The Kinks: The Journey – Part 2

The Kinks: The Journey – Part 2

BMG

VÖ: 17.11.2023

 

Wertung: 10/12

Tipp!

 

Es ist ja fast schon tragisch, dass The Kinks ausgerechnet jetzt „The Journey – Part 2“ veröffentlichen. Die Rollings Stones räumen gerade mit ihrem neuen Album richtig ab und die Beatles sind mit einer neuen Single in aller Munde. Das rote und blaue Album steht frisch und mit eben jener Single in den Läden, da dürften es The Kinks einfach schwer haben die nötige Aufmerksamkeit zu bekommen. Aber das zieht sich ja eigentlich sowieso durch die Karriere der Band. Wenn es nicht die oben beiden erwähnten Bands waren, die ihnen da in die Quere kamen, dann waren es aber mindestens The Who. The Kinks haben mit der vorliegenden Zusammenstellung auf jeden Fall eine größere Aufmerksamkeit verdient.

 

Die Feierlichkeiten zum 60-jährigen Bestehen werden nicht nur mit den Singles bedacht, sondern auch mit B-Seiten, Albumtracks und sechs neuen Ray Davies-Mixen inklusive drei bislang unveröffentlichten Live-Auftritten aus dem New Victoria Theatre in London, aus dem Jahr 1975. Das ist für Fans und Musikhistoriker gleichermaßen eine feine Sache. Die mediale Ekstase wird vielleicht nicht ganz so groß werden wie bei dieser neuen Veröffentlichung der Liverpooler Band, aber was The Kinks hier abreißen, ist schon aller Ehren wert!

 

Die musikalische Vielfalt ist schon beeindruckend. Mit der Eröffnung dieser Zusammenstellung – „Til The End Of The Day“ – rumpelt sich die Band durch den Gemüsegarten, als hätte sie gerade die Garagentore nach oben geschoben. Das lässige „Preversation“ rockt sich durch dreieinhalb Minuten, dass es die pure Freude ist. „David Watts“ dürfte alle Freunde des Britpops begeistern und das schunkelige „A Well Respected Man“ gefällt dann auch der Schwiegermutti. „Monica“ ist südländisch angehaucht und mit „No Return“ wird eine Art Akustikpsychedelika dargeboten.

 

Natürlich finden sich hier auch einige Hits wieder. Das unkaputtbare „Lola“ muss man ja sicher keinem vorstellen. Immer wieder wird die Nummer von neuen Generationen entdeckt. Selbiges gilt natürlich auch für den Übersong „Sunny Afternoon“. „Alcohol“ schleppt sich als Walzer dahin und „Artificial Man“ fischt ein bisschen beim Glam. „Starmaker“, „Slum Kids“ und „Face In the Crowd“ sind live ein Brett und schon alleine dafür lohnt sich die Anschaffung des Sets!

 

Fazit: The Kinks sollte man immer auf dem Zettel haben. Mit „The Journey – Part 2“ gibt es nun die zweite Runde für die Geburtstagsfeierlichkeiten. Die musikalische Bandbreite und besonders die Qualität des Songwritings, der Arrangements und der instrumentalen Umsetzung ist bei The Kinks immer wieder auf ein Neues beeindruckend! Wer sich also für handgemachte Musik interessiert, kommt um diese Veröffentlichung nicht umhin!

 

https://thekinks.info/

 

Text: Torsten Schlimbach

The Kinks: The Journey – Part 1

The Kinks: The Journey – Part 1

BMG

VÖ: 24.03.2023

 

Wertung: 10/12

Tipp!

