Stray Cats: Rocked This Town – From LA To London
Surfdog
VÖ: 11.09.2020
Wertung: 9/12
Die Stray Cats feierten letztes Jahr ihr 40-jähriges Bandjubiläum mit schweißtreibenden und umjubelten Shows. Brian Setzer, Lee Rocker und Slim Jim Phantom trafen sich im Jahr 2019 um mit „40“ das erste Album seit 26 Jahren aufzunehmen. Man wird ja auch schließlich nur einmal 40! Das Werk war sogar recht erfolgreich. Die Tour führte die Band im Juni und Juli zunächst nach Europa und im August ging es dann wieder zurück über den großen Teich um die USA zu bespielen. Es ist nur folgerichtig, dass die Live-Energie festgehalten wurde. Mit „Rocked This Town – Flom LA To London“ gibt es jetzt ordentlich was auf die Ohren!
Die Aufmachung des Digipacks kann man – mit sehr viel Wohlwollen – als zweckmäßig bezeichnen. Es gibt kein Booklet, keine Liner Notes und auch keine Fülle an Fotos. Das ist unter dem Strich einfach zu wenig und diesem Jubiläum nicht angemessen. Fairerweise sollte man natürlich im Hinterkopf haben, dass bei dieser Veröffentlichung keines der verbliebenen drei großen Labels im Boot ist, von daher ist das Produktionsbudget entsprechend schmal.
Der Klang der Songs ist dagegen über jeden Zweifel erhaben. Die Energie der Musik ist vollkommen hör- und spürbar. Auch das Livefeeling kommt nicht zu kurz, denn man hat die Zuschauer vor Ort nicht komplett in den Hintergrund gemischt. Das macht schon Laune und der Vibe dieser Live-Versionen ist in Corona-Zeiten ein Segen und dürfte dem ein oder anderen Hörer das Gemüt aufhellen. Wer bei dem schmissigen „Cry Baby“ keine gute Laune bekommt, dem ist nicht mehr zu helfen. Auch die Balladen sitzen. „I Won´t Stand In Your Way“ lässt die gute, alte Zeit ein bisschen wiederaufleben.
Wo ein gewisser Bela B. seine Inspiration für seine Live-Darbietungen her hat, kann man sich eindrucksvoll auf „Double Talkin´ Baby“ anhören. Und wer denkt, dass „Stray Cat Strut“ totgenudelt wäre und die Herren keinen Bock mehr auf die Nummer hätten, der möge sich bitte die Darbietung hier genau anhören. Das hat Verve und die Spielfreude ist grandios. Überhaupt ist das Trio wie ein gut geölter Motor und haut die Dinger hier nur so lässig aus dem Ärmel. Egal ob „Gene & Eddie“, „When Nothing´s Going Right“, „Blast Off“ oder den Klassiker „Rock This Town“, die Rockabilly- und Rock-Wahnsinnsfahrt geht ab wie ein D-Zug. Das finale „Rumble In Brighton“ ist zum Schluss noch mal ein Höhepunkt der feinen Musikkunst!
Fazit: „Rocked This Town – From LA To London“ der Stray Cats ist ein tolles Live-Zeugnis der letztjährigen Jubiläumstour. Das Trio haut die Songs brillant raus und unterstreicht, dass Rockabilly und Rock noch lange nicht am Ende sind. Die Spiellaune ist herausragend! Macht Laune und da kommt eine Menge beim Hörer an!
Text: Torsten Schlimbach
Stray Cats: Original Album Classics (3 CDs)
Sony
VÖ: 28.03.2014
Wertung: 8/12
Die Original Album Classics Serie von Sony geht in die nächste Runde. Hier kann man mal wieder für kleines Geld gleich eine ganze Reihe von erstklassigen Alben erwerben. Die Aufmachung ist wie immer sehr spartanisch gehalten. In einem kleinen Karton finden sich die einzelnen CDs wieder, die jeweils in einem Pappschuber vorliegen. Mehr als die Trackliste der einzelnen Tonträger gibt es dann auch nicht weiter als Information. Bei diesem Preis kann man aber auch nicht mehr erwarten. Dafür bekommt man aber eine ganze Menge Musik geliefert, manche Alben wurden sogar um einige Bonustracks angereichert. Die ersten drei Platten der Stray Cats – sofern man die für den US Markt zusammengestellte CD „Built For Speed“, die die Songs der ersten beiden Alben enthält mal außen vor lässt - kommen so nun auch noch mal zu neuen Ehren.
