Phoenix: Bankrupt!

Phoenix: Bankrupt!

Warner

VÖ: 19.04.2013

 

Wertung: 7,5/12

 

Was macht eine Band wenn sie alle Ziele erreicht hat? Phoenix mussten sich zwangsläufig dieser Frage stellen. Mit „Wolfgang Amadeus Phoenix“ räumten sie auf ganzer Linie ab und Kritiker und Fans zeigten sich gleichermaßen begeistert. Einen Grammy gab es noch obendrauf und eine erfolgreiche Tour führte sie durch alle möglichen Länder, Konzerthallen, Festivals, Zelte und schließlich bis nach New York. New York, genauer gesagt Manhattan, war dann auch der Ausgangspunkt für „Bankrupt!“. Eine lange Reise stand Phoenix aber noch bis zum fertigen Album bevor.

 

Zunächst experimentierte die Band drei Monate herum. Als Nebeneffekt stellte sich eine neue Liebe zur eigenen Heimat ein. Man könnte auch sagen, dass die Sehnsucht nach Frankreich groß war, gemeinhin auch als Heimweh bezeichnet. Nach Abschluss der New Yorker Sessions hatten die Bandmitglieder einstweilen genug von Phoenix und verabschiedeten sich in alle möglichen Teile der Welt. So ganz ohne Arbeit ging es dann aber doch nicht und die modernen Kommunikationsmittel unserer heutigen Zeit ermöglichen es ja trotzdem weiter gemeinsam zu arbeiten ohne dabei wirklich in einem Raum sein zu müssen. Im Frühjahr 2011 kamen aber alle wieder zusammen und setzten die Aufnahmen im Studio d´Herbécourt in Paris fort. Ende 2012 wurde von Philippe Zdar beim Mixing schließlich alles in trockene Tücher gebracht.

 

Es war also eine langer Weg von „Wolfgang Amadeus Phoenix“ zu „Bankrupt!“. Dieser hat fast vier Jahre gedauert und das hört man nun auch. Eigentlich haben diese beiden Alben nichts miteinander zu tun. Die Stimme sorgt noch für einen gewissen Wiedererkennungswert und einige bekannte Sounds kann man hier und da ausmachen, aber im Grunde sind diese beiden Platten in unterschiedlichen Universen angesiedelt. Dies ist insofern erstaunlich, da es auch auf dem neuen Werk wieder jede Menge Synthies gibt und die Indie-Electro-Schiene wird weiter bearbeitet. So sind ja schon eine ganze Menge Pop-Perlen aus dem Hause Phoenix hinaus in die Welt getragen worden. „Bankrupt!“ gelingt dies nur ganz, ganz selten.

 

Die Mixtur scheint diesmal leider etwas zu überambitioniert zu sein. Die treibenden Rhytmen gibt es seltener, dafür wurde noch mehr Zucker über die Songs geträuftelt. Die Sounds sind aber nicht mehr ganz so zugänglich, aber je tiefer man gräbt, umso weniger findet man. Und die Holzhammermethode, mit der die Single „Entertainment“ mit asiatischen Klängen versehen wurde, funktioniert auch nur bedingt. Die Four-to-the-Floor Bassdrum beim Titelstück „Bankrupt!“ dürfte von Ideengeber Philippe Zdar stammen – rettet aber auch nur wenig. Phoenix verabschieden sich hier in Richtung Deutschland und Krautrock.

 

Thomas Mars, Deck d'Arcy, Laurent Brancowitz und Christian Mazzalai haben sich vermutlich zu viele Gedanken gemacht und dann fehlt es einfach an der Portion Leichtigkeit, die das bisherige Schaffen ausgezeichnet hat. Das luftige „Trying To Be Cool“ erreicht noch am ehesten diese wohlige Prise und ist dem Funk nicht unähnlich. Was gibt es noch? So ein bisschen Filmmusik gefällig? „Bourgeois“ dürfte da genau richtig kommen. „Chloroform“ ist ebenfalls ganz fluffig und der gefällig Beat kommt auch ganz nett. Leider erreicht das aber zu keiner Zeit die Klasse früherer Tage. Die Hipsterlokalitäten werden es allerdings lieben. Der Name Phoenix hat eben immer noch einen besonderen Klang und die Musik kann wunderbar im Hintergrund laufen. Kollateralschäden sind da ganz sicher nicht zu befürchten. Zu einen früheren Karrierzeitpunkt hätte die Band ein Stück wie „Don´t“ ganz sicher nicht so überladen.