 

Eine der einflussreichsten Bands von der Insel feiert dieses Jahr einen ganz besonderen Geburtstag. The Kinks nehmen ihr 60-jähriges Jubiläum zum Anlass um mit „The Journey“ zwei ganz besondere Alben zu veröffentlichen. Aufgeteilt wird dies in Part 1 und Part 2. Der erste Songreigen wird nun veröffentlicht, der zweite folgt im Laufe des Jahres. Ray und Dave Davies, sowie Mick Avory sind dann auch für die Auswahl verantwortlich. Im Booklet kann man dann auch viele O-Töne der drei Herren zu den einzelnen Songs nachlesen. Viele Fotos runden das mehr als nett ab. Die ganze Sause wurde übrigens von den Original-Masterbändern remastered!

 

Die Band hatte stets sehr unterschiedliche Songs im Repertoire. Da sind die ruppigen wie „You Really Got Me“ oder „All Day And All Day Night Long“, die mit schepperndem Schlagzeug und Schrammelgitarren wie die Vorreiter der Garagenmusik klingen, aber es gibt ja auch noch psychedelische Nummern wie „Tired Of Waiting For You“ oder „Dandy“. „She´s Got Everything“ mit Klavier und einem drängenden Bass macht auch im Jahr 2023 noch Laune. Zeitlos nennt man das wohl. „I´m Not Like Everybody Else“ ist zwar ein Songtitel, passt aber auch zum Selbstverständnis der Band.

 

The Kinks hatten stets großartige Songs im Katalog. Das ausgefeilte „Dead End Street“ gehört ebenso dazu, wie auch „Schooldays“ oder „Supersonic Rocket Ship“, eine Nummer, die auch aus New Orleans stammen könnte. „Too Much On My Mind“ und das bluesige „Nothin´ In The World Can Stop Me Worryin´ ´Bout That Girl“ haben nichts mehr mit dem Garagenrock zu tun. „Days“ geht dann auch eher in die liebliche Richtung der britischen Bands jener Tage. „Where Have All The Good Times Gone“ erinnert im Gesang an den schnoddrigen Vortag eines Bob Dylan. Mit „Waterloo Sunset“ ist im letzten Drittel natürlich auch wieder ein Überhit vertreten. „Australia“ hat innerhalb der mehr als sechs Minuten viele Wendungen zu bieten und ist ein Ritt auf der berühmten Rasierklinge. Psychedelica, Jazz, Rock – ein ganz bunter Crossoverstrauß hat die Band da zusammengestellt.

 

Mit dem feinsinnigen und klassischen Track „No More Looking Back“ gibt es dann ein paar Minuten Zeit zum Verschnaufen. „Death Of A Clown“ ist natürlich auch ein ganz großes Ding. „Shangri-La“ beendet den Songreigen vorläufig, Part 2 folgt ja noch dieses Jahr. Die Songs wurden übrigens in vier Kategorien unterteilt, die umständlich und lang mit „Lieder über das Mannwerden, die Suche nach Abenteuern, das Finden einer Identität und eines Mädchens“, „Lieder über Errungenschaften, den bitteren Geschmack des Erfolgs, den Verlust von Freunden, die Vergangenheit, die zurückkommt und dich in den Hintern beißt“, „Tage und Nächte einer verlorenen Seele, Lieder des Bedauerns und des Reflektierens über glücklichere Zeiten“ und „Ein neuer Anfang, eine neue Liebe - aber hat man sich wirklich verändert? Immer noch getrieben von der Jagd und den Mädchen“ betitelt wurde. Nun ja…

 

Fazit: The Kinks waren zweifelsohne eine wichtige und tolle britische Band. So mancher Song der Band ist längst zum Klassiker der Musikgeschichte avanciert. Wer von der Band noch nichts in der Sammlung stehen hat, kriegt nun zu deren 60-jährigem Bandjubiläum mit „The Journey“ jede Menge Material geboten, welches mehr als nur einen Überblick gewährleistet. Für Neueinsteiger eine feine Sache, für Komplettisten natürlich Pflicht!

