Pete Townshend: Who Came First (Deluxe Edition)

Pete Townshend: Who Came First (Deluxe Edition)

Universal

VÖ: 20.04.2018

 

Wertung: 8,5/12

 

1972 wandelte Pete Townshend abseits von The Who auf Solopfaden. Mit „Who Came First“ erschien sein erstes Soloalbum. Manches sollte man später in anderer Form bei The Who erneut zu hören bekommen. Die Stimme von Townshend ist aber gänzlich anders als die von Daltrey, aber das ist nicht der alleinige Unterschied. Die Titel sind teilweise anders arrangiert und auch zurückgenommener, gar leiser. Man höre sich da nur „Pure & Easy“ an. Es gibt sogar Fans und Kritiker, die diese Version hier bevorzugen. Das Album kam in der Vergangenheit ja immer mal wieder zu neuen Ehren, jetzt ist es wieder so weit. Das Album wurde von John Astley, einem Wegbegleiter über viele Jahre von Pete Townshend, remastert.

 

Zunächst fällt natürlich die Optik ins Auge. „Who Came First“ liegt nun in der Deluxe Edition tatsächlich in einem größeren Format vor. Das Digipack wird noch von einem Pappschuber geschützt. Pete Townshend hat für diese Veröffentlichung einen neuen Begleittext geschrieben. Ebenso hat man das Originalposter von 1972 beigelegt. Ehrlicherweise muss man aber auch sagen, dass das nur der Vollständigkeit dient, denn das Ding wird sich kaum einer aufhängen oder weitere Bedeutung beimessen. Ein 24-seitiges Booklet mit seltenen Fotos von Meher Baba und Pete Townshend in seinem Studio rundet das schließlich ab.

 

Auf einer zweiten CD gibt es dann jede Menge Bonusmaterial, welches entdeckt werden möchte. Siebzehn Songs hat man auf den Silberling gepackt. Das alles ist aber nur für Fans und Sammler interessant. Die alternative Version von „Parvadigar“ zieht sich über sieben Minuten beispielsweise wie Kaugummi. Das Instrumental von „Baba O´Riley“ ist gar mehr als neun Minuten lang. Das knallt zu Beginn zwar ganz schön, mäandert aber im Mittelteil auch noch recht ziellos dahin. Das 2017 Remaster von „The Seeker“ - übrigens ein Edit – ist da schon spannender. Bei bestem Sound ist die Akustikgitarre zunächst ein Genuss, bis es dann elektrischer wird. Der Gesang ist etwas windschief, aber das macht es sogar noch spannender.

 

„Day Of Silence“ ist psychedelisch angehaucht, kriegt durch die Harmonika aber auch eine sehnsuchtsvolle Note verliehen. Schön ist das entspannte Folkstück „Sleeping Dog“ - ebenfalls ein Remaster von 2017. „Mary Jane“ - ein alternativ Take – zeigt, dass auch eine Akustikgitarre rocken kann. „I Always Say“ ist natürlich von den großen Meistern inspiriert. „Hoochie Coochie Man“ dürfte hierfür Pate gestanden haben. Dann hat man noch Raritäten wie den unvollständigen Take von „Nothing Is Everything (Let´s See Action)“ auf die CD gepackt. Ein sehr cooles Ding! Mit „Drowned“ gibt es auch eine live gespielte Aufnahme von 76 zu hören. „Evolution (Stone)“ ist eine weitere Liveaufnahme, entstanden 2004 während des Memorial Concert für Ronnie Lane.

 

Das eigentliche Album - „Who Came First“ - klingt aufgrund des Remaster richtig frisch - ohne dabei seine Identität zu verlieren. Und Townshend hört sich regelrecht fröhlich an – sowie bei „Pure & Easy“. „Evolution“ sollte man aufgrund des Akustikgitarrenspiels schon kennen. Gesanglich imitiert Townshend Dylan. Die Nummer klingt ja sowieso wie ein Folkstück vom guten Bob. Die gute Laune, die Townshend da kurzfristig an den Tag legte, ist vermutlich auch auf seinen Guru Meher Baba zurückzuführen. Das ganze Album ist ja im Grunde ihm gewidmet oder zumindest davon inspiriert. Indische Klänge waren damals ja auch schwer angesagt und so halten diese auch immer mal wieder Einzug in den britischen Blues und geben dem Ganzen eine psychedelische Note, wie bei „Forever´s Not Time At All“. „(Nothing Is Everything) Let´s See Action“ hat dafür ordentlich viel Rock zu bieten, während „Time Is Passing“ wie ein Hippie-Song angetanzt kommt. Eigentlich war die Zeit dafür ja längst vorbei. „There´s A Heartache Following Me“ war angeblich das Lieblingslied von Meher Baba. Die Nummer ist schon sehr kitschig. Mit deutschem Text würde man das unter Schlager verbuchen. „Sheraton Gibson“ ist dafür ein ganz famoses, typisches Britpopstück – auch, wenn das damals noch nicht so genannt wurde. „Content“ und besonders „Parvadigar“ sind spirituelle Hymnen, die auch ein Spiegelbild ihrer Zeit sind – das sollte man nicht vergessen – heute zum Teil aber auch seltsam anmuten.

 

Fazit: Das erste Soloalbum von Pete Townshend „Who Came First“ wird nun in einer optisch schönen Deluxe Edition erneut veröffentlicht. Das Album, aber auch ein Großteil des Bonusmaterials, wurde remastert. Die zweite CD ist etwas für Beinhartfans und Sammler. Das eigentliche Album hat nur bedingt etwas mit The Who zu tun, auch wenn sich hier Material wiederfindet, welches man auch später bei The Who in anderer Form gehört hat. Townshend ist sicher nicht der beste Sänger der Welt, aber die Songs kriegen durch seine Stimme einen ganz anderen Drive. Das eigentliche Album ist natürlich auch ein Spiegelbild seiner Zeit und bildet eine ganz besondere Phase im Leben von Pete Townshend ab. Spirituell und psychedelisch kommen die Folk-Stücke daher. Der Rock scheint hin und wieder durch. Townshend hört sich zudem überraschend fröhlich an. Auf diesen beiden CDs kriegt man mal eine gänzlich andere Facette des The Who-Gitarristen geboten.

 

https://www.thewho.com/history/pete-townshend/

 

Text: Torsten Schlimbach

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