Jonathan Jeremiah: Oh Desire

Jonathan Jeremiah: Oh Desire

BMG Rights Management/Rough Trade

VÖ: 27.03.2015

 

Wertung: 7,5/12

 

Jonathan Jeremiah galt einst als hoffnungsvoller Newcomer. Man hatte mit dem Mann, der mit einer außergewöhnlichen Stimme gesegnet ist, große Dinge vor. Er erspielte sich auch schnell eine recht ansehnliche Fanbasis, aber irgendwie schien das nicht genug zu sein. Oder die Erwartungen waren einfach zu hoch. Jetzt beim dritten Album ist der Branchenriese Universal jedenfalls nicht mehr im Boot, aber mit BMG hat Jeremiah ja entsprechenden Ersatz gefunden. Vielleicht kann er dort seine Visionen auch besser verkaufen oder man lässt ihn einfach machen. Und er hat viel gemacht wie einem sein neues Album „Oh Desire“ vor Ohren führt.

 

Ursprünglich wollte Jeremiah in vier Wochen durch sein und dann zogen sich die Aufnahmen doch über ein halbes Jahr hin. Zum ersten Mal hat er seine Songs direkt selbst produziert und zum ersten Mal hat er mit einer richtigen Band gearbeitet. Mit seiner Band. Die Mannschaft, die ihn auf der Tour begleitet hat, stand auch mit im Studio und wurde in den Songwritingprozess mit einbezogen. Jonathan Jeremiah wollte nicht mehr alleine sein, denn das war er schon oft genug. Nach dem Tod seiner Eltern. In London, dieser Metropole, die ihre Künstler nur wenig schätzt. Und natürlich nicht zuletzt bei den Aufnahmen der vorherigen Alben.

 

Herausgekommen ist dabei aber jetzt keine Abkehr vom bisherigen Sound. Wenn man so will, dann klingen die Songs vielleicht noch ein Stückchen erwachsener. Die zehn Tracks werden eingerahmt vom „One“ und „Thirteen“, zwei identische Themes. In der Mitte gibt es dann mit „Seven“ einen ähnlich gelagerte Trennung der beiden Albumhälften. Der Rest ist Folk und Soul, Singer/Songwriter und Easy Listening. Oftmals ist das sehr entspannt und erinnert an die 60er und noch mehr an die 70er. Jonathan Jeremiah hat sich ja schon immer für diese Jahrzehnte interessiert und während seine Mitschüler Guns `n` Roses hörten, lief bei ihm eben Carole King. Ein Außenseiter eben, der immer seinen Weg ging.

 

„Smiling“ ist einer dieser leichten Soulnummern, die problemlos mit den großen Genre-Songs der 70er mithalten könnte. „Walking On Air“ bringt noch eine Prise Melancholie mit, ist zum Refrain hin aber mit einer Opulenz ausgestattet, dass es fast schon theatralisch wird. „Rising Up“ groovt, schiebt und ist derart lässig, dass man Jeremiah für den größten Sänger des Planeten hält. „Rosario“ ist allerdings auch etwas drüber. Die Streichersequenzen werden doch etwas dick aufgetragen. Was an anderer Stelle noch eine Leichtigkeit ausstrahlt, wird hier zu Easy Listening. James Last ist da nicht weit entfernt. Da ist eine Folknummer wie „The Devil´s Hillside“ schon zwingender. Mit „Wild Fire“ hat er aber auch noch einen schmissigen Popsong für die Radiostationen im Gepäck. „Arms“ könnte man sich auch gut von Adele oder Duffy vorstellen. „The Birds“ reiht sich fast schon in die Rieger der Crooner ein. Hätte Sinatra Folk gemacht, er hätte genau so geklungen.