 

https://thekinks.info/

 

Text: Torsten Schlimbach

The Kinks: Muswell Hillbillies/Everybody´s In Show-Biz – Everybody´s A Star

The Kinks: Muswell Hillbillies/Everybody´s In Show-Biz – Everybody´s A Star

BMG

VÖ: 09.09.2022

 

Wertung: 9/12

 

Das Jahr 1971 war für The Kinks, aber auch für die Fans der Band sehr speziell. Mit „Muswell Hillbillies“ wurde das Jahrzehnt für die Kapelle eingeläutet. Es ist in seiner Gesamtheit vielleicht sogar das beste Album der Band. Ein bisschen hat man das auch dem Labelwechsel zu verdanken. Selbiges beharrte nicht mehr – anders als der Vorgänger – auf Hitsingles. Ray Davies konnte sich so endlich dem Album als solches widmen und konzipierte die Songs auch entsprechend. Dave Davies bezeichnet das Werk sogar als eines seiner liebsten, da es auch in gewisser Weise die Geschichte der Familie thematisiert.

 

Zusammen mit „Everybody´s In Show-Biz – Everybody´s A Star“ wird dieses Meisterwerk nun in vielen verschiedenen Konfigurationen neu aufgelegt. Höhepunkt dürfte die üppige Box sein. 6 LPs, 4 CDs, AV Blu-ray, 52-seitiges Buch, gedruckte Bandfotos, Muswell-Karte und einen Anstecker lassen kaum Wünsche offen. Es gibt die beiden Alben natürlich auch auf Vinyl, digital oder als Einzel-CD. Wer sich nicht gleich die teure Box ins Regal stellen möchte, wird mit dem Doppel-Decker der beiden Alben im Mediabook-Format aber sicherlich auch viel Freude haben.

 

Neben der tollen Haptik, mit neuen Fotos und Bandzitaten, gibt es natürlich auch noch weitere Argumente um sich dieses feine Teil zu gönnen. Alle Songs wurden von den Originalspuren neu gemastert! Abgesehen davon gibt es neue Mixe, die Ray Davies höchstpersönlich erstellt hat. Insgesamt erhält man mit 37 Tracks sowieso sehr viel für das Geld! Bei letztgenannter Nummer ist dann auch reichlich viel Kitsch dabei. „Motorway“ kommt da rockiger auf den Punkt. Das lässige „You Don´t Know My Name“ oder „Supersonic Rocket Ship“ sind ebenfalls eine Bereicherung im Backkatalog dieser völlig unterschätzten Band.

 

„20th Century Man“ gibt es in der ursprünglichen Album-Version, aber auch in einem neuen Gewand von Ray Davies. Selbiges gilt auch für „Acute Schizophrenia Paranoia Blues“. The Kinks hatten in dieser Phase sicher genau hingehört was in den USA musikalisch möglich war, aber auch bei den Kollegen der Rolling Stones dürfte mehr als nur ein Ohr riskiert worden sein. Der Bonus-Track „Travelling with My Band“ klingt nämlich ganz deutlich danach. „Holiday“ ist natürlich typisch britisch in der musikalischen Ausarbeitung. Es gibt auch mal den schweren New Orleans-Blues wie bei „Alcohol“. Es schleppt sich – der Thematik - angemessen dahin. „Here Come The People In Grey“ rockt aufgrund der Gitarre aber auch mal lässig daher. „Oklahoma USA“ hingegen kommt mit Pianoklängen ganz fluffig. Der Gesang ist hier übrigens weit hinten im Mix. „Uncle Son“ passt sich musikalisch dem großen, weiten Land an, in dem die Kinks touren sollten: den USA.