 

Fazit: „Bankrupt!“ ist kein schlechtes Album, nur leider auch zu verkopft und mit Ideen überfrachtet. Die Leichtigkeit der Vorgänger geht diesem Werk komplett ab. Einfach mal laufen lassen geht im Hause Phoenix wohl nicht mehr. Vielleicht wurde auch zu viel Zeit darauf verwendet an den Ideen bis in kleinste Detail zu arbeiten. Als Soundtrack für den Sommer taugt das natürlich immer noch – irgendwie.

 

http://www.wearephoenix.com

 

Text: Torsten Schlimbach

Phoenix: Wolfgang Amadeus Phoenix

Phoenix: Wolfgang Amadeus Phoenix

Universal

VÖ: 22.05.2009

 

Wertung: 10:12

Tipp!

 

Mittlerweile sind seit dem großartigen Album „It´s Never Been Like That“ der Pariser Band Phoenix auch schon wieder drei Jahre vergangen. Fans und Kritiker dürfen sich nun die Finger nach „Wolfgang Amadeus Phoenix“ lecken. Die ganz eigene Note der Franzosen hat man irgendwie im breiten Feld des Indiepop vermisst. Nun wird alles gut. Phoenix sind zurück und brauchen nur zehn Songs um den Zuhörer wieder zu verzaubern. Die magische vierzig Minuten Grenze wird dabei freilich nicht überschritten. Macht nichts, denn hier wird alles gesagt, was es zu sagen gibt. Besser auf den Punkt gebracht, denn irgendwelche Längen eingebaut – genau so liebt man Phoenix.

Phoenix sind aber auch verdammte Bastarde. Sie locken einen immer wieder auf die falsche Fährte. Oberflächlich betrachtet hat man immer den Eindruck, dass ihre Songs recht simpel gestrickt sind. Das täuscht! Es passiert auf der gesamten Scheibe derart viel, dass es immer wieder etwas zu entdecken gibt.
Der Auftakt mit „Lisztomania“ hat in dieser Hinsicht so einiges zu bieten. Fast schon unverschämt viele Tempowechsel gibt es hier auf die Ohren. Fällt bei dieser Tanznummer kaum auf, da diese ordentlich nach vorne peitscht. „1901“ setzt da glatt noch ein Pfund drauf. Zwischen Indiegeschrammel und sehr schönen Soundflächen entwickelt der Song glatt Hymnenpotenzial. Und gerade noch denkt man, dass es ja jetzt wohl nicht mehr besser werden kann und dann hauen Phoenix mit „Fences“ einen solchen Knaller raus. Falsettgesang ist ja meist recht nervig – hier sind diese Passagen das Salz in der Suppe. Willkommen unter der Discokugel!
Zeit zum durchatmen? Gibt es nicht! Auch der instrumentale Ohrenschmaus „Love Like A Sunset Part I“ besticht durch einen tollen Aufbau. Sphärische Computer-Klanglandschaften geben sich die Klinke mit organischen Instrumenten die Hand, nur um dann miteinander zu verschmelzen. Puh, was für ein Ohrenorgasmus. Jener mündet direkt in „Love Like A Sunset Part II“, der die beiden Teilen ganz langsam ausklingen lässt.
Dafür stampft „Lasso“ wieder ganz schön treibend durch die Gehörgänge. Herrlich! Irgendwie haben sämtliche Songs eine melancholische Grundnote und trotzdem hat man das Gefühl, hier scheint einem jedem die Sonne aus dem Popo. Ein kurioses Sommeralbum, welches sich aber auch gut zu allen anderen Jahreszeiten hören lässt. Aber wir schweifen ab, zurück zu „Rome“, welches abermals mit einem tollen Songaufbau besticht, insgesamt aber etwas weniger tanzbar erscheint und langsamer um die Ecke kommt. „Countdown“ klingt wie die Quintessenz dessen, was Phoenix auf diesem Album ausmacht. Und dann passiert es doch noch: „Girlfriend“ ist ziemlich langweilig. Dies gilt allerdings ausschließlich für diese Scheibe hier, denn auf jedem anderen Album wäre das sicher ein Höhepunkt, aber auf „Wolfgang Amadeus Phoenix“ fällt die Nummer doch etwas ab. „Armistice“ lässt das Album dann noch mal in schnelleren Gewässern recht solide ausklingen.
Fazit: Schön, dass Phoenix der Welt ein neues Album schenken. Der Indiepop von „Wolfgang Amadeus Phoenix“ dürfte zu einem der musikalischen Höhepunkte des Jahres 2009 gehören. Diese unverschämten Melodien gehen einem den ganzen Tag nicht mehr aus dem Kopf. Chapeau!
http://www.wearephoenix.com

Text: Torsten Schlimbach


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