Genesis: Sum Of The Parts

Genesis: Sum Of The Parts

Eagle/Edel

VÖ: 17.11.2014

 

Wertung: 10/12

Tipp!

 

Vor ein paar Wochen wurde erst die seltsame Best Of- Zusammenstellung „R-Kive“ von Genesis veröffentlicht, da folgt nun die entsprechende bildliche Umsetzung der Lebensgeschichte dieser Band. Die 3-CDs entstanden zwar auch unter Mithilfe der Bandmitglieder, waren aber – so ehrlich muss man da schon sein – natürlich nur Stückwerk. Jetzt stellt sich die Frage, ob 124 Minuten ausreichen um die Geschichte von Genesis adäquat wiederzugeben? Es mögen sicher viele Dinge fehlen und selbstverständlich wird das alles in komprimierter Form dargestellt, aber um die Frage zu beantworten: ja, die 124 Minuten reichen aus, denn man bekommt mit „Sum Of The Parts“ als Zuschauer einen eindrucksvollen Blick hinter die Kulissen geliefert.

 

„Sum Of The Parts“ liefert keine Einblicke in die Produktionsprozesse. „Sum Of The Parts“ brilliert dafür mit anderen Dingen. Psychologen dürften an dieser Veröffentlichung ihre helle Freude haben, denn die zwischenmenschlichen Probleme, Neid und Missgunst sind doch sehr aufschlussreich. Da gibt es offensichtlich Wunden, die nie verheilt sind - besonders bei Tony Banks. Man hat es zwar geschafft Gabriel, Collins, Hackett, Rutherford und Banks gemeinsam in einen Raum zu bringen und sich den Fragen des Interviewers zu stellen, aber man sieht und hört, dass es unterschwellig immer noch brodelt und besonders Banks seine Probleme mit den Solokarrieren von Gabriel und Collins hat. Immer noch hat! Er gibt dies unumwunden zu. Dies ist die große Stärke dieser Blu-ray, denn anscheinend hat man es sich zur Aufgabe gemacht, die Geschichte von Genesis so darzustellen, wie sie war. Da sind doch einige sehr kritische Töne zu hören und es wird da eine Menge Zeugs der Vergangenheit aufgearbeitet. Da kommen einem ja glatt Metallica und „Some Kind Of Monsters“ in den Sinn.

 

Die Geschichte von „Sum Of Parts“ ist chronologisch aufgebaut und wird mit entsprechenden Archivbildern unterstützt. Tony Banks, Peter Gabriel und Mike Rutherford waren in den späten Sechzigern Schüler in Charterhouse und dort wurde die Gruppe dann auch gegründet. Gründungsmitglied Anthony Phillips wird dabei auch gewürdigt und hier gibt es auch einige aktuelle O-Töne von ihm. Banks stellt auch noch mal die Bedeutung von Phillips und sein Können heraus. Nach der Trennung werden Collins und Hackett verpflichtet. Besonders das überragende Schlagzeugspiel von Collins wird herausgearbeitet.

 

Dann kommt selbstverständlich die Phase der Bühnenkostümierungen von Gabriel zur Sprache („bis die anderen ihre zwölf Saiten zwischen den Songs gestimmt hatten, musste ich mir etwas einfallen lassen.“) Ohne zu fragen gab Gabriel Genesis so ein neues Livegesicht, wodurch sich der Fokus immer mehr auf Gabriel verlagerte und sich die anderen nicht mehr als Band wahrgenommen fühlten. Banks hat daran auch heute noch zu knabbern. Mit einigen bewegten Bildern wird diese Gabriel-Phase sehr schön untermalt. Dann kommen die Ausstiege von Gabriel und Hackett und die Band widmet sich nun kürzeren und poporientierten Songs. Die Solokarrieren aller Beteiligten werden dabei auch unter die Lupe genommen. Auch hier hat Banks an den erfolgreichen Collins-Soloausflügen zu knabbern („Phil war 15 Jahre an allen Orten immer gleichzeitig – ein Horror“). Letztlich gab es dann 2007 die erfolgreiche Reuinon-Tour. Wie es weitergeht? Wenn man Phil Collins im Bonusmaterial genau zuhört (hier gibt es 30 Minuten an zusätzlichen Interviews), dann war es das. Collins will sich mehr seiner Familie widmen und hat keine große Lust auf Tour zu gehen – dies betrifft auch seine Solokarriere.

 

Bild und Ton sind bei dieser Veröffentlichung von eher untergeordneter Bedeutung. Das alte Material wurde etwas restauriert, aber es liegt natürlich in der Natur der Sache, dass dies weit entfernt von perfekt ist. Die aktuellen Interviews sind natürlich bildlich auf der Höhe der Zeit, aber hier geht es ja mehr um die inhaltliche Komponente. Das Bonusmaterial hat dann noch weitere Interviewpassagen zu bieten, die zudem sehr aufschlussreich sind.

 

Fazit: „Sum Of The Parts“ ist eine sehr aufschlussreiche Dokumentation der Genesis-Geschichte. Hier werden sehr viele Dinge – auch unschöne – aufgearbeitet. Für Fans ist das natürlich ein absoluter Pflichtkauf, aber selbst wer nichts mit der Musik von Genesis anfangen kann, wird an dieser Veröffentlichung seine Freude haben, da man dem Zuschauer hier wirklich mal einen Blick hinter die Kulissen und das Bandgefüge gewährt. Meistens loben sich die Protagonisten in solchen Geschichten ja über den grünen Klee und dies bei „Sum Of The Parts“ ausdrücklich nicht der Fall!