 

Hier erschloss sich die Band dann auch ein ganz neues Publikum und unter diesem Eindruck entstand dann auch „Everybody´s In Show-Biz – Everybody´s A Star“. Die schmissige Albumeröffnung „Here Comes Yet Another Day“ rockt dabei noch ziemlich geradeaus. „Unreal Reality“ mit Trompete und die Ballade „Sitting In My Hotel“ wurden sogar zu heimlichen Fanlieblingen. Die Live-Aufnahmen die nach hinten raus folgen – übrigens aufgenommen am 3. März 1972 in der Carnegie Hall in New York – sind soundtechnisch und von der Darbietung ein Gedicht. Und ja, hier gibt es auch „Lola“. Mit Publikumsgesang. „Gelluloid Heroes“ ist der Rausschmeißer der beiden Scheiben.

 

Fazit: „Muswell Hillbillies/Everybody´s In Show-Biz – Everybody´s A Star“ sollte in dieser Kombination in jeder gut sortierten Sammlung stehen. Die Band war frei davon einen Singlehit liefern zu müssen und konnte sich voll und ganz dem Albumkonzept widmen. Die Haptik stimmt auch und die Fülle an Material ist sowieso auch in der Qualität gut bis sehr gut. So langsam nähern wir uns ja auch dem Weihnachtsfest, falls schon mal Geschenkideen benötigt werden.

 

https://www.thekinks.info/latest/muswell-showbiz/?returnpage=/

 

Text: Torsten Schlimbach

The Kinks: Lola Versus Powerman And The Moneygoround, Part One (50th Anniversary)

The Kinks: Lola Versus Powerman And The Moneygoround, Part One (50th Anniversary)

BMG

VÖ: 11.12.2020

 

Wertung: 11/12

Tipp!

 

Beatles oder Stones? Stones oder Beatles? Darum kreist doch im Rockgeschäft immer noch alles. Es gibt aber auch genug Menschen, die aus vollem Herzen mit die Kinks antworten würden. Die Band um das Brüderpaar Dave und Ray Davies, welcher übrigens gerade seinen 70. Geburtstag gefeiert hat, sind für viele die wahren Könige! Warum dies so ist, kann man nun anhand einer groß angelegten Veröffentlichungsoffensive überprüfen. Die Kinks Reissue-Kampagne würdigt die Band, die gerade bei der jüngeren Generation in Vergessenheit geraten ist, erneut auf wundervolle Art und Weise. Der 50igste Geburtstag wird mit verschiedenen Konfigurationen des Albums gefeiert.

 

Exklusiv im Boxset enthalten: Neue Medleys mit Ray & Dave Davies in einem intimen Gespräch in Rays Küche sowie neun neue Ray Davies-Remixe und Outtakes aus den Original-Tapes der Session, bisher unveröffentlichte Session- und Live-Tapes, Instrumental- und Akustikversionen, bisher unveröffentlichte Demos und BBC-Material. Die Tracklist wurde von Ray Davies höchstpersönlich zusammengestellt und produziert.

 

Überhaupt ist das Gesamtpaket schon sehr nett. Neben den Mono- und Stereoaufnahmen der Songs wurden die Tonträger nämlich auch noch mit reichlich Bonusmaterial angereichert und somit werden selbst die Hardcorefans, die vermeintlich schon alles im Schrein stehen haben, hier ein paar Stücke vorfinden, die noch Neuland sind. Schön, dass man da in den Archiven gegraben hat und die Alben so glatt noch mal aufgewertet werden.

 

„Lola Versus Powerman And The Moneyground“ ist ein Album, welches den Weg von The Kinks von England über den großen Teich zeichnet. Hier gibt es definitiv noch Songs die später mal als Inspiration für den Britpop der 90er herhalten mussten – bei einigen dürfte ein gewisser Noel Gallagher genauer hingehört haben – aber auch schon Folk und Country. „Got To Be Free“ und „A Long Way From Home“ gehen ganz deutlich in diese Richtung. „Powerman“ fängt an, als ginge es in die psychedelische Ecke, groovt sich dann aber wie Sau in Richtung Hardrock – zumindest angedeutet. Bei „Rats“ gehen The Kinks sogar noch konsequenter vor.

