Snow Patrol: Fallen Empires
Universal
VÖ: 11.11.2011
Wertung: 9/12
Man war doch etwas in Sorge und die letzten Wochen vor der Veröffentlichung von „Fallen Empires“ konnte man schon den einen oder anderen Schweißausbruch bekommen. Geht Snow Patrol nun tatsächlich auch in die Richtung, die Coldplay schon mit dem furchtbaren „Mylo Xyloto“ eingeschlagen hat? „Called Out In The Dark“ verhieß jedenfalls nicht sonderlich viel Gutes und wenn man sich die 80ies Soße von Chris Martin und seinen Mannen so anhört, dann konnte einem Angst und Bange werden, denn Snow Patrol fischen ja nicht gerade in anderen Gewässern und außerdem sind die klebrigen Sounds der 80er ja gerade wieder total angesagt. Entwarnung, es kommt mit „Fallen Empires“ zum Glück alles ganz anders.
Trotzdem werden Fans vielleicht nicht direkt einen Zugang zu „Fallen Empires“ finden. Es dauert eine ganze Weile, bis man voll und ganz von der Platte überzeugt ist. Wäre es zu gewagt zu behaupten, dass dies gar die beste Scheibe von Gary Lightbody und seinen Mitstreitern ist? Nein, es gibt kein neues „Run“ und auch kein neues „Chasing Cars“! Neu ist hier trotzdem eine ganze Menge. „Fallen Empires“ ist definitiv ein mutiges Album. Die Band versucht gar nicht erst Erwartungen zu erfüllen. Elektrospielerein zählten bisher auch nicht unbedingt zu den begehrten Versatzstücken einer Snow Patrol Platte. Dezente New Wave Verweise reichern zudem das Klangbild an. Natürlich ist der Breitbandsound, der ganze Stadien mitreißen kann, immer noch da. „This Isn´t Everything You Are“ dürfte auch den Letzten vom Sitz reißen. Die Band suchte sich übrigens den Joshua Tree Nationalpark für die Aufnahmen aus. Da war doch mal was? Nun ja, Snow Patrol fungierten auf der letzten U2 Tour ja gerne mal als Anheizer und das dürfte doch so manche Spur hinterlassen haben. Damit konnte man rechnen.
Mit Garret „Jacknife“ Lee konnte man ebenfalls rechnen. Mit Michael Stipe vielleicht noch am Rande, aber mit Lissie? Troy Van Leeuwen von den Queens Of The Stone Age? Eher nicht! Und dann singt Lissie auch gleich noch bei vier Songs mit. Und allen Unkenrufen zum Trotz: sie macht das ganz hervorragend und das passt wunderbar als Gegenpart zu Gary Lightbody. Die beiden ergänzen sich einfach perfekt. Man könnte jetzt das berühmte Haar in der Suppe suchen und mokieren, dass die Scheibe zu überladen ist. Immerhin gibt es hier vierzehn Songs und es passiert an allen Ecken und Enden derart viel, dass man fast erschlagen wird. Setzt man sich die Kopfhörer auf, dann weiß man zunächst nicht, auf was man alles achten soll. „Fallen Empires“ ist eben ein Entdeckeralbum. Aber keine Sorge, man kann sich auch einfach treiben lassen, wie beispielsweise vom ganz düsteren Titeltrack „Fallen Empires“. Schicht wird auf Schicht getürmt, Lightbody singt so monoton wie noch nie und trotzdem reißt einen die Nummer mit. Das klingt wie eine Mischung aus den gemäßigten Depeche Mode und dem Torso der Nine Inch Nails.
Im Vorfeld konnte man ja viel über „Fallen Empires“ lesen. Arcade Fire und deren letzte Platte wären ein ganz großer Einfluss für das sechste Studioalbum gewesen. Auch „Achtung Baby“ von U2 wird genannt. Alles schön und gut, aber warum kommt keiner auf Depeche Mode? Schon beim Auftakt mit „I´ll Never Let Go“ ist ganz viel davon zu finden. Wer immer behauptet, dass Snow Patrol zu der Jammerfraktion gehört, der höre sich „Fallen Empires“ bitte noch mal genauer an. Zunächst ist hier vieles extrem tanzbar – und härter. „The Weight Of Love“ knallt schön rein, ist streckenweise extrem düster und selbst der Chor erweist sich als Glücksgriff, denn alles zusammen rockt! Natürlich kommt die Balldenfraktion auch wieder auf ihre Kosten. „The Garden Rules“ nervt nach hinten raus allerdings auch mit zu vielen Wiederholungen. Lissie rettet das noch über die Zielgerade.
Das verspielte „Berlin“ zeigt Snow Patrol dann von der bisher versteckten tanzbaren Seite. Ist das nun ein Song oder doch mehr eine Fingerübung und ein paar Glöckchen zu viel? Während man darüber noch sinnieren kann, kommt das wunderschöne „Lifening“ von hinten den Rücken hoch gekrochen. Hymnen schüttelt die Band immer noch mit Leichtigkeit aus dem Ärmel. „New York“ ist dabei genau so grell und bunt wie die Stadt die niemals schläft. Genau richtig also! „In The End“ oder „Those Distants Bells“ kommen da schon eine Spur unscheinbarer, dafür umso nachhaltiger. Man verzeiht da auch gerne mal einen Ausrutscher in die Disco. Oder soll „The Symphony“ der Versuch sein, den Sound von Kraftwerk in Snow Patrol Manier aufzuführen? Hoffentlich kommt keiner auf die Idee das Ding als Single zu veröffentlichen! Das würde dem Album leider nicht gerecht werden. Die Band hat es mittlerweile geschafft, dass sie einen ganz eigenen Sound haben. Schon die ersten Töne des hymnenhaften „The President“ lassen keine Frage mehr offen: dies ist eindeutig Snow Patrol!
Fazit: Snow Patrol versuchen gar nicht erst mit „Fallen Empires“ ein neues Erfolgsalbum aufzunehmen. Sie fahren auch nicht die Sicherheitsschiene, sondern zeigen sich bereit für neue Wege und Dinge. Genau dies erweist sich als der Weg raus aus der Sackgasse. Vergesst Coldplay mit deren überambitionierten Kunstkacke! Snow Patrol suchen nicht nach einer Formel, sie haben sie schlicht und ergreifend gefunden! Machen – und zwar wonach einem der Musikhut steht!
Text: Torsten Schlimbach
FALLEN EMPIRES - ALBUMPLAYER
LINK: http://artists.universal-music.de/uid/_player/snowpatrol/
VIDEO – ALBUMTRAILER (01:41)
LINK: http://go.universal-music.de/snow-patrol/light/video/264985/e
VIDEO - EPK (16:17)
Video – THIS ISN’T EVERYTHING YOU ARE (04:13)
LINK: http://www.universal-music.de/snow-patrol/videos/detail/video:263718/this-isnt-everything-you-are
Video – CALLED OUT IN THE DARK (04:17)
LINK: http://www.universal-music.de/snow-patrol/videos/detail/video:259693/called-out-in-the-dark
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