Max Herre: MTV Unplugged KAHEDI Radio Show (Limited Edition)
Universal
VÖ: 13.12.2013
Wertung: 10/12
Tipp!
Es gibt Dinge, die muss man den jüngeren Musikhörern sicher nicht erklären. Wer Max Herre ist, weiß spätestens seit dem Herbst ganz Deutschland. Dank der Casting-Show „The Voice Of Germany“ ist der gestandene Musikprofi Max Herre auch mit seinen vierzig Lenzen wieder für die Schulhöfe dieser Welt interessant und dort natürlich auch Thema. Max Herre veröffentlicht jetzt seinen Auftritt bei „MTV Unplugged“ und dies wiederum muss man der heutigen Generation dann durchaus erklären. Die Geschichte mit dem Stecker ziehen dürfte da schon für Fragezeichen sorgen und dass MTV tatsächlich mal ein Musiksender war, der unser aller Leben bereichern konnte, wird gänzlich für Irritationen sorgen. Max Herre leistet hier also auch noch Aufklärungsarbeit.
Die Beteiligung von Herre an diesen verschiedenen Show-Formaten wirft aber auch ein paar Fragen auf, zumindest vor dem Hintergrund, dass sich der begnadete Sänger, Produzent, Songschreiber und Musiker einst fast komplett aus der Öffentlichkeit zurückgezogen hatte und die ganzen Spielchen nicht mehr mitmachen wollte - aber auch mit dem Druck der Medien nicht mehr klarkam oder klarkommen wollte. Jetzt also mit voller Fahrt zurück und dann auch noch durch eine Casting-Show und MTV Unplugged? Wundern wird ja erlaubt sein. Auf der anderen Seite möchte natürlich auch Max Herre nur seine Musik unter die Menschen bringen und da wäre es natürlich fast schon sträflich, wenn er den momentanen Hype um seine Person nicht ausnutzen würde.
„MTV Unplugged KAHEDI Radio Show“ erscheint in vielen verschiedenen Konfigurationen und falls es Sammler gibt, die wirklich alles brauchen, können selbige nun hierfür einen eigenen Schrein bauen. Von der limitierten CD Doppel-Ausgabe bis hin zur Vollbedienung, bestehend aus 2 CDs, 2 DVDs, 1 Blu-ray und einem Fotobuch, ist alles dabei. Es war aber auch eine lange Veranstaltung im Funkhaus Berlin Nalepastraße am Köpenicker Spreeufer. Und Max Herre hat alles dafür getan, dass es eine denkwürdige Veranstaltung wurde. Eigens für diesen Abend wurde ein 26-köpfiges Orchester zusammengestellt. Die musikalische Leitung gab er in die Hände von Lillo Scrimali. Host Fab 5 Freddy, älteren Semestern noch als erster Moderator der Hip-Hop Sendung „Yo! MTV Raps“ und Produzent Samon Kawamura sorgten im Regieraum dafür, dass dies alles zusammenpasst, denn Max Herre hat sich für dieses besondere Konzert auch noch jede Menge Freunde und Weggefährten eingeladen: Joy Denalane , Sophie Hunger, Samy Deluxe, Afrob, Sékou, Gentleman, Patrice, Philipp Poisel und als große Überraschung US-Ausnahmesänger Gregory Porter, der sich gerade auch in unseren Breitengraden einen Namen macht. Da kann man ja fast von einem Klassentreffen sprechen, aber gleichzeitig ist es auch das Aufeinandertreffen unterschiedlicher Musiker und Generationen.
