Melissa Etheridge: One Way Out

Melissa Etheridge: One Way Out

BMG

VÖ: 17.09.2021

 

Wertung: 9/12

 

Melissa Etheridge veröffentlicht mit „One Way Out“ nicht einfach nur ein neues Album, denn die Geschichte dahinter ist schon ziemlich speziell. Hierbei handelt es sich um Material, welches in den 80ern und zu Beginn der 90er entstand. Es ist Jahrzehnte alt und sollte vor ein paar Jahren schon mal im Rahmen einer Box veröffentlicht werden. Etheridge überwarf sich dann aber mit ihrem Label und so verschwanden auch die unveröffentlichten Songs wieder in der Schublade und ihren Archiven. Letztes Jahr sichtete die Dame erneut das Material und endlich konnte das aufgenommen werden.

 

Das Album besteht aus sieben Studio- sowie zwei Live-Songs, die 2002 im legendären Roxy in Los Angeles aufgezeichnet wurden. Im Grunde sind das zeitlose Rocksongs denen man nicht anhört, wann sie ursprünglich geschrieben wurden. Das Titelstück und Albumeröffnung  - „On Way Out“ – knallt ganz schön rein. War Melissa Etheridge jemals so laut und wütend?! Die Mundharmonika ist übrigens sensationell. Das Wah-Wah-Pedal dürfte nach der Aufnahme auch ordentliche Abnutzungserscheinungen gehabt haben. Sensationeller und rockiger Einstieg!

 

Mit dem bluesigen „As Cool As You Try“ wirft sich Etheridge mit viel Chuzpe in den nächsten Song. Der kratzbürstige Gesang dürfte für eine Gänsehaut sorgen. „I´m No Angel Myself“ ist als Ballade nicht zu kitschig angelegt worden und ist im Grunde seines langsam schlagenden Herzens ein Americana-Stück. „For The Last Time“ ist wieder ein Rock-Stampfer mit schön dreckigem Mundharmonikaspiel. „Save Myself“ ist ein solider Track, den Melissa Etheridge auf jedem Album im Repertoire hat - eine Art Signatur-Sound. „That Would Be Me“ wird durch den Gesang zu einer besonderen Nummer. Die Studiosongs werden schließlich mit „Wild Wild Wild“ sehr nachdenklich zu einem Ende geführt. Die beiden Live-Songs - „ You Have No Idea“ und „Life Goes On“ – unterstreichen die besonderen Qualitäten, die Etheridge für die Bühne mitbringen. Das ist zu jeder Zeit sehr mitreißend!

 

Fazit: Die Songs und Demos, die schon viele Jahre auf dem Buckel haben und nun das Album „One Way Out“ ergeben, sind tatsächlich richtig gut. Zwischen Blues, Rock und Americana sind diese Lieder teilweise ordentliche Bretter. Man hört, dass Melissa Etheridge da ganz viel Herzblut reingelegt hat. Wer ein Faible für – weitestgehend – Rockmusik hat, sollte dieses wundervolle Werk der mittlerweile 60-jährigen dieses Jahr auf dem Zettel haben.

 

https://www.melissaetheridge.com/splash

 

Text: Torsten Schlimbach

Melissa Etheridge: Memphis Rock And Soul

Melissa Etheridge: Memphis Rock And Soul

Stax Records/ Concord/Universal

VÖ: 07.10.2016

 

Wertung: 7,5/12

 

Melissa Etheridge hat in ihrer Karriere schon so manchen Höhenflug, aber auch Tiefpunkt erlebt. Neben ein paar Grammy Awards, darf sie sich immerhin auch einen Oscar auf den Kaminsims stellen. Jetzt gibt es mal wieder ein neues Album von ihr. „Memphis Rock And Soul“ enthält aber keine neuen Songs aus ihrer Feder, sondern sie verbeugt sich hier vor Stax Records. Eine Hommage also. Ob es an eigenen Ideen mangelt, kann letztlich ja nur Frau Etheridge beantworten. Irgendwann scheinen aber alle Künstler in ihrer Karriere an einem Punkt angekommen zu sein, an dem sie ein Coveralbum aufnehmen (müssen). Eine Verbeugung vor der Musik, die sie selber lieben.

