Lianne La Havas: Is Your Love Big Enough?

Lianne La Havas: Is Your Love Big Enough?

Warner

VÖ: 13.07.2012

 

Wertung: 8,5/12

 

Die Weisen kündigten es ja schon vor einem Jahr an. Zweifel waren natürlich angebracht. Oft genug hat man schon von Künstlern gelesen, die die Musikwelt auf den Kopf stellen könnten. Musiker und Sänger, die dann auch aufgrund der ganzen Hypemaschinerie einen passablen Hit hatten und dann schnell wieder in der Versenkung verschwunden sind. Lianne La Havas wird dieses Schicksal nicht teilen, denn ihr gesangliches Talent ist einfach herausragend. Ob sie allerdings einen Hit nach dem anderen platzieren wird, darf auch bezweifelt werden, denn so manches auf „Is Your Love Big Enough?“ ist teilweise zu sperrig. Gut so!

 

Diese Tatsache ist für „One Of The Sounds Of 2012“ gar einigermaßen überraschend. Es ist ja nicht so, dass für dieses Album nicht alles kalkuliert wurde. Die Mitsongschreiber wurden fein säuberlich ausgesucht, bei manchen stimmte dann allerdings die Chemie nicht so ganz. Das Label lehnte Songs ab oder andere mussten noch mal neu justiert werden. Die komplette Kontrolle über ihre Songs hatte die 22-jährige somit sicher nicht. Die Starthilfe hat ihr aber ganz gut getan. Und erstaunlicherweise hört sich „Is Your Love Big Enough?“ alles andere als nach einem Kunstprodukt an. Abgesehen davon ist diese Arbeits- und Vorgehensweise sicher nicht neu.

 

Konzentrieren wir uns lieber auf die Fakten. Nach ihrem Auftritt bei „Later... with Jools Holland“ grassierte auf der Insel schnell das Lianne La Havas Fieber. Ihre Tour war im Handumdrehen ausverkauft. Auch Prince wurde auf das große Talent aufmerksam, Paloma Faith hatte sie sowieso schon als Backgroundsängerin protegiert und schnell sprang gar noch eine andere Branche auf sie an: die Modewelt. Fashionblogs berichteten ebenso über sie wie renommierte Modemagazine. Warum? Mit ihrem markanten Dutt dürfte sie mitunter einen neuen Trend losgetreten haben. Zudem hört sich schon alleine der Name La Havas edel und nach einer Diva an. Es ist also angerichtet.

 

Was am Ende des Tages allerdings zählt sind die Songs und die sind teilweise herausragend. Mit „Don´t Wake Me Up“ groovt es sich lässig in das Album hinein. Eine Mischung aus Alicia Keys und Erykah Badu. Der Titelsong „Is Your Love Big Enough?“ lässt nicht nur die Glöckchen bimmeln, sondern überrascht ganz weit im Hintergrund gar noch mit – vermutlich ungewollten – Anleihen bei Velvet Underground! Balladen liegen ihr sowieso im Blut. „Lost & Found“ und besonders „No Room For Doubt“ sind kleine Perlen. Letztgenannte Nummer ist ein Duett mit Willy Mason und entpuppt sich zwischen Barjazz und Folk als heimlicher Höhepunkt der Platte.

 

Bei „Forget“ packt sie auch mal die Rockgitarre aus, dazu scheppern ein paar Beats und dann lässt sie gar ein paar orientalische Klänge einfließen. Dass sie danach die kleine Fingerübung von „Age“ in die Welt hinaus posaunt und dabei gar an die großen Crooner vergangener Tage erinnert zeigt die große Bandbreite von La Havas. Natürlich ist das alles im Soul verortet und „Elusive“ könnte man sich auch von Sade vorstellen. Hier kommt auch der Popradiohörer zu seinem Recht. „Gone“ ist zwar eine weitere, großartig gesungene Ballade, aber dieses Pianoding läuft sich auch irgendwann mal tot und Alicia Keys hat dieses Feld eigentlich hinreichend beackert.

 

Fazit: Lianne La Havas wurde mit derart viel Vorschusslorbeeren in das Rennen geschickt, dass sie mit „Is Your Love Big Enough?“ eigentlich nur verlieren konnte. Macht sie aber nicht! Das Album dürfte sämtliche Erwartungen erfüllen oder gar noch übertreffen. Natürlich ist sie mit ihren jungen Jahren noch nicht am Ende ihrer Entwicklung angekommen und ein paar Längen gibt es auf der Platte auch. Dafür ist dieser – ja was eigentlich? Neo-Neo-Soul? Pop-Soul? Irgendwo dazwischen jedenfalls! Dafür ist ihre Musik aber teilweise auch schön sperrig und holt somit auch Hörer abseits des Mainstreams mit ins Boot. Von Lianne La Havas wird man in der Zukunft noch öfters hören, so viel ist mal sicher!

 

http://www.liannelahavas.com/

 

Text: Torsten Schlimbach

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