Es ist schon erstaunlich was hier mal wieder passiert. Eigentlich ist das Format ja derart ausgelutscht, dass man keine weiteren und neuen Aufzeichnungen mehr braucht. Eigentlich! Auch, wenn Die Fantastischen Vier dieses Feld auch schon beackert haben, schafft es Max Herre mit seinen wunderbaren Mitstreitern der ganzen Geschichte noch mal eine neue Richtung zu geben. Auch musikalisch! Dies ist mitunter auch kein Wunder, hat er in seinem musikalischen Werdegang doch immer wieder den Blick über den berühmten Tellerrand gewagt und sich nie komplett auf die Rap-Schiene festgelegt. Ganz tief in seinem Herzen ist Max Herre sowieso ein Singer/Songwriter der klassischen Schule, der sich eben vieler Elemente und Stile bedient. Klar, Rap und Hip-Hop gehören dazu, aber auch ganz viel Soul, Reggae, Pop oder R&B und hin und wieder schleichen sich auch ein paar Anleihen des Rock ein. Crossover der besonderen Art. „MTV Unplugged KAHEDI Radio Show“ ist somit ein Hochgenuss, denn alle beteiligten Künstler haben sich richtig reingehangen und die Songs im akustischen Gewand mit einer besonderen Note versehen.
Die Songs, die einen kompletten Bogen um seine Karriere spannen, werden teilweise komplett neu interpretiert und arrangiert. Dies wirkt für so manches Stück, gerade aus seiner musikalischen Anfangszeit, wie eine Frischzellenkur, denn nicht alles aus seinem Backkatalog erweist sich als zeitlos. Jetzt kommt aber auch dies im Erwachsenenalter an und wirkt in dieser neuen Umsetzung ausgereift. Hier und da wurde aber auch noch mal an den Texten gefeilt, aber das kennt man ja auch von den FK-All Stars. Insgesamt wurde sehr viel Liebe zum Detail in dieses Unplugged-Projekt gesteckt. Dies gilt auch für die Radioansagen zwischen den einzelnen Stücken.
Das Album lebt aber auch sehr stark von den Gastbeiträgen und nicht selten hat man das Gefühl, dass da so mancher Kollege Max Herre ziemlich alt aussehen lässt. „Aufruhr“ mit Patrice ist sicher auf Augenhöhe. „Jeder Tag Zuviel“ - übrigens unglaublich auf den Punkt und mit einem tollen Groove – lebt von den schnell vorgetragenen Strophen von Herre und der besonderen Klangfarbe welche die Stimme von Patrice nun mal hat. „Esperanto“ und „1ste Liebe“ werden von Joy Denalane getragen. Gerade „Esperanto“ unterstreicht aber auch, dass Max Herre durchaus zeitlose Songs zwischen Soul und Jazz im Backkatalog hat. „A-N-N-A (Immer Wenn Es Regnet)“ kriegt in diesem Gewand noch mehr Dringlichkeit verliehen und drückt ordentlich auf die Tränendrüsen. „Rap Ist“ mit Megaloh und Afrob ist mit minimalistischem Aufwand ein Kopfnicker vor dem Herrn. Großes Ding! Mit „1992“, „Eimsbush bis 0711“ und „Einstürzen Neubauen“ ist ein extrem starkes 3er Paket, bei dem Samy Deluxe zeigen kann wo der Hammer hängt. „Wolke 7“ mit Philipp Poisel wird die Damenwelt mal wieder in Entzückung versetzen – Jungs hören so etwas ja eher heimlich. Insgesamt sind das tolle Duette und Gastbeiträge, aber einer ragt dabei doch etwas heraus. Was Gregory Porter bei „Vida“ oder „So Wundervoll“ für eine Leichtigkeit an den Tag legt und dabei noch alles an die Wand singt, ist schon beachtlich. Der Mann ist definitiv eine der Neuentdeckungen des Jahres!
Fazit: Max Herre ist mit seinen Freunden, Weggefährten und Musikern das Kunststück gelungen, dem ausgelutschten MTV Unplugged Format noch mal eine ganz neue und feine Note zu geben. Dieses karriereumspannende Spektakel wurde mit sehr viel Liebe zum Detail umgesetzt und arrangiert. Geblieben ist da oftmals nur das Grundgerüst, der Anstrich hingegen ist völlig neu. Dies macht die ganze Geschichte so spannend, abwechslungsreich und da man hier auch die nötige Sorgfalt hat walten lassen, auch derart gut. Dies ist der beste Max Herre, den es je gab – auch aufgrund der beteiligten Gäste und Musiker!