 

Da das Stax Studio längst nicht mehr existiert, nahm Melissa Etheridge das Album in Willie Mitchells Royal Studios auf. Sein Sohn Boo Mitchell hat die Scheibe produziert. Mit den Hodgers Brothers und weiteren erstklassigen Musikern aus Memhis entstand nun „Memphis Rock And Soul“. Das ist für Musikgenießer sicher ein interessantes Projekt und eine Reise in die (eigene) Vergangenheit.

 

Völlig unverständlich ist die dürftige Aufmachung! Gerade dieses Projekt schreit doch förmlich nach einem Booklet mit vielen Informationen und ein paar Bildern aus dem Studio, die den Entstehungsprozess dokumentieren. Gibt es aber nicht! Stattdessen hat man ein einzelnes Blättchen dazugelegt, welches alle Beteiligten an diesem Album auflistet und das war es dann. Immerhin hat man es geschafft, im Innenteil des Digipacks die Songss aufzulisten und deren Songwriter. Das ist zwar erkennbar an das LP-Format angelehnt, aber trotzdem wurde da eine Chance vertan auch optisch etwas mehr rauszuholen.

 

Melissa Etheridge ist in gewisser Weise für viele Menschen und Fans auch ein politisches Sprachrohr und so ist es kaum verwunderlich, dass sie für „Respect Yourself (People Stand Up)“ neue Lyrics schrieb. Das Stück wird mit den Bläsern recht bissig instrumentiert. Der kratzige Gesang von Etheridge klingt sogar ziemlich angriffslustig. „Memphis Train“ hat sie zu Beginn so interpretiert, wie es wohl auch die Rolling Stones tun würden.  „Who´s Making Love“ ist sehr entspannt und eine knietiefe Verbeugung vor dem Soul. Macht sie gut.

 

„Hold On, I´m Coming“ ist natürlich ein Brett. Das wird naturgetreu nachgespielt. Das können die hier beteiligten Musiker sicherlich im Schlaf spielen. An die Intensität eines Isaac Hayes kommt das aber bei Weitem nicht heran. Selbiges gilt natürlich auch für die Ballade „I´ve Been Loving You Too Long (To Stop Now)“! Otis Redding hat das mit derart viel Gefühl und Seele gesungen, das kann man nicht reproduzieren. Der typische Stax-Sound gelingt Etheridge und der Band allerdings bei „Any Other Way“. „I´m A Lover“ hat sie übrigens ebenfalls umgetextet. „Rock Me Baby“ von B.B. King ist nett, John Mayer, der hier an der Gitarre dabei ist, geht aber ebenfalls das Gefühl des Meisters ab. Das ist eben das Problem an solchen Geschichten, denn wenn man das Original im Ohr hat, kann die Coverversion ganz selten punkten.

 

Es sind die Balladen, die auf diesem Album eher überzeugen. „I Forgot To Be Your Lover“ ist schon sehr intensiv. Den Eingangssatz singt sie so gut wie Van Morrison es bei seinem ähnlichen Stück tut. „Wait A Minute“ macht mit der Mundharmonika einfach nur Spaß und bei „Born Under A Bad Sign“ wirft Etheridge ihre ganze Seele hinein. Mit dem ruhigen Soul von „I´ve Got Dreams To Remember“ kann Etheridge zum Schluss noch mal einen Volltreffer landen.

 

Fazit: „Memphis Rock And Soul“ ist eine Hommage von Melissa Etheridge für und an das Stax Label. Sie interpretiert diese Songs teilweise hervorragend, andere wiederum haben einen zu großen Schatten, aus dem sie nicht heraustreten kann. Sie hat dieses Werk mit vorzüglichen Musikern aufgenommen und man hört schon deutlich, dass die Tracks eine Herzensangelegenheit für sie sind. Schade, dass es kein Booklet gibt!  

 

http://www.melissaetheridge.com/

 

Text: Torsten Schlimbach

Melissa Etheridge: This is M.E.

Melissa Etheridge: This Is M.E.

