Mando Diao - Interview am 19.01.2009

Eine neues Album von Mando Diao steht in den Startlöchern. Man kann der Band jedenfalls nicht vorwerfen, dass sie sich ständig wiederholen. Auch das neue Album dürfte wieder für einigen Diskussionsstoff sorgen. Wir durften vorab kurzen Ausschnitten von „Give Me Fire“ lauschen und sind wieder Mal überrascht von Mando Diao. Genug Grund also für ein Interview. Wir trafen uns dazu in entspannter Atmosphäre im Hotelzimmer mit Gustaf und Björn, die uns trotz des Promostresses und zwischen Hähnchen und Pommes geduldig Rede und Antwort standen.

Hallo Jungs, schön, dass ihr Zeit für uns habt!

Bitte, bitte, dafür sind wir ja hier und so stressig ist es ja nicht, wir sind ja länger in der Stadt.

Wäre da nicht sogar Platz für ein kleines Konzert gewesen?

Wir treten ja bei dieser Fernsehshow – Schlag den Raab – auf.

Von „Give Me Fire“ durfte ich bis jetzt sieben kurze Songausschnitte hören. Was ich gehört habe, hat mich nicht nur überrascht, sondern förmlich umgeblasen. Die neuen Songs klingen für mich wesentlich erwachsener und reifer. Liege ich da falsch oder war das tatsächlich ein Ansatz für die neue Platte?

Alles was Du da raushörst ist richtig. Jede Vision, die Du von dem Album hast ist richtig. Jeder hört Musik ja völlig anders und deshalb kann es nicht nur eine Meinung geben. Ich kann Dir nicht sagen, wie andere die Musik wahrnehmen und was die da raushören und reininterpretieren. Es hängt immer vom jeweiligen Hörer ab. Wenn ich das Album höre, dann höre ich da viel Perfektion. Wir machen das ja nun auch schon ein paar Jahre und wissen, was wir tun. Allerdings ist das für mich nicht 100 % perfekt, sondern 95 % perfekt. Das liegt am letzten Album, weil das für mich 100 % perfekt war, vielleicht werden wir das in dieser Art nie wieder machen.

Jedes eurer Alben klingt für mich unterschiedlich, jedes hört sich wie ein neues Kapitel von Mando Diao an. Ist die neue Scheibe euer Disco und Roll Album?

Ja, wenn Du das so hörst ist das in Ordnung. Wenn Du sagst, dass es ein Disco und Roll Album ist kann ich damit sehr gut leben. Für mich ist die Scheibe etwas kühler, wütender und selbstbewusster wie das letzte Album, sofern man die beiden vergleichen möchte. Die letzte Scheibe hatte so ein warmes Gefühl und diese hier ist eher von einem heißen Gefühl durchzogen. Das sind zwei ganz unterschiedlich Dinge. Wenn „Give Me Fire“ eine Tasse Kaffee wäre, könnte man diese nicht trinken, weil sie zu heiß wäre. Das letzte Werk war dagegen ein trinkbarer Kaffee. Aber noch mal, jeder Hörer hat eine ganz eigene Vision, jeder hört etwas anderes. Wer eben nur gute Popsongs heraushört, der liegt sicher auch richtig.

Habt ihr denn bei „Give Me Fire“ den Fokus auf einen neuen Stil ausgerichtet – zum Beispiel die Trompete oder die mexikanischen Einflüsse?

Auf jeden Fall. Wir hatten schon nach dem ersten Album eine B-Seite, wo wir schon mit diesen mexikanischen Sachen experimentiert haben. Das ist auf jeden Fall ein großer Einfluss für uns. Die Los Angeles Szene der 60er und 70er hat uns dahingehend beeinflusst. Für mich war das Amerika der 60er Los Angeles. Die Beach Boys, die Doors, Gram Parson, die Byrds, Jimi Hendrix, Janis Joplin und all diese Sachen waren ja auch von der mexikanischen Szene inspiriert. Die Kombination stimmte damals. Uns beeinflusst das sehr. Hinzu kommen dann so Sachen wie brasilianischer Jazz, Salsa. Wir lernten eine Menge von diesen Künstlern und dieser Szene.