 

Textlich ist die Platte eine Art bittere Abrechnung mit dem Musikgeschäft und den falschen Freunden. „Denmark Street“ und besonders „Top Of The Pops“ finden da deutlich Worte. Der Überhit „Lola“ ist hier natürlich auch mehrfach vertreten. Zu der ganzen Sause werden dann noch jede Menge Bonussongs gereicht, die mal als Instrumental Demo oder als alternative Version vorliegen. Die Sprachfetzen – beispielsweise bei „Lola“ - lassen den jeweiligen Arbeitsstatus des Songs erahnen.

 

Fazit: „Lola Versus Powerman And The Moneyground“ ist ein tolles Album, welches sich dem Musikgeschäft, dem Erfolg und allen damit verbundenen Nebenerscheinungen satirisch nähert, hin und wieder aber auch bitterböse abrechnet. Die Songs sind sehr vielseitig angelegt und reichen von Britpop, über Hardrock bis hin zum Folk und Country. Dieses Album darf in keiner gut sortierten Musiksammlung fehlen! Angereichert mit reichlich Bonusmaterial ist das eine musikalisches Fest. Demnächst folgen noch weitere Re-Releases von den Kinks!

 

http://www.thekinks.info/

 

Text: Torsten Schlimbach

The Kinks: Are The Village Green Preservation Society

The Kinks: Are The Village Green Preservation Society

BMG

VÖ: 26.10.2018

 

Wertung: 10/12

Tipp!

 

The Kinks sind eine jener Bands, die sträflich unterschätzt und unterbewertet sind. Klar, die Kapelle hat einen guten Namen, aber wenn von den wegweisenden Alben der 60er die Rede ist, dann haben höchstens noch Kenner und Nerds die Kinks auf dem Zettel. Mit „Are The Village Green Preservation Society“ schuf man vor 50 Jahren aber ein Meisterwerk, welches weder Vergleiche mit „Sgt. Pepper“ noch „Pet Sounds“ scheuen muss. Die zwei genannten Alben der Beatles und Beach Boys sind freilich bekannter und haben kulturell ganz sicher die Nase vorne, qualitativ steht „Are The Village Green Preservation Society“ diesen wegweisenden Werken aber in nichts nach.

 

Jetzt wird der 50. Geburtstag von „Are The Village Green Preservation Society“ mit verschiedenen Konfigurationen gefeiert. Fans und Interessierte greifen natürlich zur großen Box, die jede Menge unveröffentlichtes Material, aber auch genug Lesestoff enthält. Das ist alles derart üppig ausgefallen, dass aus dieser Bandphase eigentlich nun nichts mehr in den Archiven schlummern dürfte. Es geht natürlich auch eine Nummer kleiner, die Doppel-CD hat ja auch noch genug zu bieten.

 

Für die Experten ist die Sache klar: „Are The Village Green Preservation Society“ zählt zu den besten britischen Alben, die je veröffentlicht wurden. Das Label sah das seinerzeit wohl nicht ganz so und war enttäuscht, da sich auf dem Album kaum eine Single finden ließ. Darum ging es aber ja auch gar nicht. Ray Davies unterstreicht mit diesen Songs sein großes Songwritertalent. Sein Bruder Dave Davies überzeugt durch filigranes Gitarrenspiel, welches ganz weit weg von den eigentlichen Sounds der 60er ist. Gut, der Blues von „Last Of The Steam-Powered Trains“, der zudem auch noch ein bisschen an Bob Dylan erinnert, ist da die rühmliche Ausnahme.

 

Cembalo, Flöte, Orgel oder Mundharmonika sind, neben den klassischen Instrumenten der Rockmusik, auf diesem Album auch zu hören. Mit „Big Sky“ gibt es dann auch noch eine Art Spoken Word-Performance bevor dies überhaupt erfunden wurde. Selbstverständlich ist der Song trotzdem noch hochmelodisch. Warum man damals keine Single fand, wirft schon Fragen auf. „Picture Book“ ist beispielsweise großartig und würde mit dem richtigen Marketing sogar heute noch erstklassig funktionieren. Davies hatte schon ein ganz feines Händchen für Melodien, Hooklines und Arrangements.

