Annie Lennox: Medusa (Vinyl)
Sony
VÖ: 02.03.2018
Wertung: 9/12
Nach der „Diva“ legte Annie Lennox mit dem schlangenhaarigen Ungeheuer „Medusa“ aus der griechischen Mythologie nach. Das Album wurde ursprünglich 1995 veröffentlicht. Jetzt legt man selbiges noch mal auf Vinyl auf. Das macht durchaus Sinn, denn auch bei diesem Werk handelt es sich um ein außergewöhnliches Projekt, welches es verdient hat, im allgemeinen Vinyl-Boom noch mal neu unter die Leute gebracht zu werden. Es handelt sich hierbei ja um ein Coveralbum. Die Songs wählte allesamt Annie Lennox aus. Als Produzent war abermals Steve Lipson dabei. Diese Konstellation hatte sich ja schon beim Vorgänger bewährt.
Das Covermotiv wirkt erst richtig in dieser Größe. Man kann darin versinken. Die CD-Variante kann da nicht mal im Ansatz mithalten. Die Platte selber steckt in der obligatorischen Innenhülle, auf der leider die Songtexte ausgespart wurden. Man muss hier mit den obligatorischen Informationen zum Produktionsprozess vorlieb nehmen. Leider glänzt auch ein Download-Code durch Abwesenheit. Die Platte ist gut gepresst, keine Verformungen und Wellen sind zu sehen.
Annie Lennox hat die seltene Gabe die Songs – und darunter sind nun wirklich einige Klassiker der Musikgeschichte – zu ihren eigenen zu machen. Die Dame ist schon eine sehr schillernde Persönlichkeit der Popmusik und hat durch ihre höchst individuelle Stimme und deren Klangfarbe immer ein ganz besonderen Wiedererkennungswert. Es mag überrascht haben, dass sie sich für „Medusa“ ausschließlich Songs von Männern ausgesucht hat, ist bei näherer Betrachtung für die Persönlichkeit von Annie Lennox aber nur konsequent.
Mal ganz ehrlich, wer kommt heute noch auf die Idee, dass „No More I Love You´s“ nicht von Annie Lennox geschrieben wurde? Der Song ist längst zu einem ihrer unsterblichen Klassiker geworden. „Take Me To The River“ von Al Green wurde bis auf das Gerüst komplett zerlegt. Bei Annie Lennox wird ein rockiges Gospelstück daraus. „A Whiter Shade Of Pale“ von Procol Harum wurde von dem ganzen Kitsch entfernt und in eine schön fließende – auch gesanglich – Version übertragen.
Der Knaller ist „Don´t Let It Bring You Down“. Der Neil Young-Track wird zwar auch von Lennox nahe am Original interpretiert, aber eben nicht mit akustischen Instrumenten. So wird die Nummer um feine Nuancen bereichert – und zwar ohne dieses Geheimnisvolle zu verlieren. Sie singt zudem höher als sonst, so wie es auch der gute Neil tat. Neil Young würdevoll zu covern ist sicher nicht so einfach, Annie Lennox, die ja eigentlich aus einer ganz anderen Musikecke kommt, gelingt dieses Kunststück aber spielend.
Mit „Train In Vain“ hat sie sich einen weiteren Song ausgesucht, der eigentlich meilenweit von ihrer Musikschublade entfernt ist. Oder würde Annie Lennox tatsächlich irgendwer mit The Clash in einem Atemzug nennen? Eben! Übrigens: tolle gospelartige Interpretation. Das alles gilt übrigens auch für „Waiting In Vain“ von Bob Marley! „I Can´t Next To You“ ist ein schöner, tanzbarer Popsong mit sommerlichem Flair und „Downtown Lights“ - im Original von The Blue Nile – wurde ganz und gar wundervoll interpretiert. „The Line Between Love And Hate“ fehlt vielleicht ein bisschen der Schmiss, den The Persuaders der Nummer verliehen haben. Die ruhige Interpretation des Paul Simon Hits „Something So Right“ passt natürlich, wird aber durch die Stimme von Annie Lennox dann doch wieder zu einem ganz anderen Song. Das getragene „Heaven“ beendet das Album wunderschön.
Fazit: „Medusa“ von Annie Lennox ist ein tolles Album. Die Dame interpretiert die von ihr ausgesuchten Männersongs auf wundervolle Art und Weise und macht selbige zu ihren Songs. Prima, dass dieses Album nun auch wieder auf Vinyl erscheint. Auch optisch erstrahlt das nun noch mal in voller Pracht! Sollte man kennen, sollte man in der Sammlung stehen haben!
