Rufus Wainwright: Out Of The Game

Rufus Wainwright: Out Of The Game

Decca Recirds/Universal

VÖ: 20.04.2012

 

Wertung: 10/12

Tipp!

 

Mehr! Mehr von allem! Mehr Pathos! Mehr Bombast! Mehr Soul! Mehr Oper! Mehr Croonertum! Mehr Easy Listening! Mehr Pop! Mehr Musical! Mehr Theatralik! Mehr Drama! Mehr Rufus Wainwright! Mehr! Mehr! Mehr! „Out Of The Game“ ist ganz sicher alles, aber unter Garantie nicht in kleinen Dimensionen gedacht. Rufus Wainwright will mit dieser Platte alles vereinen und sich so ganz locker auf den vakanten Thron des Pops empor schwingen. Das sollte ihm spielerisch gelingen. Ist nur die Frage, ob er das überhaupt noch will und ob er sich mit solchen Nichtigkeiten überhaupt noch zufrieden geben kann. Ist das nicht eigentlich eine Beleidigung für sein Talent? Rufus Wainwright schwebt doch mittlerweile in ganz anderen musikalischen Sphären und kann auch ganz locker das Universum beherrschen.

 

Rufus Wainwright hat in seiner Karriere eigentlich schon alles gemacht, den Fuß in die Poptür hat er trotzdem nie so richtig bekommen oder gesetzt. Dies ist mit „Out Of The Game“ nun gänzlich anders. Daran dürfte der Produzent der Stunde einen großen Anteil haben. Vermutlich ist der Einfluss von Mark Ronson größer, wie man zunächst vermuten würde. Wainwright sagt ja nicht umsonst, dass dies die poppigste Platte seiner bisherigen Laufbahn ist. Stimmt!

 

Dass Martha Wainwright auf diesem Album vertreten ist, dürfte wenig überraschen. Auch die Beteiligung seines Freundes Sean Lennon ist ja irgendwie schon naheliegend. Mit Nels Cline von Wilco, Nick Zinner von den Yeah Yeah Yeahs und Andrew Wyatt von Miike Snow hat er aber auch noch anerkannte Größen aus der Indiekiste hervorgezaubert. Das liest sich natürlich schön und ein jeder hat dieses Album auf seine Weise veredelt. Und trotzdem ist dies einzig und alleine die große Rufus Wainwright Show! Und diese Show ist für manch einen deutlich zu opulent und einfach mit zu vielen Pinseln angestrichen. Natürlich kann der gute Mann auch bei diesem Album seine Finger nicht von komplexen Dingen lassen und wenn eine Partitur seiner Popvision zuträglich ist, dann wird das auch in die Tat umgesetzt. Wem da der Kopf raucht muss sich nicht grämen. Der operettenhafte Schwanengesang von „Montauk“ ist eben auch schwer verdaulich – trotz all seiner Schönheit!

 

Der gute Rufus ist aber auch ein Fuchs. Mit dem Titelstück „Out Of The Game“ lockt er den Hörer nämlich ganz langsam an. Das könnte auch von den famosen The Divine Comedy sein. Die Theatralik ist dort ja auch ein immer wieder gern genommenes Stilmittel. Ansonsten ist dieses Album ziemlich retro. 70er Jahre Bombast regiert hier. An „Bitter Tears“ wird sich Freddie Mercury oben auf seiner Wolke sicher noch viele Stunden erfreuen. Überhaupt gibt es viel Bowie, T-Rex, Elton John in seiner bunten Phase und ein ganz kleines bisschen 80er Jahre Michael Jackson Pop.

 

In kleinen Dimensionen denken ist nicht die Welt des Kanadiers. Die Musical-Anleihen von „Welcome To The Ball“ und „Perfect Man“ unterstreichen sein ganzes künstlerisches Selbstverständnis. Er kann sich aber auch ganz klein machen, wie beim fast schon spärlichen instrumentierten und sich langsam dahinschleichenden walzerartigen „Respectable Dive“. Und dann croont er doch wie ein Frank Sinatra los. Die Stimmlagen mögen zwar keine Gemeinsamkeiten ausweisen, die Intonation ist aber ähnlich. Der Pop ist auf diesem Album auch nie gewöhnlich, wenn schon, dann muss es mindestens so verspielt wie bei „Jericho“ sein.

 

Wer sich bei „Out Of The Game“ immer noch auf die Spurensuche und die Handschrift von Mark Ronson macht, wird beim beatlastigen „Bitter Tears“ noch am ehesten fündig werden. Beim orchestralen „Barbara“ - übrigens mit wunderschön flirrenden Gitarrenklängen – hat er sich aber ganz sicher auch ordentlich ausgetobt. Ach, und zur Überraschung aller liefert Rufus Wainwright mit „Sometimes You Need“ eine ziemlich geerdete Ballade ab. Tja, da guckt man aber!

 

Fazit: „Out Of The Game“ von Rufus Wainwright ist zwar das poppigste Album seiner Karriere, wird aber aufgrund seiner Opulenz viele verschrecken. Mit Kleinigkeiten hält sich der Kanadier nur ungern auf. Er denkt immer in großen Dimensionen und es darf gerne etwas Mehr sein! Wer sich allerdings in diese Platte reinfuchst, hat für die nächste Zeit genug damit zu tun alles zu entdecken. Die volle Schönheit erschließt sich erst nach und nach. Der Popthron ist ab jetzt wieder besetzt!

 

http://www.rufuswainwright.com/

 

Text: Torsten Schlimbach

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