 

Gänzlich anders ist freilich „Sitting By The Riverside“ ausgefallen, ein Lied wie der vertonte Jahrmarkt. Bei „Animal Farm“ meint man die Tiere kommen gleich durch die Boxen der Anlage gekrochen. The Kinks schufen da Bilder – auch musikalisch – die einfach perfekt waren. Besser kann man das Landleben nicht vertonen und zu Papier bringen. Davies hat das fiktive Leben der imaginären Stadt Village Green derart mit Leben gefüllt, dass man meinen könnte, dies wäre die Realität der 60er gewesen. Davies erweist sich hier als feiner Beobachter des Alltags und die Nöte und Ängste sind natürlich schon real. Auch heute noch.

 

Das Original Studio-Album wurde selbstverständlich remastert. Die Bonustracks wie „Lavender Hill“, „Rosemary Rose“ oder „Time Song“ liegen übrigens im Mono Mix vor. „The Village Green Overture“ zum Schluss wertet das als Ganzes noch mal auf. Die Bonustracks sind sowieso eine feine Geschichte und fügen sich perfekt in den Gesamtkontext ein.

 

Fazit: „Are The Village Green Preservation Society” von The Kinks ist eines der Meisterwerke der 60er. Damals wurde das Genie des Albums nicht erkannt. Mittlerweile hat sich das etwas gedreht und das Werk erfährt die Anerkennung, die es verdient hat. Nun wird der 50. Geburtstag gefeiert und jeder ist dazu eingeladen, mit den Kinks und diesem Meisterwerk mitzufeiern!

 

http://www.thekinks.info/

 

Text: Torsten Schlimbach

Kinks: Everybody´s In Show-Biz (Legacy Edition)

Kinks: Everybody´s In Show-Biz (Legacy Edition)

Legacy/Sony

VÖ: 03.06.2016

 

Wertung: 9/12

 

„Everybody´s In Show-Biz“ von den Kinks ist nicht nur ein tolles Konzeptalbum, sondern auch besser als sein Ruf. Warum diese Platte damals so schlecht bei den Kritikern wegkam, ist und bleibt ein Rätsel. Ändern lässt es sich sowieso nicht mehr, konzentrieren wir uns lieber auf die Gegenwart. Jetzt hat man mal in den Archiven gewühlt und noch einige Schätze aus dieser Zeit gehoben. Das von Ray Davies produzierte Album wird nun erneut veröffentlicht und hat zusätzlich noch unveröffentlichte Aufnahmen der Studiosessions, sowie bisher ebenfalls unveröffentlichte Live-Tracks zu bieten. In der Summe kommt man so auf 38 Tracks.

 

In der Vergangenheit wurden die Standards von Legacy schon recht hoch gesetzt und so geht man natürlich mit einigen Erwartungen – gerade was die Aufmachung betrifft - an eine solche Veröffentlichung heran. So natürlich auch hier. Und was soll man? „Everybody´s In Show-Biz“ ist abermals keine Enttäuschung. Das Digipack passt sich selbstverständlich der ursprünglichen Gestaltung an.Die Farben mögen optisch nicht gerade ein Knaller sein, aber das war im Vorfeld ja bekannt. Man hat hier aber ein Booklet beigelegt, welches einiges an Mehrwert zu bieten hat. Viele Fotos dieser Ära dürfen da bewundert werden. Ebenso wurden die Texte der Songs abgedruckt und zum Schluss werden auch noch die rudimentären Informationen zu den einzelnen Tracks abgebildet. Sehr ausführliche Liner Notes von David Fricke sind das Sahnehäubchen obendrauf.