Einige Momente auf dem neuen Album erinnern fast an einen Soundtrack. Das klingt zum Teil fast wie gemacht für einen Quentin Tarantino Film. War dies das Konzept dahinter?

Eindeutig ja! Das war eine Idee, die wir für die Scheibe hatten. Wir wollten dem Album ein gewisses Soundtrackgefühl verleihen. Tijuana ist ein Stichwort. Ein anderes ist ganz klar Tarantino, das hast Du völlig richtig gehört. Uns inspiriert alles was er macht und gemacht hat.

Kennt ihr Calexico?

Ja. Die klingen ein bisschen so, das stimmt.

Sind die Geschichten der Songs eigentlich Fiktion? Oder beruhen die auf wahren Gegebenheiten, wie z.B. „Gloria“ oder „Dance With Somebody“?

Ich denke, eine „Gloria“ gibt es überall. In jedem Land, in jeder Stadt. Für mich ist das real und wieder nicht. Ich habe den Song nicht geschrieben und in diesem Fall bin ich dann auch nur ein Hörer. Ich habe meine eigenen Visionen von „Gloria“. Ich könnte Dir jetzt auch nicht sagen, worum es in dem Song geht oder was die Intention dahinter ist. Ich weiß nur was ich denke. Ein guter Text löst bei jedem so eine Art Kopfkino aus, da ist die eigentliche Intention, die dahinter steht, für mich als Hörer egal. Das ist wie mit manchen Bob Dylan Songs. Da denkt man auch immer: Scheiße, wovon spricht der da? Aber er kann unglaublich viel Gefühl vermitteln und dadurch weiß man, was er uns sagen will.

Ihr habt ja euer eigenes Studio gebaut. Wann hattet ihr die Idee dazu?

Genau weiß ich das gar nicht mehr. Irgendwann als wir „Never Seen The Light Of Day“ aufgenommen haben, kam uns die Idee dazu. Wir wollten einfach einen Platz haben, wo wir abhängen konnten. Weißt Du, die Studios in Stockholm sind einfach enorm teuer und wir wollten da unabhängiger werden. Wir wollten einen Platz für uns finden, wo man auch um zwei Uhr in der Nacht noch Krach machen kann. Wir arbeiten nämlich sehr gerne zu später Stunde, wir sind wie Vampire. Es dauerte dann fast ein Jahr, bis wir einen geeigneten Platz für uns gefunden haben. Dann hat es noch weitere sechs Monate gedauert, bis wir alles aufgebaut hatten. Am letzten Apriltag waren wir dann soweit und nahmen den ersten Song dort auf – „Gloria“. Das Studio war allerdings noch nicht richtig fertig und wir bauten dann zwischendurch weiter daran rum. Eigentlich ist das Studio immer noch nicht komplett fertig. Aber das Album ist ja nun im Kasten und so ist alles gut. Wir nutzten allerdings auch noch andere Aufnahmeorte. Das Studio ist auf jeden Fall jetzt unser zu Hause.

Ist es für euch als Band eigentlich schwer noch einen eigenen Stil zu kreieren, wo doch eigentlich alles Neue schon erfunden ist?

Wir denken gar nicht in solchen Dimensionen. Wir denken auch nicht daran etwas Neues zu kreieren. Wir wollen einfach was Neues von Mando Diao kreieren und aufnehmen. Wenn das Neil Young auch schon mal gemacht hat, dann ist das uns egal, weil Mando Diao das eben vorher noch nicht gemacht haben. Das wichtigste Ding ist für uns eben, dass wir es noch nicht gemacht haben. Es ist sowieso unmöglich gut und einzigartig zu sein. Wenn wir unseren Fokus darauf lenken würden, einzigartig zu sein und etwas aufzunehmen, was vorher noch keiner gemacht hat, dann könnten wir gar keine gute Musik schreiben. Wir denken nur an die Songs und wollen die bestmöglichen aufnehmen.

Spielt denn das Internet für euch eine Rolle? Hat sich das Geschäft dadurch verändert oder muss Musik nicht nur einfach gut sein und den Leuten gefallen?

