The Joy Formidable: Wolf´s Law

The Joy Formidable: Wolf´s Law

Warner

VÖ: 18.01.2013

 

Wertung: 10/12

Tipp!

 

Teile von Deutschland hat der Winter momentan fest im Griff. Der Verkehr kommt immer wieder zum Erliegen und wenn man die einschlägigen Einträge in Foren und den sozialen Medien liest, dann scheint sich keiner so richtig über die weiße Pracht zu freuen. Bleibt doch einfach mal zu Hause und nutzt die Zeit. The Joy Formidable zeigen doch wie man das ganze Chaos in Kreativität ummünzen und etwas sinnstiftendes entstehen lassen kann. Ritzy Bryan (Lead Vocals, Gitarre), Rhydian Dafydd (Bass, Backing Vocals) und Matt Thomas (Drums, Percussion) sind für die Aufnahmen des zweiten Albums nämlich in eine Hütte gezogen. Die befand sich in Portland, Maine und der Schnee soll sich draußen bis an die Dachrinne gestapelt haben. Da ein Kontakt zur Außenwelt so kaum möglich war, mussten sich die neuen Helden am Indiehimmel fast schon zwangsläufig mit der eigenen, neuen Musik beschäftigen.

 

„Wolf´s Law“ ist nun das Ergebnis und es darf nun munter spekuliert werden, welche Teile der Platte denn unter direktem Einfluss der Naturgewalten entstanden sind. Die Anfänge wurden übrigens in der walisischen Heimat auf den Weg gebracht. Wer jetzt eine laue Fortsetzung von „The Big Roar“ erwartet, sollte seine Lauscherchen ganz weit aufsperren! Das neue Werk ist anders. Es ist gar eine ganze Ecke spröder und nicht so griffig. Die Hitqualitäten liegen dabei eher im Verborgenen. „Bats“ hätte das Potenzial, aber da kommt auch gleich die Einschränkung, denn wer nicht mit dem Alternativ- und Indierock der 90er aufgewachsen ist, wird damit vermutlich einige Mühe haben.

 

Das süßliche „Silent Treatment“ erinnert gar an die famosen Cibo Matto. Wie Zucker geht die Nummer runter und macht vermutlich genau so süchtig. Und dann? Dann knallen die mal eben den Stampfer „Maw Maw Song“ raus. Der Bass pumpt und pumpt und pumpt. Dazu gesellen sich Soundflächen, die klar wie ein Bergfluss sind. Mittendrin wird das Tempo plötzlich in eine ganz andere Richtung gesteuert. Diese Brüche machen die Musik von The Joy Formidable so spannend. Dekonstruktion ist natürlich immer noch das liebste Spielzeug der Band. Das fängt schon mit dem wahnwitzigen Auftakt bei „This Ladder Is Ours“ an. Die Ouvertüre führt einen noch auf die falsche Fährte, nur um sich im nächsten Moment in den Song zu werfen, als würde die Sonne nie mehr untergehen. Dazwischen wird das Tempo immer wieder gedrosselt, angezogen und in einem Refrain gebündelt, als hätte es die Beatles nie gegeben.

 

„Cholla“ hingegen ist ein angriffslustiges, kleines Stück. The Joy Formidable beherrschen die einfachen Dinge derart mitreißend wie kaum eine andere Band auf diesem Gebiet. Die langsameren und ruhigeren Stücke überzeugen mit Melodien, die einem ein Lächeln auf die Lippen zaubern – einfach so. Ist „Tendons“ nicht großartig? Mit all seiner schönen Einfachheit? Gut, „Forest Serenade“ ist nur ein verhältnismäßig normaler Song. Unspektakulär zudem. Aber was heißt das schon? Zum Kaffeeklatsch mit der Oma wird dieser wohl kaum im Hintergrund laufen. Die Hymne „The Leopard And The Lung“ reißt es mit all seiner Opulenz ja wieder raus. „The Hurdle“ entpuppt sich anschließend fast als Pophit – aber wirklich nur fast! Und zum Schluss? Da gibt es die ganz große Oper! „The Turnaround“ breitet sich über neun(!) Minuten in all seiner epischen Pracht aus. Was für ein Ausrufezeichen zum Schluss!

 

Fazit: Mit „Wolf´s Law“ ist The Joy Formidable das schwierige zweite Album vollends geglückt! Ganz egal ob man dafür die Shoegazing-Schublade öffnen möchte, das unter New Wave verbucht oder gar in der Grunge-Abteilung einsortiert - The Joy Formidable setzen sich zwischen alle Stühle und legen einfach so eine mitreißende Indie-Platte vor. Offenbar haben sich die drei Herrschaften die Unbekümmertheit bewahrt, denn nach den ganzen Lobpreisungen, großen Touren und Erfolgen hätte es auch anders kommen können. Frisch, authentisch und ambitioniert – immer noch!