Die Stray Cats waren zu Beginn der 80er in Europa ein ganz heißes Ding. In ihrer amerikanischen Heimat interessiert sich kaum einer für die Kapelle, darum siedelten die drei Herren auch nach Großbritannien über. Das Debüt wurde von keinem Geringeren als Dave Edmunds aufgenommen und produziert. Das Album hat mit Songs wie „Runaway Boys“, „Storm The Embassy“, „Rock This Town“ oder „Stray Cat Strut“ nichts an seiner Faszination verloren. Die Songs sind zwischen Rockabilly, Rock and Roll der alten Schule und Punk und New Wave („Storm The Embassy“) immer noch eine fettes Pfund. Leider hat man damals die Platte einfach nur auf CD überspielt. Der Sound ist also etwas dürftig. Die Album Classics Serie hat sich da leider auch nicht zur Aufgabe gemacht, da noch mal was zu ändern und zu restaurieren. Der an die gute alte Sun Studio Zeit angelehnte Rock macht schon Laune – auch heute noch. Die Stray Cats zählten mit diesem Debüt sicher zu den wichtigsten Genrevertretern.
Mit „Gonna Ball“ legten Brian Setzer, Slim Jim Phantom und Lee Rocker noch im selben Jahr nach. Diesmal wurde die Sause allerdings nicht mit Dave Edmunds aufgenommen, sondern mit Hein Hoven in der Karibik. Der Sound und der Stil sind geblieben und mit dem schmissigen „Little Miss Prissy“, aus der Feder von Setzer, findet sich hier auch ein richtiger Knaller wieder. Spielfreude wird hier groß geschrieben. So ganz erschließt es sich nicht, warum die Platte seinerzeit nicht ganz so positiv wegkam und auch einige Kritik einstecken musste. Dieses Album ist sicher besser wie sein Ruf! „Wasn´t That Good“ ist dabei längst zu einem kleinen Klassiker geworden. Der Sound ist zwar etwas dünn auf der Brust, aber die Klasse des Songwritings ist deutlich zu hören und auch die musikalische Umsetzung kommt wunderbar zur Geltung. Für „Cryin´ Shame“ hätten die Stones dieser Zeit Haus, Hof und die Oma verkauft. Die Mundharmonika ist das Salz in der Rocksuppe, die wiederum vorzüglich mundet. Ein Stampfer wie „You Don´t Believe Me“ macht einfach Laune und mit dem Titeltrack „Gonna Ball“ zeigen die Herrschaften wie Rockabilly auch im Jahre 1981 noch heiß sein konnte. Alles in allem eine gute Platte, die in den Musikgeschichtsbüchern leider viel zu schlecht wegkommt!
„Rant´N´Rave“ war schließlich das dritte Album der Stray Cats und komplettiert jetzt dieses Set. „Rebels Rule“ lässt sicher jedes Rockabilly-Herz etwas höher schlagen, wirkt gegen frühere Songs der Band aber auch etwas zahnlos. „Too Hip, Gotta To“ ist netter Standard, während „Look At That Cadillac“ musikalisch schon die Richtung vorgibt, die Setzer mit seinem Orchestra so erfolgreich fortführen sollte. Die gute Laune kriegt man hier quasi umsonst dazu. Und wer kann bitte zu „Something Wrong With My Radio“ noch still sitzen? Eben! Und selbst der gute alte Schieber – heute würde man Ballade dazu sagen – kommt mit „I Won´t Stand In Your Way“ nicht zu kurz. Mit „How Long You Wanna Live, Anyway?“ gibt es zum Schluss noch mal ein richtiges Rockabilly-Brett. Fein. Fein. Fein.
Fazit: Die „Orignal Album Classics“ Serie hat mit den Stray Cats nun das volle Rockabilly und Rock and Roll-Brett am Start. Die ersten drei Platten der Herren wurden zwar nicht überarbeitet – der Sound ist daher etwas dürftig – aber dafür glänzen die Songs mit unbändiger Spielfreude und jeder Menge Herz. Wer nur ansatzweise etwas für dieses Genre übrig hat, kommt an dieser Kapelle sowieso nicht vorbei! Rockmusik, die den Namen auch verdient und zu den Ursprüngen zurückkehrt - nicht mehr, aber eben auch nicht weniger!
Text: Torsten Schlimbach