Das Internet ist die größte Veränderung der Musikgeschichte wie wir sie kennen. Jeder hört alles. Es ist nicht wie in den 70ern und 80ern wo man Fan von etwas bestimmten war. Da gab es die Heavy Metal Fans, die Mods, die Punks, die Rockers, die Synthie-Fans. Das ist heute nicht mehr so. Heute hören die Leute wirklich alles: Indie, HipHop, Heavy Metal, Pop. Alles ist möglich. Das hilft Mando Diao. Wir haben so viel Musik in uns und die unterschiedlichsten Stile: Country, Punk, Blues, Soul, Jazz, Rock and Roll. Dadurch, dass heute jeder alles hört, ist das für uns eine große Hilfe. Auf diesem Album zum Beispiel sind Songs, die klingen wie die Sex Pistols und dann sind da Songs, die klingen wie Gloria Gaynor. 1978 wäre es unmöglich gewesen, dafür auch nur einen Fan zu finden. Heute mögen die Leute so was aber, die sind nicht mehr auf einen Stil festgelegt.

Habt ihr schon große Tourpläne? Festivals? Vielleicht sogar Amerika und Japan?

Alle Fragen kann ich mit ja beantworten. Wir starten im März in Offenbach, dann kommen wir nach Hamburg, wir werden alle großen Festivals in Europa spielen und am Ende des Sommers werden wir dann nach Japan gehen. Dann geht es in Amerika weiter. Wir werden eine große Tour spielen. 2009 wird das größte Jahr in der Geschichte von Mando Diao.

Was bedeutet euch denn noch ein Konzert nach all den Jahren auf Tour? Oder wird das mit der Zeit zu einem ganz normalen Job?

Dafür ist es zu gut. Ich habe nie in einer Fabrik oder so gearbeitet, aber was wir machen dürfen, ist sicher mit wesentlich mehr Spaß verbunden. Ich denke nicht, dass jeder Fabrikarbeiter seine Arbeit mag. Es ist doch ein Glück, wenn man seine Arbeit mag. Es ist natürlich unmöglich, seine Arbeit jeden Tag zu mögen. Bei jeder Arbeit schleicht sich natürlich auch Routine ein, auch bei uns. Aber wir sind wirklich glücklich und dankbar, dass wir einen Job haben, den wir wirklich mögen und lieben! Wir machen das ja mittlerweile seit acht, zehn Jahren und das ist der beste Job, den man haben kann. Ich weiß natürlich nicht, was in 25 Jahren ist. Jetzt bin ich 26 und ich kann nur sagen, dass ich meinen Beruf mag und liebe.

Gibt es ein spezielles Land, wo ihr gerne mal auftreten möchtet?

Ja, wir sind sehr daran interessiert mal in Südamerika aufzutreten. Das ist ein Traum von uns. Jedes Land in Südamerika war toll. Wir waren in Brasilien und das war wirklich cool und wir haben dort ein tolles Konzert gespielt. Wir lieben den Lebensstil und haben auch einige Freunde dort. Chile wäre auch ein Traum.

Habt ihr schon Pläne für die Zeit nach der Tour?

Wir machen eigentlich keine Pläne. Vielleicht vier oder fünf Songs aufnehmen. Nach der Tour gehen wir vielleicht wieder ins Studio und nehmen eine neue Platte auf, durch unser Studio sind wir ja jetzt unabhängig und können direkt wieder an die Arbeit gehen!

Können wir schon nächstes Jahr wieder mit einer neuen Scheibe rechnen?
Vielleicht. Ich wäre nicht überrascht, wenn es 2010 auch schon wieder ein neues Mando Diao Album geben würde. Wir sind einfach zu gute Songschreiber und warum nicht jedes Jahr eine Platte rausbringen? Man verkauft ja auch keine alten Früchte, sondern dann, wenn sie frisch sind. So sollte man es auch mit unseren Songs machen.

Vielen Dank für eure Zeit und noch viel Spaß in Köln!

Wir danken Dir und wir sehen uns auf der Tour!

 

 

(Torsten Schlimbach bedankt sich für die freundliche Unterstützung bei Isabel Sihler und Julia Keutner von Universal und natürlich bei Mando Diao!)

 

http://www.mandodiao.de

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