http://www.maxherre.de/landingpages/hallo-welt-unplugged/
Text: Torsten Schlimbach
Max Herre: Hallo Welt
Universal
VÖ: 24.08.2012
Wertung: 9/12
Max Herre meldet sich mit „Hallo Welt“ zurück. Kann es dafür einen besseren Albumtitel geben? „Ein geschenkter Tag“ hat mittlerweile ja auch mehr als drei Jahre auf dem Buckel. Abgesehen davon waren seine bisherigen Solosachen nicht mehr sonderlich stark im Hip Hop verwurzelt. Eigentlich kommt Max Herre ja sogar aus der Generation, die dieses Genre gemeinhin als Rap bezeichnete. Er kehrt mit „Hallo Welt“ also wieder zu seinen Wurzeln zurück. Macht es Sinn in der Vergangenheit zu wühlen? Im Fall von Max Herre ja!
„Hallo Welt“ ist nämlich im Grunde ein zeitloses Genrealbum. Mit vielen kleinen und netten Gimmicks lässt dieses Album unheimlich viel Liebe zum Detail erkennen. Und selbstverständlich schwingt da auch immer eine große Portion Soul mit. Samy Deluxe, Marteria, Megaloh, Tua, Cro, Aloe Blacc, Patrice, Fetsum, Antonino und Sophie Hunger stehen auf der Gästeliste. Hier verderben aber nicht die vielen Köche den Brei, sondern geben diesem die richtige Würze. Die Single „Wolke 7“ mit Philipp Poisel ist übrigens einer der schwächeren Songs. Die latente Jammerei von Herrn Poisel passt nicht so ganz zu Max Herre. Auf der anderen Seite zeigt dies natürlich auch, dass Max Herre ein ungemein facettenreiches Werk aufgenommen hat. Möglich ist alles und es ist auch für alles Platz da!
Höhepunkte gibt es auf diesem oftmals entspannten Album viele. „Aufruhr (Freedom Time“ mit Patrice und Fetsum zählt ganz sicher dazu. Der Arschtritt von „Einstürzen Neubauen“ mit Samy Deluxe ist sowieso ganz weit vorne dabei. Das Ding knallt ordentlich rein. Unbedingt auch auf den Text achten. Max Herre war und ist es ja sowieso immer ein Anliegen gesellschaftspolitische Themen anzusprechen. Hier geht er aber noch ein Stück weiter und legt nicht nur den Finger in die Wunde, sondern nennt die Dinge bei Namen - „mach einfach kaputt, was dich kaputt macht“. Man weiß nicht, wie er Aloe Blacc als Feature hier unterbringen konnte, aber „Vida“ mit besagtem Blacc ist ein Gedicht! Wunderschön!
Das berührende „Berlin – Tel Aviv“ mit Sophie Hunger ist ein weiterer Höhepunkt, gerade auch vor dem Hintergrund, dass das klassische Pianospiel und der Gesang von Frau Hunger weit weg vom Hip Hop sind. Hier werden musikalische Welten vereint. Der Text dazu geht unter die Haut. Zum Schluss gibt es mit „Rap Ist“ mit Megaloh eine deutliche Ansage? Wer denkt, dass das Genre tot ist, der kriegt hier einen ordentlich Schlag in die Fresse verpasst. So funktioniert deutschsprachiger Rap auch im Jahre 2012 immer noch! Und wie!
Fazit: „Hallo Welt“. „Hallo Max“, möchte man sagen, „schön, dass Du wieder da bist. Schön, dass Du wieder Hip Hop und Rap machst. Schön, dass Du so viele Gäste auf dem Album hast.“ „Hallo Welt“ ist eines der besten Genrealben der letzten Jahre. Die ganze Platte ist ungemein stimmig und Musik und Texte bilden eine kongeniale Einheit. Schön, dass Max Herre zurück ist!
http://www.maxherre.de/landingpages/wolke7/
Text: Torsten Schlimbach