SPV

VÖ: 16.01.2015

 

Wertung: 7,5/12

 

Eigentlich sollten die Zeiten ja vorbei sei, wo man sich Alben als Import besorgen muss. Schwierig ist das zwar nicht mehr, aber trotzdem bleibt es ein Rätsel, warum man Alben von etablierten Künstlern nicht auch zeitgleich weltweit veröffentlichen kann. Mit „This Is M.E.“ wird das neunte Studioalbum von Melissa Etheridge nun auch endlich in Deutschland veröffentlicht, in den USA erschien die Platte nämlich schon letztes Jahr. Fans haben das Werk somit natürlich längst im Schrank stehen. Ist es denn wirklich so schwierig für Etheridge einen Vertrieb zu finden? Die Platte davor erschien ja noch bei Universal, jetzt also SPV.

 

Für die elf Songs hat sie sich jede Menge Gäste ins Boot geholt und das auch noch aus unterschiedlichen Ecken des Musikgeschäfts: Jerrod Bettis (Adele, One Republic, Eric Hutchinson, Gavin DeGraw), Jon Levine (Nelly Furtado, K’Naan, Selena Gomez), Jerry Wonda (Grammy-Gewinner und Produzent der Fugees, von Mary J. Blige und Akon) und RoccStar (Usher, Chris Brown). Genau so hört sich „This Is M.E.“ dann auch an. Doch wo ist da noch die Melissa Etheridge? Wo ist das Me?

 

Die Platte fängt ganz manierlich mit „I Won´t Be Alone Tonight“ an. Ein schönes Liebeslied für ihre Angetraute, welches in sicheren Popgefilden daherschippert. Die markante Stimme von Etheridge steht dabei noch im Zentrum. Das luftige „Take My Number“ geht auch noch ganz gut ins Ohr. Nett, nicht aufregend, aber ebenfalls ganz ordentlich. „A Little Hard Hearted“ ist danach aber der vertonte Kitsch und weit von dem entfernt, für das man die Dame eigentlich schätzt – nämlich erdige, handgemachte Musik. Wie gut ist da doch „Do It Again“! Keine Taschenspielertricks, sondern nur Stimme, Slide-Guitar und ein rauer und herzlicher Sound. Mit „Monster“ gelingt das nur bedingt. Eigentlich ist das eine sehr coole Nummer, aber der Versuch eines modernen Gewands raubt dem Song einfach die Seele. Live dürfte das aber ein Kracher werden.

 

„Ain´t That Bad“ geht dann aber endgültig den Bach runter. Bitte kein HipHop! Nicht, weil diese Richtung schlecht wäre, aber von Etheridge eben schon. Auch der Track hat eigentlich eine spitzenmäßige Grundlage und könnte sogar als härtere Gangart durchgehen, wenn da nicht auch diese unschönen Momente wären. „All The Way Home“ säuft im belanglosen Pop komplett ab und auch „Like A Preacher“ hat dem recht wenig entgegenzusetzen. „Stranger Road“ schon. Die Mischung aus Blues, Americana und Singer/Songwriter haut perfekt hin. „A Little Bit Of Me“ ist die nette, kleine Popperle auf der Zielgeraden. Der Song wurde so angelegt, dass er live aufgrund der Nanana-Chöre auch wunderbar funktionieren wird. „Who Are You Waiting For“ beendet das Album in ähnlichem Fahrwasser wie es begonnen hat und somit wird die Geschichte richtig schön rund gemacht.

 

Fazit: Für „This Is M.E.“ wäre wesentlich mehr drin gewesen. Melissa Etheridge lässt sich durch die vielen Gäste etwas vom Weg abbringen und zu sehr den Brei verderben. Sie ist immer dann gut, wenn sie ihre Stärken ausspielen kann und das ist erdiger Rock mit einer Prise Soul, Blues, Americana und Folk. „This Is M.E.“ will manchmal einfach zu modern sein. Das braucht die Platte aber nicht, denn das Songmaterial ist teilweise richtig gut.

