Donots: 22.03.2018, E-Werk, Köln

Ein trostloser Regentag neigt sich an diesem Märztag dem Ende entgegen und pünktlich zu den Abendstunden werden die Schleusen im Himmel geschlossen. Das ist verdammt nett von Petrus, denn heute spielen die Donots im ausverkauften Kölner E-Werk auf und die Parkplatzsuche gestaltet sich mal wieder schwierig. Es heißt Beine in die Hand nehmen und Kilometer fressen. Im Palladium gegenüber spielt nämlich Kraftklub auf und somit ist der Parkraum naturgemäß ziemlich begrenzt. So kann man sich in der kühlen, aber nicht unangenehmen Abendluft vor und nach dem Konzert noch mal die Rübe durchlüften lassen. Doppelveranstaltungen sind hier ja sowieso keine Seltenheit, aber diesmal kann man die jeweiligen Fanlager vorab nicht so leicht zuordnen. Die Schnittmenge ist bei beiden Bands naturgemäß ziemlich groß. Das kennt man auch anders, nämlich dann, wenn in dem einen Laden eine Punkband spielt und in dem anderen eine Schlagerparty stattfindet. Das hat schon zu so manch lustiger Begebenheit geführt.

 

Das E-Werk ist jedenfalls rappelvoll und die Donots dürfen sich über eine ausverkaufte Bude freuen. Somit ist das auch die größte Headliner-Show, die die Jungs aus Ibbenbüren bisher auf dem Plan stehen haben. Dies wird sicherlich auch für einige wacklige Beine bei der Vorband gesorgt haben, denn die Leoniden stehen ja noch am Anfang ihrer Karriere. Davon merkt man heute jedoch nichts. Die Kapelle begann als Schülerband und hat seit 2014 zwei EPs veröffentlicht. Das Debüt „Leoniden (Two Peace Signs)“ ist ja noch relativ frisch und wurde letztes Jahr auf dem bandeigenen Label herausgebracht. Was die Kieler – die aufgrund der Schnauzbärte wie Magnum mit Anfang zwanzig aussehen (O-Ton Guido Knollmann im weiteren Verlauf des Abends) – da abreißen, muss man schon gesehen haben. Was Lennart Eicke da mit seiner Gitarre veranstaltet spottet jeder Beschreibung. Seine auffallend exaltierte Art wirkt manchmal wie eine Karikatur sämtlicher Rockstarposen und ist am Rande der Arroganz – und dies ist keineswegs negativ gemeint. Wie er da tanzt, zappelt und abgeht ist schon ein Hingucker. Selbiges gilt auch für Jakob Amr (Gesang und allerlei Kram) und Djamin Izadi (Synthesizer). Die Trainingsanzugoptik passt da nur allzu gut. Felix Eicke (Schlagzeug) und JP Neumann (Bass) bringen da etwas Ruhe rein und halten den ganzen Laden zusammen und agieren konzentriert.

 

Bei allem, was da auf der Bühne als Hingucker passiert, sollte man nicht unter den Tisch fallen lassen, dass die Leoniden unglaublich talentiert sind. Das ist auch musikalisch ein Wahnsinnsritt. Nicht umsonst läuft als Einmarschmusik „So What´cha Want“ von den Beastie Boys. Als Überschrift kann man das vielleicht unter Indie-Rock verbuchen, aber da passiert unglaublich viel – abgesehen davon, dass die musikalische Umsetzung live ganz famos ist. Genregrenzen werden einfach weggewischt. Das ist Punk, aber eben auch episch und schön wie Dredg. Das erinnert bisweilen an The Smiths, dann wiederum werden da Elemente, die man von Drum´n´Bass bis zum Techno kennt, aufgebrochen, nur um im nächsten Moment einige poppige Versatzstücke einfließen zu lassen. Von der Blue Man Group bis zu den Bad Brains ist es bei den Leoniden immer nur ein kleiner Schritt. Mangels Kenntnis der Studioproduktion, kann an dieser Stelle nicht beurteilt werden, inwieweit das auf Albumlänge auch was taugt - live ist das aber unfassbar spannend und gut. Am 5. Dezember gastierten die Leoniden wieder in Köln, nämlich im wunderbaren Gebäude 9. Hingehen!

