Paul Smith (Maximo Park) – Interview am 10.11.2010

Petrus meint es heute nicht gut mit den Kölnern, denn den ganzen Tag schüttet es wie aus Eimern. Irgendwer meint es auch mit Paul Smith nicht gut. Der Sänger von Maximo Park ist heute in der Stadt um im Gebäude 9 seine Soloplatte “Margins” vorzustellen. Irgendwie läuft es mit dem Zeitplan nicht so ganz rund. Unser angesetzter Interviewtermin verschiebt sich auch immer weiter nach hinten und mittlerweile ist es schon weit nach 17 Uhr und der Soundcheck soll auch noch irgendwann über die Bühne gehen. Paul Smith ist allerdings die Ruhe in Person und man merkt ihm die Freude an, dass er über sein Soloalbum sprechen kann. Er schlägt Minute um Minute für uns raus, aber letztlich zeigt das Aufnahmegerät 7 Minuten und 15 Sekunden an – dann ist wirklich der Soundcheck angesagt, denn sonst stehen gleich schon die ersten Leute im Laden. Trotzdem entpuppt sich Paul Smith als perfekter und aufgeräumter Gastgeber und Gesprächspartner.

Paul, Danke für Deine Zeit! Wann hast Du angefangen Songs für Dein Soloalbum zu schreiben?

Ich saß 2005 in einem Hotelzimmer und plötzlich war da dieser Song. “North Atlantic Drift” heißt dieser übrigens…

…2005?

Ja genau! So fing das an. Dann kamen ganz langsam immer mehr Songs dazu. 2007 wieder einer und dann noch einer und dann merkte ich, dass ich da eine ganz besondere Sammlung an Material habe. Wenn man so will, dann ist das Album ein Querschnitt der letzten fünf Jahre.

War denn von Anfang an klar, wohin die Reise geht?

Nicht wirklich. Zunächst habe ich einfach geschrieben oder aufgenommen. Das war jetzt nicht unbedingt für ein Soloalbum vorgesehen. Das hätten auch einfach Demos für ein Maximo Park Album sein können. Ich habe mich jedenfalls nicht mit dem festen Vorsatz hingesetzt und ein Soloalbum geschrieben. Nach dem fünften oder sechsten Song habe ich allerdings gemerkt, dass diese Stücke anders sind und nicht unbedingt zu Maximo Park passen würden. Ich hatte dann etwas ganz Eigenständiges. Zudem wurde ich dadurch auch zu einem besseren Gitarrenspieler. Also das ist jetzt nicht überragend, aber ganz ok. Ich habe die ganzen Ideen dann gesammelt und Freunden vorgespielt und die haben mir dann auch geraten, dass ich das doch als Album veröffentlichen soll. Hinzu kam mein Drummer, Andy, der auch bei der Produktion dabei war, der mit seinem Spiel perfekt zu meiner Art die Gitarre zu spielen passte.

Wie war denn Deine Herangehensweise? Das Album klingt doch sehr roh.

Ganz genau, das war auch mein Ansatz. Teilweise habe ich die Songs innerhalb von einem Tag fertiggestellt. Ich habe damit zwar so manch einen in den Wahnsinn getrieben, aber ich wollte das so ursprünglich wie möglich halten. Nimm beispielsweise “Strange Friction”, das war ein regelrechter Schnellschuss. Letztlich ist das genau die Atmosphäre, die ich haben wollte. Das Album sollte eben nicht total überproduziert sein. Ich wollte einfach nicht zu viel über die Songs nachdenken, sondern einfach so aufnehmen, wie ich das zu diesem Zeitpunkt gefühlt habe.

Das muss sich doch wie ein komplett neuer Start im Musikgeschäft anfühlen?!

Das tut es auch. Man weiß ja überhaupt nicht, wie die Leute darauf reagieren. Mit Maximo Park ist das etwas anders, weil man das irgendwo einordnen kann. “Margins” ist in dieser Beziehung ja neu für mich. Ich hatte bisher auch noch nicht die Zeit zu lesen, was andere darüber denken. Gerade das Internet bietet da ja sehr viele Möglichkeiten und sehr viele Menschen können etwas über mein Album schreiben. Umso mehr freue ich mich, dass ich “Margins” den Leuten live vorstellen darf und dass ich auch über das Album sprechen kann. Ich weiß ja auch, dass dieses Album nichts für das Radio ist. Das wird ja definitiv nicht vom Mainstreamradio gespielt werden, denn dafür ist das einfach zu sperrig. Das ist nicht R&B genug. Die spielen dann lieber die neuen Sachen von Kelis oder so, was jetzt nicht heißen soll, dass das schlecht wäre.

