalten. Dies dürfte aber selbsterklärend sein, da das verwendete Material schon einige Jährchen auf dem Buckel hat. Einige Live-Songs werden auch in kurzen Ausschnitten gezeigt. Schade, dass man da als Zuschauer nicht die Möglichkeit hat, selbige einzeln anzusteuern und dann komplett zu genießen. Etliche Wegbegleiter und Zeitzeugen wie Bob Harris, Angie Bowie, Tony Visconti, Joe Elliott, Ian Hunter, Rick Wakeman, Lou Reed, Glen Matlock und Roger Taylor kommen in Bild und Ton zu Wort. Das ist meist sehr unterhaltsam, hangelt sich aber, so der Eindruck, oftmals eher am Leben von Bowie denn Ronson entlang.
Fazit: „Beside Bowie“ ist ein nettes Filmchen über einen unterschätzten Protagonisten der Rockmusikgeschichte. Die Dokumentation dürfte da nun zumindest etwas Abhilfe schaffen, sofern selbige auch von genügend Leuten gesehen wird. Jon Brewers Film beleuchtet auf unterhaltsame Art und Weise Ronsons Leben und Schaffen, aber trotzdem wird der Fokus oft genug auf David Bowie gelegt. Natürlich sind die beiden einen gemeinsamen Weg gegangen, es wirkt nur eben auch manchmal so, als würde man Bowie da zu sehr als Verkaufsargument nutzen. David Bowies Kommentatorenstimme aus dem 'Off' wird Fans aber zusätzlich begeistern. Insgesamt ist das sehr kurzweilig und unterhaltsam – nicht mehr, aber auch nicht weniger!
Text: Torsten Schlimbach