 

Dass die Donots so anders als viele Bands sind, kriegen auf dieser Tour auch die Leoniden zu spüren. Sie erzählen nicht nur aus Höflichkeit, dass sie von den Jungs aus Ibbenbüren unfassbar nett behandelt würden, nein, das ist ehrlich gemeint. Nicht umsonst steht Guido Knollmann zeitweise am Bühnenrand und guckt beseelt zu. Und dann lassen die Donots die Leoniden bei ihrem Sound freie Hand. Das kennt man auch anders und Vorbands werden meistens mit miesem und leisem Soundbrei ausgestattet.

Es dürfte sich ja sowieso herumgesprochen haben, dass die Donots nette und bodenständige Jungs sind. Trotzdem könnte der wachsende Erfolg – mit dem vorläufigen Höhepunkt heute – ja auch mal zu Kopf steigen. Ist aber nicht so! Die fünf Krawallmacher wirken wie kleine Jungs, die vor Weihnachten mit großen Augen ungläubig im Spielzeugladen stehen. Man nimmt ihnen jedes Wort des Dankes ab. Man nimmt Ingo Knollmann auch ab, dass sie sich nach 25 Jahren immer noch den Arsch abfreuen und ihre Berufung noch so viel Spaß wie am Anfang macht. Das erzählen zwar viele Musiker, aber hier stimmt es. Kein Routine, sondern authentisch und ehrliche Musik. Nein, die Jungs sind noch lange nicht satt! Und sie tragen immer noch ihre Herzensangelegenheiten in die Welt! Auch gegen die Arschlöcher der Nazifront. Auch an diesem Abend. Wichtiger denn je. Und wenn Ingo erzählt, dass man sich gegen die Aufmärsche, die in seiner Wahlheimat Köln-Deutz ab und an stattfinden, zu Wehr setzen soll, dann ist das ein wichtiges Anliegen. Auch an diesem Abend kann man wieder für Kein Bock Auf Nazis spenden. Gute Sache das! Wir wollen das Rauschen zurück. Auch an diesem Abend – „Rauschen (Auf Jeder Frequenz)“.

 

Die Donots sehen sich selber ja nicht als gute Musiker an, aber das kann man so nicht stehen lassen. Im Zusammenspiel sind ist der Fünfer schon ziemlich perfekt. Das zeigt sich an diesem Abend schon mit dem Opener „Geschichten Vom Boden“. Das ist zudem so ziemlich die beste Konzerteröffnung, die diese Band seit Gründung im Gepäck hat. Da wird schon ordentlich Spannung aufgebaut, die sich dann komplett auf und vor der Bühne entlädt. Wann sieht man heutzutage derart viele Menschen komplett durchdrehen?! Da fliegen massenweise – wie in den guten alten Zeiten – Bierbecher. Überhaupt muss man dem Donots-Publikum ein Kompliment aussprechen, denn der Handywald hält sich in Grenzen. In diesen Tagen wird ja gerne über ein Komplettverbot von Smartphones auf Konzerten gesprochen, hier und heute kann man sich angucken, wie der Umgang damit auch auf solchen Veranstaltungen hinhaut. Da wird vielleicht mal ein Foto gemacht, aber größtenteils sind die Leute einfach zum Feiern gekommen. Es muss an der Band liegen, die es schafft hier jeden Zuschauer einzufangen und jeden Einzelnen mit ausgebreiteten Armen einlädt dem großen Kollektiv beizutreten. Dazu reicht dann auch ein simples „Huha“ welches auf Aufforderung von Ingo aus (fast) allen Kehlen gebrüllt wird. Natürlich ist es erwartbar, dass von den Zuschauern „Nazis raus“ zwischen „Rauschen (Auf Jeder Frequenz)“ und „Dead Man Walking“ skandiert wird. Dies macht die Aussage aber ja nicht unwichtiger. Im Gegenteil!

