Agnes Obel: Myopia

Agnes Obel: Myopia

Deutsche Grammophon/Universal

VÖ: 21.02.2020

 

Wertung: 10/11

Tipp!

 

Wenn eine zeitgenössische Künstlerin bei Deutsche Grammophon unter Vertrag ist und ihre Werke dort veröffentlicht werden, dann weiß man, dass man es mit Musik weit entfernt vom gängigen Pop-Mainstream zu tun hat. Die Dänin Agnes Obel veröffentlicht jetzt mit „Myopia“ ihr neues Album bei diesem Label. Die Künstlerin, die in Berlin lebt, stößt mal wieder Türen zu Klangwelten auf, die uns sonst verborgen bleiben würden. Sie wird mit diesen Songs ihren Ruf als eine der interessantesten Gengenwarts-Musikerin festigen.

 

Für „Myopia“ zog sich Agnes Obel abermals zurück. Sie wählte die Isolation, um das für sie bestmögliche Ergebnis zu erzielen. Einflüsse von außen sollten komplett vor der Tür bleiben. Sie zog sich in ihre eigene Blase zurück. Diese Arbeitsweise kennt man ja von ihr und darauf baut ja im Grunde die Musik auch auf. Vermutlich ist das auch elementar wichtig, damit diese wundervolle Melancholie, die über den Songs schwebt, entstehen kann. Gleichzeitig geht von der Musik aber oftmals auch etwas Bedrohliches aus. Die Düsternis breitet sich aus und hin und wieder fällt sogar die Einordnung der Gänsehaut schwer. Entsteht selbige nun aufgrund des Schönklangs oder ist das eher auf das Unbehagen, welches durchaus von den Tracks ausgeht, zurückzuführen?

 

Es sind die minimalistischen und kleinen Dinge, die „Myopia“ auszeichnen. Bei „Parliament Of Owls“ scheint die gute Agnes minutenlang auf einem einzigen Ton rumzureiten, bevor das Stück ganz kurz anschwillt, nur um sich im nächsten Moment wieder in sein Schneckenhaus zurückzuziehen. Die teilweise verfremdete Stimme gibt dem Ganzen einen morbiden Charme. Warum Agnes Obel so gut zu diesem Label passt, kann man auf „Promise Keeper“ nachhören. Und mit dem schwebend und engelsgleichen „Won´t You Call Me“ hat sie zum Schluss sogar noch fast eine Nummer mit herkömmlichen Songstrukturen aufgenommen. Aber nur fast.

 

Die atmosphärischen und elegischen Klangwelten von „Camera´s Rolling“ öffnen die Tore von „Myopia“. „Broken Sleep“ hat im Anschluss etwas von einem Score für den nächsten David Lynch-Film. Es geht um nicht enden wollende Rastlosigkeit. Passt. Die Finger flitzen dabei über das Klavier, als wenn die Apokalypse kurz bevorsteht. „Island Doom“ ist noch dunkler. Das bleibt mitunter auch nicht aus, denn hier beschäftigt sich Agnes Obel mit dem Tod eines geliebten Menschen. Das Instrumentalstück „Roscian“ ist zum Heulen schön – und traurig. Der Track „Myopia“ ist das schwelgerische Pendant dazu.

 

Fazit: Agnes Obel macht es nicht unter Meisterwerk. „Myopia“ ist ein erhabenes und atmosphärisch großartiges Album geworden. Natürlich ist das nichts, was den Massenkonsumenten ansprechen wird. Die Klangwelten von Obel muss man sich mitunter erarbeiten. Die Songs haben Tiefe und lassen einen garantiert nicht kalt. Agnes Obel unterstreicht abermals, dass sie eine der interessantesten Künstlerinnen der Gegenwart ist!

 

https://www.agnesobel.com/

 

Text: Torsten Schlimbach

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Dream Out Loud Magazin: © Torsten Schlimbach / Header: © Kai Knobloch