 

http://www.thejoyformidable.com/

 

Text: Torsten Schlimbach

The Joy Formidable: The Big Roar

The Joy Formidable: The Big Roar

Warner

VÖ: 25.02.2011

 

Wertung: 10/12

Tipp!

 

Huch, die Indiewelt hat eine neue Sensation. Unerwartet ist plötzlich Nordwales der Nabel der Musikwelt. Rund um den musikalischen Globus überschlagen sich die Meldungen und die US-Fachpresse ist sich ebenso sicher, wie die Kollegen aus UK: The Joy Formidable ist die Zukunft der Rockmusik. Potzblitz, gehört und gelesen hat man das ja schon öfters, aber das sich wirklich mal alle einig zu sein scheinen, ist doch eher selten und nur den ganz Großen vorbehalten. Groß werden auch The Joy Formidable werden, das ist gar keine Frage. Größe ist ja auch immer Definitionssache. Der überwiegende Teil der Musikwelt wird vermutlich gar keine Notiz von dieser Band nehmen, wer sich aber in Indiehausen heimisch fühlt, wird The Joy Formidable in das Regal mit den Lieblingsbands einsortieren.

 

Die Band hat gleich mehrere Hingucker. Da wäre zunächst die blonde Frontfau Ritzy Bryan, die zu einer neuen Ikone werden könnte. Mit Rhydian Daffyd am Bass haben sie genau den Richtigen gefunden, der dem ganzen Wahnsinn etwas Struktur gibt und über Matt Thomas hinter Schießbude erzählt man sich sowieso Wunderdinge. Ein wahres Tier sei Thomas. Man zieht schon Vergleiche zu Keith Moon und Dave Grohl heran.

 

Das Debütalbum „The Big Roar“ beginnt dann auch gleich mit einem Ausrufezeichen. Wer das fast acht Minuten Stück „The Everchanging Spectrum of A Lie“ direkt an den Anfang setzt, muss schon einigermaßen verrückt und selbstbewusst sein. Zwischen süßlichem Gesang und brachialem Ausbruch wechselt die Nummer die Stimmungen. Das hat definitiv ordentlich Dampf auf dem Kessel. Dies ist aber nur der Auftakt zu einem Höllenritt. Wie Derwische fegen The Joy Formidable durch dieses Album. Thomas spielt sich bei „The Magnifying Glass“ in einen wahren Rausch. Das geht voll auf die Zwölf und ist doch extrem melodiös und charmant. Mit voller Hingabe fegt die Band durch dieses Album. Das wirkt zunächst unstrukturiert, aber je öfters man sich „The Big Roar“ zu Gemüte führt, umso mehr wird klar, dass das alles Sinn ergibt. Die poppigen Strukturen kann ein Stück wie „I Don´t Want To See You Like This“ jedenfalls nicht verleugnen. Eingepackt in ein schönes krachledernes Gewand macht das gleich doppelt Spaß.

 

„Austere“ führt den Wahnsinn fort, den die famosen Yeah Yeah Yeahs in ihren Anfängen ebenfalls reichlich zu bieten hatten. „A Heavy Abacus“ und „Whirring“ unterstreichen nachhaltig den Anspruch auf den Indiethron 2011! The Joy Formidable klingt mitunter so, als hätten die Breeders zu ihren besten Zeiten ein Album mit den Yeah Yeah Yeahs der Anfangstage aufgenommen. Mit „Cradle“ befindet sich sogar ein waschechter Hit für die Indiedisco von nebenan auf „The Big Roar“. Die Überraschungsmomente auf diesem Album sind immer wieder schön. „Llaw=Wall“ fängt wie ein Song von R.E.M. an und entwickelt sich dann in Richtung Hüsker Dü. Diese Vergleiche sollen aber lediglich einer Orientierung dienen, denn letztlich haben The Joy Formidable einen eigenen, frischen Stil.

 

Fazit: „The Big Roar“ von The Joy Formidable dürfte dieses Jahr ein Höhepunkt auf dem Indiesektor darstellen. Diese drei Individuen zaubern hier Songs auf das Parkett, die man gerne in sein Herz schließt. Das klingt frisch, authentisch und ambitioniert. Nichts, was man noch nicht gehört hätte, aber trotzdem hat die Band einen ganz eigenen Drive und funktioniert nach eigenen Gesetzen. Es klingt unstrukturiert, ist es aber gar nicht. Krach kann doch so schön sein!

 

http://www.thejoyformidable.com/

 

Text: Torsten Schlimbach

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