Ist aber auch sicher nervig, wenn man seine Arbeit immer und immer wieder erklären muss?!

Nein, ich mache das wirklich gerne, weil mir “Margins” natürlich auch etwas bedeutet und ich den Leuten da vielleicht die eine oder andere Frage beantworten kann. Ich möchte mich dazu ja auch äussern. Bisher ist es mir eine besondere Freude darüber zu sprechen.

Und es live zu spielen. Was können die Zuschauer denn erwarten und was erwartest Du Dir davon?

Ich werde das komplette Album spielen. Wann hat man schon mal die Möglichkeit ein ganzes Album am Stück zu spielen? Ich hoffe natürlich, dass die Leute das mögen werden und daran auch Spaß haben. Ich selber freue mich sehr über die Tatsache, dass ich “Margins” komplett spielen kann.

Kommen wir noch mal zurück zum Album. Ich finde, die Songs klingen sehr emotional. Entspricht dies auch Deiner Person? Bist Du ein sehr emotionaler Mensch?

Definitiv! Es gibt Songschreiber, die sind eher so die coolen Typen und dann gibt es die emotionalen wie mich. Es gibt aber auch eine Mischung. Nimm beispielsweise David Bowie. Da hört sich kein Album wie das andere an, viele Songs sind sehr emotional und doch ist David Bowie auch eine verdammt coole Person.

Kann der Sonwritingprozess da auch therapeutische Wirkung für Dich haben?

Auf jeden Fall. Man schreibt ja über die Dinge, die einen bewegen und wenn man da alleine an den Songs arbeitet, hat das auch eine gewisse therapeutische Wirkung, ja.

Also sind die Geschichten, die Du da erzählst auch real und keine Fiktion?

Ja, das sind alles Geschichten, die ich erlebt habe oder beobachtet habe. Das Leben schreibt ja auch die besten Geschichten, da muss man sich nichts ausdenken. Ich habe allerdings nicht unbedingt einen Song genau über eine Geschichte geschrieben, sondern manche Sachen auch gemixt. Da sind dann verschiedene Dinge in einem einzigen Song miteinander verschmolzen. Ich hoffe natürlich, dass sich die bestimmten Personen nicht unbedingt entdecken werden. Das sind ja auch Dinge, die dich, mich und im Grunde jeden betreffen können. Als Inspiration diente mir da aber das wahre Leben.

Hast Du Dich musikalisch da auch soweit in die Nischen vorgewagt wie noch nie zuvor?

In gewisser Hinsicht stimme ich Dir da zu. Mich haben da ja auch verschieden Einflüsse inspiriert. Bloody Valentine beispielsweise oder die Cocteau Twins. Auch ganz alte Sachen aus den 50ern oder 60ern waren dabei und ich sagte dann immer zu Andy “ich will diesen Beat da haben”. Er wußte dann immer ganz genau, worauf ich hinauswollte. Dazu kamen dann auch die alten Helden wie Nick Drake oder Neil Young. Um Deine Frage zu beantworten: das hat mich alles stark beeinflusst und ich habe da dann mit meinen Ideen rumgespielt und viel experimentiert. Gerade mit den Klängen habe ich sehr viel rumgespielt. Auch stimmlich trifft dies zu. Nimm “The Crush And The Shatter” wo ich sehr hohe Töne anschlage.

Sind die Nebengeräusche eigentlich ganz bewusst so belassen worden?

Ja, das wollte ich dann nicht ausbessern und auch gerade die Liveatmosphäre haben. Wenn dann das Schlagzeug mal etwas hinkt, dann ist das eben so. Bei “While You´re In The Bath” hört man wie ich auf einem Stuhl sitze.

Man hört wie Du auf einem Stuhl sitzt?

Ja, man hört das Quietschen des Stuhls. Warum sollte ich das rausnehmen? Zum Schluss hört man auch, wie ich die Gitarre gerade weg lege. Klar hätte ich das noch mal aufnehmen können oder mittels der Technik unhörbar machen können, aber das wollte ich eben nicht.

Leider muss der gute Paul dann noch schnell zum Soundcheck antreten, denn viel Zeit bleibt nicht mehr. Draußen schüttet es immer noch…

 

http://www.paulsmithmusic.eu/

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