Teho Teardo & Blixa Bargeld: Christian & Mauro

Teho Teardo & Blixa Bargeld: Christian & Mauro

Specula/375 Media

VÖ: 25.10.2024

 

Wertung: 10/12

Tipp!

 

Blixa Bargeld muss man eigentlich ja nicht mehr vorstellen. Der Mann ist einer der größten Künstler des Landes. Kunst, die als schwere Kost gilt und fordernd ist. Der Mann ist zudem mit einer Stimme gesegnet, die absolut fesselnd ist. Teha Teardo ist Komponist und Musiker und hat zusammen mit Bargeld bisher zwei Alben veröffentlicht. Nun folgt mit „Christian & Mauro“ der dritte Streich. Dieses neuerliche Werk wurde also nach den bürgerlichen Vornamen der beiden benannt. Bürgerlich und spießig sind diese Kompositionen selbstredend nicht!

 

Es gibt weltweit keinen anderen Menschen der den Namen Carlo (aus „Dear Carlo“) derart schneidend, fordernd und nachhallend sprechsingt wie Bargeld. Seine Betonung und harte Artikulation ist ein herausragendes Alleinstellungsmerkmal. Dazu wird ein kongenialer Klangteppich ausgebreitet, der eher beim Klassikumfeld zu finden ist. Das gilt sowieso für das gesamte Album. Das Instrumentarium hat u.a. mit Cello, Viola, Bassklarinette, Violine oder Marimba ja auch das entsprechende Handwerkszeug dazu aufgefahren.

 

Es sind schwermütig Songs, die einen als Zuhörer ab „Starkregen“ in diese 38 Minuten hineinziehen. Wenn Bargeld über das Sein und Nichtsein rezitiert, sprechsingt und flüstert, lässt einen das mit dieser intensiven Kammermusik nicht kalt. „I Shall Sleep Again – One Day“ heißt es da. Ja, werden wir alle irgendwann. Gibt es bis dahin Hoffnung? Ja, so lange es Kunst wie „Bisogna Morire“ gibt. „Close Up“ ist sensationell in seiner minimalistischen Darbietung. So schön, so morbide. „Durch Mich“ berührt auf eine intime Art und Weise, während „Menschenentsafter“ durch die dramatische Musik eine ganz besondere Atmosphäre schafft. „Libelle & Gigant“ klingt nach den Bühnen der Schauspielhäuser, bevor „Rimangono“ Schönheit und Düsternis miteinander ins Bett steigen lässt und so einen ganz tollen Abschluss für das Album bildet.

 

Fazit Das Sein und der Sinn, darum geht es in diesem Album - wie nicht anders zu erwarten bei Blixa Bargeld. Teho Teardo versteht es dazu sensationelle Kompositionen zu kreieren. Diese fesselnde Musik lässt einen nicht mehr los. Ein intimes Werk mit einer besonderen Atmosphäre. Grandios!

 

https://blixa-bargeld.com/

 

Text: Torsten Schlimbach

Teho Teardo & Blixa Bargeld: Nerissimo

Teho Teardo & Blixa Bargeld: Nerissimo

Specula Records/Audioglobe/Rough Trade

VÖ: 22.04.2016

 

Wertung: 10/12

Tipp!

 

Blixa Bargeld hat noch nie Musik veröffentlicht, die einfach zu konsumieren ist. Erfreulicherweise hat er sich dieser Kunstform immer in seiner Gesamtheit gewidmet. Wer sich darauf einlassen konnte und wollte, hat dabei aber ungemein viel Schönheit entdeckt und erfahren. In dem italienischen Komponisten Teho Teardo hat er einen weiteren kongenialen Partner gefunden. „Still Smiling“ war schlichtweg genial. Nun gibt es mit „Nerissimo“ den Nachschlag. Auch das neuerliche Album ist ein Füllhorn der mikroskopisch kleinen Dramen. Willkommen in der musikalischen Welt von Teho Teardo & Blixa Bargeld! Vorhang auf!

 

Natürlich lässt sich „Nerissimo“ in keine der herkömmlichen Schubladen der Musikgeschichte pressen. Kammermusik? Freilich! Popmusik? Bedingt! Filmmusik? Unbedingt! Sperrig, spröde und schön ist dieses „Nerissimo“. Es ist dem Zuhörer überlassen sein eigenes Kopfkino anzuwerfen und in diese Welt ab- und einzutauchen. Aufgenommen wurde dieses Manifest in Rom und Berlin. Hier werden zwei Welten miteinander verbunden und verwoben. Dieses Werk ist eine Reise durch Klänge und Strukturen. Tehos Baritongitarre, Blixas Glocken und klassische Streicherarrangements bestimmen selbstverständlich wieder das Klangbild. Neu ist die Bassklarinette, welche Klänge und Töne ganz neu verortet.

 

„Nerissimo“ ist der italienische Superlativ für schwarz. In diesem Falle ist aber ein Schwarz gemeint, welches sich aus vielen Farben zusammensetzt. Und genau so ist auch dieses Album. Es ist natürlich kein Sammelsurium der fröhlichen Melodien, aber doch voller Schönheit. Zum Artwork des Albums wurden sie vom Gemälde „Die Gesandten“ inspiriert, das Hans Holbein der Jüngere 1533 schuf. Auch das ordnet sich also unbedingtem Kunstverständnis unter. Das muss nicht immer verständlich sein. „Ulgae“ ist bedrückend, verstörend und gleichzeitig fesselnd. Bargeld spricht einen teilweise unverständlichen Text und im Hintergrund findet sich eine Sammlung verschiedener Klänge, die zunächst kaum Sinn ergeben, dann aber eine Sogwirkung entfalten, die beeindruckend ist.

 

Anderes ist klar und deutlich angeordnet und arrangiert. „Ich Bin Dabei“ beispielsweise. Hier zeigt sich auch, dass die beiden Herren kongenial miteinander harmonieren. Und natürlich verdeutlicht das auch noch mal, warum Blixa Bargeld weltweit als großer deutscher Poet der Gegenwart verehrt wird. Musikalisch ist das übrigens durchaus sehr zugänglich. Auch der Titeltrack – der in der englischen und italienischen Version vorliegt – wird eher aufgrund seiner morbiden Atmosphäre verstören. Die markante Stimme von Bargeld breitet sich schauerlich aus. Teho Teardo hat dazu eine Musik kreiert, die eher einem dunklen Gemälde gleicht. Abgründe tun sich da auf. Es sind wunderschöne Abgründe. Mit „Animelle“ schufen die beiden für dieses Album den vielleicht besten Track ihrer bisherigen Zusammenarbeit. Surrealer Minimalismus, der alles kann. Und wenn Bargeld zu dieser dringlichen Musik flüstert, dann breitet sich ein wohliger Schauer aus. Die sanften Melodien werden immer wieder durch hämmernde oder schräge Klänge unterbrochen. Sensationelles Stück.

 

Fazit: „Nerissimo“ ist ein kleines Meisterwerk. Man hört, dass Teho Teardo schon so manche Filmmusik aufgenommen hat. Das passt aber ja perfekt zu der markanten, aber auch lieblichen Stimme von Blixa Bargeld. Hier werden Stimmungen aufgebaut, die nie egal sind. Es ist schlicht und einfach ergreifend! Auf seine Art ist dieses Werk sogar romantisch. Ein weiteres Album voller Schönheit! Ein Hochgenuss!

 

www.tehoteardo.com

www.blixa-bargeld.com

 

Text: Torsten Schlimbach

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