 

Angeblich war ja selbst Ray Davies mit diesem Konzeptalbum nicht zufrieden und sagte einmal, dass die Kinks zu dieser Zeit besser eine Pause eingelegt hätten. Die Aufteilung in Studio- und Livesongs war und ist ungewöhnlich, klar. Die Hochs und Tiefs des Tourlebens werden mit Everybody´s In Show-Biz beleuchtet. Und wer kennt das besser als die Kinks? Jetzt kann man das alles noch mal in voller Pracht erleben und hören.

 

Natürlich hat dieses Werk aus musikalischer Sicht Licht und Schatten zu bieten. Das haut nicht alles hin, auf der anderen Seite gibt es aber eben auch ein paar Nummern, die mit zum Besten gehören, was die Kinks je gemacht haben. Handwerklich ist das sowieso ganz formidabel umgesetzt worden. Ray Davies, sein Bruder Dave an der Gitarre, Bassist John Dalton, Keyboarder John Gosling und Drummer Mick Avory wurden von der Bläsersektion Mike Cotton (Trompete), John Beecham (Posaune) und Alan Holmes (Saxophon/Klarinette) unterstützt. Insofern sind die Songs dann teilweise auch nicht mehr britisch. „Maximum Consumption“ oder „Unreal Realtiy“ passen wesentlich besser nach New Orleans.

 

Das entspannte „Hot Potatoes“ ist sowieso eine Sternstunde und mit „Celluloid Heroes“ ist auch ein Bandklassiker enthalten. Die Ballade „Sitting In My Hotel“ ist kompositorisch ebenfalls ganz großes Kino. Schon alleine für diese beiden Songs muss man dieses Album lieben.

 

Die Live-Aufnahmen setzen sich aus Ausschnitten des Konzerts aus der Carnegie Hall vom März 1972 zusammen. Der Sound ist recht gut und von „Top Of The Pops“ über „Alcohol“, „Skin And Bones“ bis zum unvermeidlichen „Lola“, welches wunderbar vom Publikum getragen wird, reicht da die Auswahl. Auf der zweiten CD gibt es nun noch mehr Livematerial zu hören. „Til The End Of The Day“ ist dabei gleich ein Knallereinstieg. Das bassgetriebene „You´re Looking Fine“ erfreut ebenfalls das Herz. Insgesamt zeigen diese Versionen, dass die Kinks eine sehr gute Rockband waren. Da darf auch mal ein folkinfiziertes Stück wie „Get Back In Line“ sein, welches dann durch das Keyboard auch noch mal an Fahrt aufnimmt. „Brainwashed“ ist ja sowieso eine Bank. Der famose Sound ist dann allerdings doch überraschend. Alternative Studioversionen von „Supersonic Rocket Ship” und „Unreal Reality” runden das sehr schön ab. Der Outtake von „History“ wird sogar zum ersten Mal veröffentlicht.

 

Fazit: „Everybody´s In Show-Biz“ von den Kinks ist wesentlich besser als sein ramponierter Ruf. Auf dem Album sind schon einige Perlen zu finden. Es glänzt zwar nicht alles, aber so richtig für die Tonne ist das dann auch nicht. Das Niveau der Kinks war eben immer derart hoch, dass schwächere Songs eben heftiger ins Kontor schlugen. Die Live-Aufnahmen wurden nun auf einer zweiten CD erweitert und auch die Outtakes aus dem Studio üben durchaus ihren Reiz aus. Die Aufmachung ist auf gewohnt hohem Niveau.