Text: Torsten Schlimbach
Annie Lennox: Diva (Vinyl)
Sony
VÖ: 02.03.2018
Wertung: 8,5/12
Das ist doch mal eine feine Sache, dass „Diva“ von Annie Lennox nun auch wieder auf Vinyl veröffentlicht wird. Die Platte konnte ja nur noch über Umwege erworben werden und selbst dann war nicht gesichert, dass man da nicht ein Bootleg von minderwertiger Qualität erwischt hat. Abgesehen davon sind die Kurse, die dafür aufgerufen werden, auch nicht sonderlich attraktiv. Vinyl boomt ja wieder und nach und nach werden dann doch sehr viele legendäre Scheiben wieder aufgelegt. Egal wie man zu Annie Lennox stehen mag, „Diva“ ist nun wirklich ein Album, welches man als legendär bezeichnen darf. Die Songs wurden seinerzeit von den Kritikern und Fans gefeiert. Der Rolling Stone führt „Diva“ sogar auf der Liste der wichtigsten Alben der 90er. Auf beiden Seiten des Atlantiks konnte Annie Lennox damit große Erfolge feiern und sich auch als Solokünstlerin etablieren.
Haptik und Aufmachung haben sich nicht geändert. Die dicke Platte steckt in der obligatorischen Innenhülle. Dort sind – neben dem bekannten Foto von Annie Lennox – noch die Texte der Songs und die Informationen zur Produktion abgedruckt. Ein Download-Code fehlt allerdings, was jetzt zu verschmerzen ist, allerdings in der heutigen Zeit Standard sein sollte. Das Covermotiv kommt in diesem Format natürlich wesentlich besser zur Geltung. Die Platte selber dreht ruhig ihre Runden – keine Verformunge, keine Sprünge. Der Klang stellt jetzt keinen Quantensprung dar und die Songs wurden einfach erneut auf Vinyl gepresst. Natürlich ist das gegenüber der CD alleine aufgrund der Haptik eine Verbesserung!
Das Album selber ist längst ein Klassiker unter den weiblichen Künstlerinnen. Mit der Überballade „Why“ fängt „Diva“ ganz groß an. Wer bis dahin jemals die gesanglichen Qualitäten von Annie Lennox angezweifelt hat, sollte ab hier für immer schweigen. Sie singt mit einer Hingabe, die das Stück immer wieder auf eine Neues zu einem ganz besonderen Moment macht. „Walking On Broken Glass“ ist ein weiterer Klassiker von „Diva“. Diese Nummer ist aber ganz anders und besticht eher durch eine ausgelassene Pop-Atmosphäre. „Precious“ ist vom Aufbau – getragen von der Stimme – eine Mischung aus Soul und Pop. Der Song erweist sich als erstaunlich zeitlos. „Legend In My Living Room“ lässt allerdings auch erkennen, dass Lennox in den 80ern zu einem Star geworden ist. Der Sound ist da deutlich von diesem Jahrzehnt beeinflusst worden. In einem anderen Gewand hätte dies das Zeug ein großartiger Gospel- und Soulsong zu sein.
Mit „Cold“ ist eine weitere große Ballade, die alleine von der Stimmkraft lebt, vertreten. „Money Can´t Buy It“ ist der bis hierhin unspektakulärste Song des Albums. Ein Füller, der aber zweifelsohne Groove hat. Mit „Little Bird“ schließt sich ein nettes und fröhliches Popnümmerchen an. „Primitive“ - eine weitere starke Ballade – holt das Album aus der Belanglosigkeit heraus. „Stay By Me“ kommt recht ereignislos daher, aber mit „The Gift“ ist ihr noch mal ein tolle Ballade gelungen. „Keep Young And Beautiful“ tanzt völlig aus der Reihe und orientiert sich an längst vergangenen musikalischen Epochen.
Fazit: Das von Annie Lennox geschriebene und von Stephen Lipson produzierte Soloalbum „Diva“ aus dem Jahre 92 wird nun erneut auf Vinyl veröffentlicht. Klanglich stellt das keine Verbesserung dar, die Platte ist aber gut gepresst und natürlich ist das haptische Erlebnis in diesem Format wesentlich schöner. Die Songs selbst sind – bis auf zwei bis drei Ausnahmen – längst zu Klassikern avanciert und zeigen, dass Annie Lennox gesanglich zu den ganz Großen gehört. Wer Vinyl liebt, sollte sich dieses Album zulegen!
Text: Torsten Schlimbach