Dave Stewart: The Blackbird Diaries
Surfdog Records/Sony
VÖ: 24.06.2011
Wertung: 10/12
Tipp!
Wer Dave Stewart immer noch als eine Ikone der 80er Jahre im Ohr hat, der sollte sich nun warm anziehen. Sein neues Album dürfte alle überraschen, die ihn immer nur mit diesen unterkühlten Sounds in Verbindung bringen. Jetzt geht es mit „The Blackbird Diaries“ endgültig ans Eingemachte. Was der Herr auf die Beine gestellt hat ist ein richtig gutes Album. Da wird so manch einer mit den Ohren schlackern. Abgesehen davon ist das Ding ganz vorzüglich produziert worden.
Fertiggestellt wurde das Album in Nashville. Die Atmosphäre der Stadt wurde sehr gut eingefangen, denn seinen Ursprungsort kann „The Blackbird Diaries“ nicht verleugnen. Produziert wurde das gute Stück übrigens von Herrn Stewart und Mike Bradford. Als Aufnahmeort hat man sich die – der Titel sagt es ja schon – berühmten Blackbird Studios ausgesucht. John McBride hat die Scheibe schließlich gemixt. Er hat einen tollen Job gemacht – das nur mal so am Rande!
„The Blackbird Diaries“ hat mit moderner Musik nichts am Hut. Dies ist eine Stunde Musik, die sich vornehmlich in der Vergangenheit bewegt. Böse Zungen würden davon sprechen, dass das ein Album für alte Männer mit grauen Schläfen sei. Man kann es auch einfach mal als Wohltat für die Ohren sehen. Jeder Song für sich ist nämlich ganz vorzüglich und versucht gar nicht erst mit modernen Elementen zu punkten. Dafür gibt es tonnenweise Qualität. Ja, „The Blackbird Diaries“ ist Qualitätsmusik. Dabei hört sich das hier Dargebotene alles andere als gewollt oder angestrengt an. Im Gegenteil, alle Beteiligten haben das mal eben so locker aus dem Ärmel geschüttelt. Kein Wunder, keiner der beteiligten Musiker muss irgendwem auf der Welt irgendwas beweisen!
Dave Stewart hat mit „The Blackbird Diaries“ sein amerikanisches Album aufgenommen. Derart gab es das bisher noch nicht von dem Mann. Country, Rock und Blues heißen die Zutaten. Mit „So Long Ago“ rollt er sich mit seinen Mitstreitern ganz langsam in die Scheibe ein. Das ganze Album hindurch wird Dave von einer brillanten Auswahl an Musikern unterstützt, so sind Gitarrist Tom Bukovac, Drummer Chad Cromwell, Bassist Michael Rhodes, Steel-Gitarrist Dan Dugmore und Mike Rojas am Piano dabei. Dazu röhrt er fast wie ein läufiger Hirsch. Das ist ganz nahe an Tom Petty dran.
Wer aber denkt, dass der Albumeinstieg nur ein laues Lüftchen war, wird schon mit „Beast Called Fame“ eines Besseren belehrt. Zwischen den Stones, den Heartbreakers, Crazy Horse und der E-Street Band groovt sich Stewart mit seiner Band ganz gehörig ein. Shuffle? Country? Aber gerne doch! Auch eine Ballade wie „All Messed Up“ versinkt nicht im Kitsch, sondern hat Klasse. Dafür sorgt schon alleine Martina McBride als Duettpartner. Davon gibt es auf diesem Album übrigens reichlich. Das sich langsam dahin schleppende „Cheaper Than Free“ hat Stevie Nicks mit an Bord, während „Bulletproof Visit“ mit Colbie Caillat überrascht. Alles im Balladenfach anzusiedeln. Mit mehr Schmiss wird aber auch immer mal wieder in die Saiten gegriffen. Dazu zählt „The Gypsy And Me“ ebenso wie „Can´t Get You Out Of My Head“. Zwischendurch blitzt auch mal etwas Pop bei „Worth The Waiting For“ durch.
Fazit: Gut gebrüllt Tiger! Mit „The Blackbird Diaries“ ist Dave Stewart ein verdammt gutes Album gelungen. Hut ab, vor dem starken Songmaterial und seinen Mitstreitern. Dass Dylan an einem Song beteiligt ist, wird dabei gar zur Randnotiz, weil dieses Album zwischen Country, Blues und Rock so überzeugend, locker und leicht aus der Hüfte daherkommt.
Text: Torsten Schlimbach