 

http://www.thekinks.info/

 

Text: Torsten Schlimbach

The Kinks: Phobia

The Kinks: Phobia

Sony

VÖ: 02.01.2015

 

Wertung: 8/12

 

The Kinks zählten einst zu den besten und innovativsten britischen Bands überhaupt. Der Erfolg der Band nahm zwar nicht solche Ausmaße an, wie man es von anderen Kapellen aus UK kennt, aber doch verlief ihre Karriere nicht schlecht und die Davies Brüder waren eine Art Blaupause für die Gallaghers. The Kinks konnten immerhin einige Klassiker der Musikgeschichte landen, die auch in vielen Jahrzehnten immer noch gehört werden. Vom Album „Phobia“ ist da mit Sicherheit nichts dabei. Die Platte erschien 1993 und da interessierte sich für die Relikte aus der Vergangenheit schon keiner mehr. Auch die neuerliche Veröffentlichung wird wenig daran ändern.

 

Es ist ja fast schon kurios, dass „Phobia“ in der alternativen Indiebewegung der 90er unterging. Die Songs auf diesem Album sind vertrackt, grooven und lärmen. Dabei folgen die Kinks keinem herkömmlichen Schema und hätten somit eigentlich bestens – von ein paar Ausfällen abgesehen – vorzüglich in diese Zeit gepasst. Jetzt könnte man ja anführen, dass die Herren damals einfach schon zu alt waren und man sich lieber an den jungen Wilden orientierte, aber ein Neil Young wurde ja plötzlich auch wieder von einem jungen Publikum goutiert.

 

Jetzt also die Neuauflage. „Wall Of Fire“ beginnt wie ein rockiger Song von Tom Petty & The Heartbreakers. Auch von der Interpretation des Gesangs ist das teilweise ähnlich angelegt. „Drift Away“ kommt sogar im unkonventionellen und knackigen Hardrockgewand daher, nur um dann im Refrain die Popschiene zu bedienen. „Still Searching“ verklebt einem allerdings die Boxen – der vertonte Kitsch im Altherrengewand. Der Titelsong pumpt und walzt alles nieder, hat aber auch ein paar Glam-Anleihen zu bieten, die Queen nicht unähnlich sind. Dann wird zwischendurch Tempo und Rhythmus geändert und damit unterstreichen The Kinks noch mal ihre Brillanz. „Only A Dream“ ist auch so eine Nummer, die eigentlich großartig in den Strophen an Lou Reed angelehnt ist. Eigentlich, denn dieser furchtbare schmalzige Refrain macht wieder alles zunichte.

 

Erst mit dem schmissigen „Babies“, welches an The Who erinnert, wird es wieder besser. „Over The Edge“ ist leider ein weiterer Tiefpunkt des Albums, furchtbarer und einfallsloser Pop. „It´s Alright (Don´t Think About It)“ lässt dann aber noch mal das Hardrockpferd von der Leine. Gut so! Der nächste Kitsch kommt ja bestimmt. Mit „The Informer“ schneller wie gedacht. Chris Norman ist da nicht mehr weit entfernt. Himmel. „Hatred (A Duet)“ wird von Ray und Dave Davies als Duett vorgetragen. Schnörkellos und auf den Punkt ist das eine schöne Punkrocknummer. „Somebody Stole My Car“ surft erneut auf der Lou Reed Schiene, während „Close To The Wire“ eher die Mark Knopfler-Ecke bedient. „Scattered“ ist zum Schluss wenig spektakulär, da ist der Bonustrack „Did Ya“ schon gehaltvoller.

 

Fazit: The Kinks haben sich zwar nie offiziell aufgelöst, aber die Band dürfte wohl keine Fortsetzung mehr erfahren. „Phobia“ ist somit das letzte Vermächtnis der Band. Es ist ein gutes, letztes Album mit einigen Durchhängern oder anders formuliert: die Platte ist um drei bis vier Songs zu lang. Ansonsten gibt es hier gepflegten, rotzigen Rock, der auch gut in die erste Hälfte der 90er passte, aber keinen interessierte. Sei es drum, wer das Album bisher nicht auf dem Radar hatte, kann diese Wissenslücke nun schließen.

 

http://www.thekinks.info/

 

Text: Torsten Schlimbach

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