 

http://www.genesis-music.com/

 

Text: Torsten Schlimbach

 

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Genesis: Three Sides Live (Blu-ray)

Genesis: Three Sides Live (Blu-ray)

Eagle/Edel

VÖ: 31.10.2014

 

Wertung: 7/12

 

„Three Sides Live“ von Genesis ist im Grunde ein alter Hut. Die Aufnahmen gab es in der Vergangenheit sowohl auf einer Live-LP wie auch auf VHS zu bewundern. Gefilmt wurde dies während der „Abacab“-Tour im November 1981 in Nordamerika auf 16mm! Jetzt ist man erstmals hingegangen und hat das Material restauriert und für eine Blu-ray und DVD aufbereitet. Die Show selbst legt den Fokus auf die Alben „Duke” und „Abacab“. Genesis war zu dieser Zeit noch nicht die große Popsensation, die sie in der Mitte der 80er werden sollte. Dies muss man hier unbedingt berücksichtigen, denn die progressiven Elemente könnten so manchen Pophörer verstören.

 

Banks, Collins und Rutherford zeigen hier, dass sie eine wirklich fantastische Live-Band waren. Dazu gehören auch Chester Thompson an den Drums und Daryl Stuermer, der sowohl Bass wie eben auch Gitarre spielt. Man sollte auch nicht den Fehler machen und „Three Sides Live“ als reine Konzertaufnahme betrachten. Dies kann mitunter zu einer großen Enttäuschung führen. Hierbei handelt es sich schließlich um eine Art Dokumentation und Tourfilm. In der Realität gestaltet sich dies so, dass während der einzelnen Liveaufnahmen die Songs immer wieder mit Impressionen aus dem Backstagebereich oder des Tourlebens unterbrochen werden. Da sieht man dann eben auch mal, wie das ganze Equipment der Band verladen wird, es gibt einige Interviewpassagen oder wie die Techniker an den einzelnen Instrumenten arbeiten. Da wird dann beispielsweise gezeigt, wie der Drumtechniker an den Cymbals feilt(!) oder das analoge Keyboard von Banks eingestellt wird. Für Fans ist das mitunter eine schöne Sache, da die Band hier einen Blick hinter die Kulissen gewährt. Trotzdem ist es etwas schade, dass man dies 81 so gehandhabt hat. Beim ersten Mal mag das noch interessant sein, aber man hat eben nicht die Möglichkeit das einzeln anzusteuern und beispielsweise nur die Songs zu gucken. Heute würde derartiges Material in der Bonussektion verwertet werden. Die Gegebenheiten waren damals aber eben andere und auf VHS war dies nicht möglich.

 

Das Bild kann natürlich nur im 4:3 Format vorliegen und füllt selbstverständlich nur einen kleinen Teil der heutigen Bildschirme aus. Man sieht aber sehr deutlich, dass da ordentlich nachgebessert wurde. Das Ergebnis ist schon einigermaßen erstaunlich und teilweise mit einer Detailschärfe versehen, die einen richtig positiven Eindruck hinterlässt. Man kann seine alten VHS-Bänder dieser Aufnahme getrost in die Tonne kloppen. Der Ton ist ebenfalls ganz ordentlich, wobei der Stereo-Sound den besten Eindruck hinterlässt, beim Rest hört man schon deutlich, dass das hochgepitcht wurde.

 

Die Band zeigt sich hier in großer Spiellaune und agiert traumwandlerisch sicher. Die gemeinsame Interkation kommt dabei auch nicht zu kurz. Anders wäre vermutlich der Wahnsinnsritt von „Who Dunnit?“ nicht möglich gewesen. Auch das Medley von „In The Cage, The Cinema Show, Slippermen“ ist sehens- und hörenswert. Sensationell. „Turn It On Again“ ist dabei schon ein Fingerzeig für die Zukunft. Selbiges gilt natürlich auch für „Follow You Follow Me“, ein Song - der wie sechs andere auch - als reiner Audiotrack vorliegt. Dies ist sicher eine nette Geschichte und so kann man die Genesis jener Tage auch ohne nervende Unterbrechungen genießen!

 

Fazit: „Three Sides Live“ von Genesis wurde in den 80ern bereits auf VHS veröffentlicht. Jetzt hat man diesen Tourfilm behutsam restauriert und für eine DVD und Blu-ray Veröffentlichung aufbereitet. Das Bild macht einen sehr ordentlichen Eindruck und auch der Ton kann sich hören lassen. Die Band erfreute sich auf der 81 Nordamerikatour allergrößter Spiellaune und das noch recht progressive Songmaterial zeigte Genesis in großer Form. Die Interviewpassagen, Backstageaufnahmen oder Bilder der Instrumentenabstimmung sind eigentlich auch ganz nett, wenn diese nicht immer wieder die Songs unterbrechen würden. Dies stellt sich mittlerweile doch als großes Manko heraus, da man keine Chance hat die Songs am Stück zu genießen!

 

http://www.genesis-music.com/

 

Text: Torsten Schlimbach

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