The Lumineers: dito

The Lumineers: dito

Universal

VÖ: 16.11.2012

 

Wertung: 8/12

 

Eigentlich hatte Wesley Schultz ganz andere Ambitionen. Schon immer interessierte er sich für das Zeichnen und verbrachte damit sehr viel Zeit. Zusammen mit seinem besten Freund Josh Fraites lies er seiner Fantasie freien Lauf, bis, ja bis dieser an einer Überdosis starb. Das hat Schultz natürlich komplett aus der Bahn geworfen und New Jersey war nicht mehr länger der Ort, an dem er verweilen wollte. Zusammen mit dem kleinen Bruder von Josh, Jeremiah, fing er an zu musizieren. Erste Auftritte in New York folgten. The City Of Blinding Lights ist für zwei aufstrebende Künstler aber eben auch ein Ort, der einem schnell die Seele rauben kann. Die beiden packten also ihre sieben Sachen zusammen und reisten in Richtung Denver, Colorado.

 

Dort angekommen, merkten sie allerdings schnell, dass es als Duo nicht so leicht ist und irgendwas fehlt. Sie suchten also einen weiteren Musiker, der sich mit dem Cello(!) auskennt. Es meldete sich Neyla Pekarek. The Lumineers waren geboren. Und somit auch ein Sound abseits der Charts und Plastikwelt. Es konnte ja auch keiner ahnen, dass genau diese musikalische Richtung noch mal derart durch die Decke gehen würde. Mumford & Sons, The Fleet Foxes oder The Avett Brothers ebneten den Weg. Die Zeit ist also wieder reif für ehrliche Rootsmusik, die von Herzen kommt und berührt.

 

„Ho Hey“ von The Lumineers verkaufte sich dann auch glatt 1 Millionen Mal! Für einen schmissigen, aber auch simplen Folksong von etwas mehr als zwei Minuten Spielzeit ist das eine Hausnummer, die sehr beachtlich ist. Das Stück geht aber auch verdammt schnell ins Ohr – und in die Beine. Eine eingebaute Spaßgarantie gibt es noch kostenlos dazu. Das ist aber nicht immer so, denn die Texte sind oftmals sehr nachdenklich und die Musik ist es sowieso. Einer der längsten Songs auf diesem Album - „Morning Song“ - beendet dieses dann auch sehr nachdenklich. Die Melancholie wird musikalisch weitestgehend verschleppt. Der Gesang ist derart eindringlich und brüchig, dass es regelrecht unter die Haut geht.

 

Anderes wie die verpeilte Country- und Folkfingerübung „Classy Girls“ hört sich an, als wäre diese mal schnell auf´m Saloonklo aufgenommen worden. The Lumineers verstehen es ihre Songs und Sounds sehr schön zu variieren. „Submarines“ könnte man sich auch von Ben Folds Five vorstellen. „Dead Sea“ hätte auch auf „Heartbreaker von Ryan Adams gepasst. Stimmlich erinnert das übrigens an Starsailor. Die Produktion ist dabei weitestgehend spartanisch geblieben und den Songs haftet allesamt eine Ursprünglichkeit an, als wären dies alles First Takes. „Slow It Down“ könnte auch in einer Blechbüchse aufgenommen worden sein.

 

„The Lumineers“ beherrschen aber auch die ganz großen Gesten. „Stubborn Love“ will alles und das sofort. Der schwelgerische Sound manifestiert dies nachhaltig – bis hin zum minimalistischen Bombast. Zwei Dinge die sich eigentlich ausschließen, bei The Lumineers aber eben perfekt harmonieren. Man muss es einfach mit eigenen Ohren gehört haben. „Big Parade“ ist dagegen schon fast zu konventionell. Dies trifft auf das mitreißende „Charlie Boy“ sicher nicht zu. Musik kann doch mit so wenigen Mitteln so schwelgerisch sein. Ist „Flapper Girl“ nicht einfach große Popmusik? Also nicht im Sinne der Radiolandschaft, aber im Sinne der Altvorderen!

 

Fazit: The Lumineers legen mit dem gleichnamigen Album eigentlich ein völlig unspektakuläres Werk vor, welches aber derart herzlich ausgefallen ist, dass es noch lange im Ohr hängen bleibt. Es ist ein weitestgehend leises Werk geworden, welches zwischen Country, Folk und Americana genau den richtigen Ton trifft. Die Mischung haut zwar nicht immer hin und der rote Faden ist nicht vorhanden, aber das macht nichts. Rau und roh schleudert einem diese Band ihre kleinen Songs ins Gesicht. Mumford & Sons haben die größeren Songs, The Lumineers die sperrigen. Beides hat Herz!

 

http://thelumineers.com/

 

Text: Torsten Schlimbach

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