Jay-Z/Kanye West: Watch The Throne

Jay-Z/Kanye West: Watch The Throne

Universal

VÖ: 12.08.2011

 

Wertung: 9/12

 

Es ist für etwas ganz Großes angerichtet. Zwei absolute Schwergewichte des HipHop haben sich zusammengetan und ein gemeinsames Album aufgenommen. Auf „Watch The Throne“ wartet die Welt nun schon lange. Seit sich aus den zarten Gerüchten dann tatsächlich herauskristallisierte, dass es tatsächlich was wird mit einer gemeinsamen Platte, gab es in den einschlägigen Foren kein Halten mehr. Spekulationen und Erwartungshaltungen schossen wie Pilze aus dem Boden. Man konnte glatt das Gefühl bekommen, dass die beiden Herren die HipHop-Musik nicht nur neu erfinden, sondern auch gleich noch retten und auf eine neue Ebene heben würden.

 

Stellt sich natürlich auch die Frage, ob Kanye West und Jay-Z überhaupt eine Chance haben, die ganzen in sie gesetzten Hoffnungen zu erfüllen?! Natürlich gab es auch Skeptiker, die schon gleich zu berichten wussten, dass dies nur in die Hose gehen kann – freilich ohne, dass sie überhaupt einen Ton gehört haben (konnten). Die Wahrheit liegt diesmal nicht in der Mitte, da die beiden Herren hier über weite Strecken ein wirklich überzeugendes Album aufgenommen haben.

 

„Watch The Throne“ ist aber nicht nur Kanye West und Jaz-Z zu verdanken. An der Scheibe haben doch eine ganze Menge Leute rumgeschraubt und teilweise dürfen es dann auch schon mal sechs Produzenten gleichzeitig sein. Es ging hier offentsichtlich auch nicht darum eine Platte mit Pop-Affinität zu schreiben. Die Sounds und Beats stehen doch ausdrücklich im Vordergrund. Das reicht gar bis Otis Redding zurück. Es wurde nicht auf die großen Hits geschielt und genau das ist die große Stärke. Vermengt wird sowieso alles, was irgendwie dem Flow zuträglich ist. Das kann ebenso Jazz sein, wie auch House und sogar Dubstep! Diese Kombination hätte man so nicht unbedingt erwartet.

 

Auf der Platte gibt es viele unerwartete Dinge. Dass die beiden ja gerne auf dicke Hose machen, ist ja bekannt. Bescheidenheit ist nicht unbedingt ihre größte Stärke. Und was machen sie hier? Es gibt kein Intro, sondern es geht gleich los! Es wird der Welt nicht mitgeteilt, dass hier die größten Jungs ihres Genres am Start sind, sondern ein dunkler Basslauf eröffnet „No Church In The Wild“. Es wummert, es wabert und es geht in eine mystische Richtung. Als geschickter Schachzug dürfte sich erweisen, dass mit Frank Ocean einer der Jungspunde von der total angesagten Odd Future Posse dabei ist. Das ist aber nicht nur Mittel zum Zweck, um auch ein jüngeres Publikum zu generieren, sondern das passt auch perfekt. Die Beteiligung von Beyoncé hätten sie sich bei „Lift Off“ allerdings schenken können. Musste hier noch schnell die Ehefrau untergebracht werden? Eigentlich ist die Nummer nicht verkehrt, aber das Geträller nervt irgendwie und entpuppt sich als störender Faktor.

 

Auffallend bei „Watch The Throne“ ist die Arbeitsteilung der beiden Herren. Jay-Z ist für die Stakkato-Parts zuständig und treibt die Songs voran. Kanye West hingegen nimmt sich den ruhigen Passagen an und ist auch für ein Großteil des musikalischen Gefrickels zuständig. Da wird dann auch mal James Brown mit orientalischen Klängen gemischt, Nina Simone durch den Vocoder gejagt und jede Menge abgefahrene Klänge verwurstelt. Textlich ist das – nun ja – recht humorlos. Das muss man nicht immer verstehen und manchmal kann man auch nur den Kopf schütteln. Aber die beiden sagen ja selber, dass dies provozieren soll. Nun denn.

 

Das normale Album knallt einem zwölf Songs vor den Latz und darunter befinden sich doch überraschend viele Treffer. „Ni**as In Paris“ legt ein Tempo vor, dass man den minimalistischen musikalischen Hintergrund erst nach und nach entdeckt. Das gilt auch für „Otis“, wobei genau jener Otis als Sample das Salz in der Suppe ist. Dagegen wirkt „Gotta Have It“ wie Standardsuppe. Nicht schlecht, aber eben auch nicht überragend. Macht ja nichts, denn Bretter gibt es genug hier. Vorher muss man aber noch den Totalausfall „New Day“ überstehen. Nervt. Dafür ist anschließend „That´s My Bitch“ total abgefahren. Das gilt auch für „Welcome To The Jungle“ - ein Kopfnicker vor dem Herrn. „Who Gon Stop Me“ kommt dann sogar als astreine Dubstep-Nummer um die Ecke gebogen. Anschließend wird es etwas poppig, mit dem schnulzigen „Made In America“ wurde aber noch mal tief in die Kloschüssel gegriffen. Vielleicht sollte das der Konsens-Hit werden. „Why I Love You“ überzeugt zum Schluss immerhin wieder.

 

Fazit: Die beiden alten Säcke zeigen mit Watch The Throne“, dass sie auch gemeinsam den HipHop-Thron besteigen können. Die Platte überzeugt und beeindruckt über weite Strecken. Jaz-Z und Kanye West sind von ihrem Ansatz her derart verschieden und doch harmonieren sie hier wunderbar miteinander. Sie schaffen es, ihre jeweiligen Stärken größtenteils sehr gut in den Vordergrund zu stellen. Die Platte ist zwar nicht durchgängig ein Wunderwerk, aber oft genug schaffen es die beiden einen in Erstaunen zu versetzen. Es sollen sich andere darüber streiten, ob dies nun das beste Genre-Album des Jahres ist - oder eben nicht. Eins ist sicher, vom Flow, den Beats und der Gesamtstimmung ist es sicher eines der Interessantesten! Das hässlichste Cover des Jahres haben sie dabei auch noch hinbekommen - Respekt!

 

http://www.urban.de/kanye-west

 

Text: Torsten Schlimbach

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