 

http://www.melissaetheridge.com/

 

Text: Torsten Schlimbach

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Melissa Etheridge: 4th Street Feeling

Melissa Etheridge: 4th Street Feeling

Universal

VÖ: 31.08.2012

 

Wertung: 7,5/12

 

Melissa Etheridge zählt zu der Riege jener Musiker, die sowohl den Grammy wie auch den Oscar auf dem Kaminsims stehen haben. Dieses Kunststück ist nicht vielen Menschen gelungen. Die Dame mit der großen Stimme bekam die beiden Auszeichnungen in ihrer langen Karriere bereits verliehen. Mittlerweile zählt Etheridge seit 25 Jahren zu den großen Damen und Stimmen des Rockzirkus. Es gibt kaum eine Gitarrenschublade, in die man sie nicht stecken könnte – lassen wir mal sämtliche Heavy Metal Spielwiesen außen vor. Mit „4th Street Feeling“ legt sie nun ihr zwölftes Album vor und zeigt sich musikalisch so vielfältig wie selten zuvor.

 

„4th Street Feeling“ wurde in Los Angeles aufgenommen. Als Produzenten konnte sie Jacquire King und Steve Booker mit ins Boot holen, die mit ihr zusammen die Regler bedienten. Sie selber beschreibt die Zeit im Studio als die beste, die sie jemals hatte. Man kann es ihr durchaus abkaufen, denn die 51-jährige hat im Verlaufe ihrer Karriere genug Höhen und Tiefen erlebt und auch so manchen Rückschlag hinnehmen müssen, dass so eine Einschätzung aus ihrem Munde durchaus authentisch klingt. Zwölf Songs dürften nun dafür sorgen, dass diese Worte mit Nachdruck unterstrichen werden.

 

Wer das bluesige „Rock And Roll Me“ hört, wird diese Worte auch nicht mehr anzweifeln. Der Opener „Kansas City“ ist dagegen eigentlich netter Etheridge Standard. So ein Ding schüttelt sie sich wahrscheinlich jede Nacht aus dem Ärmel. Die Mundharmonika sorgt aber dann doch dafür, dass die Nummer aus der Langeweilecke herauskommt. Die Ballade „4th Street Feeling“ entwickelt sich gar noch zu einem veritablen Soulhit. Der Gesang klingt zudem ein bisschen nach Macy Gray. Die kratzige Stimme von Etherdige sorgt dafür, dass auch ein Stück wie „Falling Up“ hinhaut. Man hört ihr förmlich den Spaß an und dann gibt es ja auch noch das berühmte Banjo, welches gerade wieder eine Renaissance erlebt. Funktioniert auch hier prächtig.

 

Der große Rockspielplatz ist es aber, der ihre Bastion ist und den sie beackern kann wie keine Zweite. „Shout Now“ ist ein bisschen vom Blues angehaucht, ist ebenso poppig und rockt doch über den Asphalt, als wäre der Teufel hinter ihrer Seele her. Das beschwörende „The Shadow Of A Black Crow“ nimmt zum Schluss doch noch Fahrt auf und die Abbiegung in Richtung Rock and Roll. Der Teil bis dahin ist richtig groß, danach wird es zu vorhersehbar. Es sind sowieso weitestgehend die Bluesstück auf diesem Album, die zu überraschen wissen. „Be Real“ ist ein weiterer Beleg in diese Richtung. Cooles Ding! Neben der Gitarre und dem Banjo spielt Etheridge auf dem Album auch noch Klavier. Die eindringliche Ballade „A Disaster“ ist trotzdem nie kitschig! Mit „Sympathy“ gibt es einen weiteren Song auf die Ohren, der im Grunde auf jedem Album von Etheridge sein könnte. Auch „A Scared Heart“ klingt etwas erzwungen. Da wirkt die Akustikballade „I Can Wait“ wie eine Befreiung und dann kommt ja auch schon „Rock And Roll Me“!

 

Fazit: Melissa Etheridge legt mit „4th Street Feeling“ ein Album vor, auf dem sie nichts macht, was man nicht schon von ihr kennen würde. Trotzdem überraschen die vielen Bluesnummern am Ende des Tages doch etwas. Ein Album, welches tief im Rock verwurzelt ist und hin und wieder flackert auch der Spaß auf, den die Dame mit der kratzigen Stimme im Studio gehabt haben muss. Erdige, ehrliche und handgemachte Musik – nicht mehr, aber auch nicht weniger!

 

http://www.melissaetheridge.com/

 

Text: Torsten Schlimbach

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