Jennifer Rostock: Live In Berlin (CD/DVD)
Warner
VÖ: 10.08.2012
Wertung: 7,5/12
Seit Jennifer Rostock auf der musikalischen Landkarte aufgetaucht sind, wird die Fangmeinde stetig größer. Gegründet hat sich die Band in der zweiten Hälfte der 00er Jahre und nun fünf Jahre später sind sie nicht mehr aus der deutschen Musikszene wegzudenken. Die jüngere und oftmals weibliche Generation hat in Jennifer Weist wieder ein Sprachrohr gefunden. Wem Silbermond zu nett und harmlos ist, der bekommt mit Jennifer Rostock die Straßenkötervariante geboten.
Gerade live werden Jennifer Rostock besondere Qualitäten nachgesagt. Davon kann man sich nun anhand der DVD „Live In Berlin“ überzeugen. Als Veranstaltungsort diente ein altes Schwimmbad in Berlin-Wedding. Da der Platz dort bekanntlich begrenzt ist, mussten sich die Bühnenbauer etwas einfallen lassen. Eine Bar in das Gesamtbild zu integrieren liegt da nicht unbedingt auf der Hand. Jennifer Rostock haben es gemacht und der Barmann hat dann während des eigentlichen Konzerts auch reichlich zu tun. Street-Art Künstler sorgten dafür, dass das insgesamt sehr stimmig gestaltet wird. Ein kurzes Making Of in der Bonussektion gewährt da übrigens ab Minute sechs einen kleinen Einblick in die Gestaltung!
Aufgrund der geringen Kapazität vermittelt das Konzert einen recht intimen Eindruck. Jennifer Rostock spielen hier tatsächlich nur für den harten Kern der Fans. Das sieht man schon alleine anhand der Optik, da man doch die ein oder andere jüngere Ausgabe von Jennifer Weist (Jahrgang 86) im Publikum zu Gesicht bekommt. Überhaupt ist die Frontfrau die Art von Rampensau, auf die sich alle fokussieren, da werden die Jungs nur zum schmückenden Beiwerk. Das Höschen ist kurz, die Tattoos poliert und die Bewegungen lasziv. Da dürfte nicht nur der Junge, der zu ihr auf die Bühne darf und auf einem Stuhl platziert wird, ein rotes Köpfchen kriegen. Wenn es die Show anheizt, dann ist sich die gute Jennifer auch nicht zu schade mal ordentlich den Schritt zu polieren – aber keine Sorge, die DVD hat „FSK ab 0 freigegeben“ erhalten.
Dies ist die eine Seite, die andere ist der Klang. Teilweise sitzt man schon recht staunend vor der Mattscheibe und fragt sich des Öfteren mal, ob das tatsächlich live ist. Die Instrumente sind absolut herausragend abgemischt worden und die Singstimme ist derart brillant, dass es eine Freude ist zuzuhören. Hammer. Die Interaktion mit dem Publikum ist natürlich erstklassig und der Kontakt mit den Fans wird gehegt und gepflegt. Da werden aus vorderster Front gleich mal welche auf ein Bier auf die Bühne eingeladen und auch sonst wird die Meute gerne zum mitsingen und durchdrehen animiert. Klappt natürlich und zum Schluss haben sich die anwesenden Jungen dann auch zu einem Großteil ihres T-Shirts entledigt.
Die fünfzehn Songs stellen ein pures Hitfeuerwerk dar. Ein erster Höhepunkt ist „Der Kapitän“ mit Felix von Frau Potz, der sich hier die Stimmbänder wund singt und schreit. „Du Willst Mir An Die Wäsche“ mit Sido ist keiner! Der Name ist prominent, aber den Song bringt er nicht unbedingt weiter. Warum überhaupt Sido? Jennifer Rostock erklären es in der Bonussektion. „Wo Willst Du Hin“ wird mit der Cellistin mit den richtig dicken Möpsen (O-Ton Jennifer Weist) unplugged dargeboten. Funktioniert prächtig. „Insekten Im Eis“ mit Unterstützung von Sascha und Nicholas von Jupiter Jones ist ein Gedicht und die letzte Nummer „Es War Nicht Alles Schlecht“ mit Nico von War from a harlotts mouth eine wahre Sceamoattacke zum Schluss. Das Konzert endet mit einem dicken BANG! Gut so!
Schnitt und Kameraführung sind sehr gut. Auch für die filmische Umsetzung erweist sich das alte Schwimmbad als Glücksgriff, da man auch aus der Konserve das Gefühlt hat, dass man mitten im Geschehen drin ist. Die Outtakes hätte man sich sparen können, denn hierbei handelt es sich lediglich um eine Aneinanderreihung der Trinkszenen, also all´ jene Getränke, die Jennifer Rostock an dem Abend verputzt haben. Was will dieses pubertäre Gehabe beweisen? Die junge Zielgruppe wird es natürlich cool finden. Geschenkt. Hinter der Shoutbox verbirgt sich genau das, was man vermuten konnte. Das Making Of ist zweckmäßig und auch alle Gäste werden hier noch mal in Szene gesetzt – hätte aber gerne auch noch etwas umfangreicher ausfallen können. Der Sound ist Standard und schön laut gedreht, kann man sich ordentlich von der Couch blasen lassen. Und da man nicht jeden Tag die DVD gucken kann, gibt es das Konzert als Audio CD in diesem fetten und schönen Digipack obendrauf.
Faztit: Jennifer Rostock unterstreichen mit dem CD/DVD Paket „Live In Berlin“, dass sie eine erstklassige Liveband sind. Der ungewöhnliche Ort macht aus dem ganzen Ding zusätzlich etwas Besonderes. Die Zielgruppe mag zwar jünger sein, aber die oftmals an die NDW erinnernden Songs könnten sogar den älteren Semestern gefallen. An der DVD und der Umsetzung gibt es jedenfalls kaum etwas zu bemängeln.
http://www.jennifer-rostock.de/
Text: Torsten Schlimbach