Kraftklub tauschen mit den Donots kurzfristig die Location

Die Donots sind ziemlich stolz auf ihr neues Album „Lauter Als Bomben“. Können sie auch sein. Es ist das vielleicht beste Album ihrer bisherigen Karriere. Es ist somit nur konsequent, dass die Band heute elf Songs daraus spielt! Endlich mal eine Kapelle, die ihr aktuelles Werk ausgiebig würdigt und nicht nur ein „Greatest Hits“-Set abreißt. „Alle Zeit Der Welt“ soll der verschwitzten Menge dann etwas Zeit zum Durchatmen gönnen. Dann passiert das, was man insgeheim schon gehofft hatte. Die Soundprobleme erweisen sich nur als Täuschungsmanöver und die Donots verlassen die Bühne um mal schnell rüber in das Palladium zu rennen und dort aufzuspielen. Mit anderen Worten: die Donots tauschen die Bühne mit Kraftklub. Die Herren kommen nämlich zu uns rüber und reißen ihren Song „Unsere Fans“ runter. Dies ist ein weiterer Moment, der diesen Abend unvergessen und legendär machen wird! Danach entern die Donots wieder die Bühne und hauen „Ich Mach Nicht Mehr Mit“, „Dann Ohne Mich“ und „Aschesammeln“ raus.

 

Es ist schon erstaunlich, was besonders die Gebrüder Knollmann da auf der Bühne für ein Sportprogramm abreißen. Respekt! Bei „Heute Pläne, Morgen Konfetti“ springt Ingo dann auch kurzerhand zu den Zuschauern runter und performt die zweite Hälfte in der Menge. „Stop The Clocks“ und „What Ever Happen To The 80s“ dürfen natürlich nicht fehlen. Die Party geht weiter und weiter.

Bei „Hier Also Weg“ taucht Ingo auf dem rechten Balkon auf. Man weiß was kommt: er springt von da in die Menge und lässt sich zur Bühne tragen. Adrenalin ist einfach eine feine Sache. Danach verschwindet die Band erstmals. Die erste Zugabe ist „Das Dorf war L.A./Eine Letzte Runde“, die Guido mit viel Herzblut singt. Das E-Werk ist an diesem Abend aber sowieso voller Herzblut. Der Sänger der Leoniden hat nicht ohne Grund erwähnt, dass sich die Zuschauer da eine ganz tolle Lieblingsband ausgesucht hätten. Stimmt. Bei „Piano Mortale“ darf dann Pro7 und Kika-Moderator Elton zeigen, dass er Crowdsurfing kann. Ingo weist die Fans vorab aber an, dass man Elton besser nicht fallen lassen sollte, denn das wäre so, als wenn man ein Klavier fallen lassen würde. Zu „We´re Gonna Take It“ geben Band und Fans noch mal alles, um dann diesen denkwürdigen Abend mit „So Long“ zu beenden.

 

Fazit: Dieser Märztag mag nasskalt gewesen sein, aber die Donots haben es geschafft, dass jeder mit Sonne im Herzen und einem Lächeln auf den Lippen nach Hause gegangen ist. Eine authentische, bodenständige und ehrliche Band, die zudem noch zum Besten zählt, was der Livesektor in diesem Land zu bieten hat. Dieser 5er ist eine tolle Einheit, der man zu jeder Zeit den Spaß am Musikmachen ansieht und anhört. Das Konzert im E-Werk wird noch lange im Gedächtnis bleiben und nachwirken! Danke dafür! Köln ist für die Donots nach Münster definitiv ein zweites Heimspiel geworden!

 

Und wer noch mal das Interview aus dem Dezember 2017 mit Ingo nachlesen möchte, kann das hier tun: http://www.dreamoutloudmagazin.de/interviews/donots/

 

https://www.donots.com/de/

 

Text: Torsten Schlimbach

(Torsten Schlimbach bedankt sich bei Mirko Glaeser und Alexander Schlage von Uncle M Music und natürlich bei den Donots für die freundliche Unterstützung!)

Setlist:

 

  1. Geschichten vom Boden

  2. Keiner kommt hier lebend raus

  3. Wake the Dogs

  4. Whatever Forever

  5. Calling

  6. Rauschen (Auf jeder Frequenz)

  7. Dead Man Walking

  8. Das Ende der Welt ist längst vorbei

  9. Gegenwindsurfen

  10. Alle Zeit der Welt

  11. Kraftklub: Unsere Fans

  12. Ich mach nicht mehr mit

  13. Dann ohne mich

  14. Aschesammeln

  15. Heute Pläne, morgen Konfetti

  16. Stop the Clocks

  17. Problem kein Problem

  18. Whatever Happened to the 80s

  19. Hier also weg

  20. Das Dorf war L.A.

  21. Eine letzte letzte Runde

  22. Piano Mortale

  23. We're Not Gonna Take It

  24. So Long

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