 

Fazit: Jonathan Jeremiah knüpft mit „Oh Desire“ dort an, wo er mit seinen bisherigen zwei Alben aufgehört hat. Zwischen Folk, Soul und Easy Listening macht er es sich gemütlich. Seine außergewöhnliche Stimme geht immer noch wie ein Messer durch die Butter in der Sommersonne. Seine Band hat er in den ganzen Prozess für die neue Platte miteinbezogen, produziert hat er die Songs allerdings alleine. Insgesamt sind die Lieder meist immer noch fest in den 70ern verankert. Das ist gut, das ist schön. Fans werden „Oh Desire“ definitiv lieben.

 

http://jonathanjeremiah.com/

 

Text: Torsten Schlimbach

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Jonathan Jeremiah: Gold Dust

Jonathan Jeremiah: Gold Dust

Universal

VÖ: 19.10.2012

 

Wertung: 8/12

 

Was ist denn mit Jonathan Jeremiah passiert? Was nur hat diesen stillen und introvertierten Mann zu dem Cover von „Gold Dust“ getrieben? Hat dieser als äußerst still und zurückhaltend bekannte junge Sänger sich etwa zu Kajal überreden lassen? Kann man mal sehen wozu einen der Erfolg verdammt. Sein Debütalbum „A Solitary Man“ war nämlich derart erfolgreich, dass er sich plötzlich in allen möglichen Fernsehshows wiederfand und dazu noch Clubs bespielte, die eigentlich keine mehr waren. Ja, Jonathan Jeremiah war vom Geheimtipp im grellen Rampenlicht der Show-Welt angekommen. Das hat er so sicher nicht beabsichtigt.

 

Fragt sich natürlich, wie, wann und wo er überhaupt die Zeit gefunden hat neue Songs zu schreiben?! In seinem geliebten Dollis Hill sicher nicht. Wie denn auch? Er war ja gut und gerne sechs Monate unterwegs. Jede Nacht ein anderes Hotel und jede Nacht wieder dieses Alleinsein und die beklemmende Einsamkeit. Der richtige Zeitpunkt also um neue Songs zu schreiben und die Entstehung eines neuen Albums in die Wege zu leiten. Er hat dabei das europäische Festland sehr zu schätzen gelernt. In seiner Heimat kann man mit Gitarre eigentlich nur alles falsch machen. Entweder ist man dort der weinerliche Hippie mit Akustikgitarre oder man versucht mit der elektrischen Gitarre der neue Johnny Marr zu werden. „Ganz gleich welche Gitarre: Man kann nur verlieren“ so seine Einschätzung.

 

Das Debütalbum von Jonathan Jeremiah zeigte ja bereits, dass er weder ein Hippie noch der neue Johnny Marr war und schon gar nicht sein wollte. „A Solitary Man“ ging oftmals in die Richtung der großen Crooner längst vergangener Tage. „Gold Dust“ ist jetzt ein kleine Überraschung, dieses Album ist nämlich anders. „You Save Me“ ist beispielsweise eine dieser Balladen, die sich vom minimalistischen Klaviergeklimper zu einem bombastischen Refrain aufschwingt und dabei eine Gänsepelle erzeugt, dass man selbst im Sommer eine dicke Daunenjacke brauchen würde. Es ist aber kein Sommer mehr und „Gold Dust“ passt perfekt zum Herbst. Selbst das orientalisch angehauchte und Tempo verschleppende „Chatsworth Ave“ fügt sich da gut ein. Ein nettes Popstück, welches übrigens mehrmals die Richtung zu wechseln scheint und so die Spannung hoch hält.

 

Es sieht so aus, als hätte Jonathan Jeremiah seine Songwriterfähigkeiten weiter verbessert. Inspiriert soll die Platte von Berlin sein. „Dieses Album wurde quasi in Berlin geboren“, berichtet der Sänger und Songwriter. „Angefangen mit dem Titelsong „Gold Dust“, der von einer durchgemachten Nacht im Club und davon handelt, danach im grellen Tageslicht nach Hause zu stolpern, bis hin zu „Caffeine & Saccharin“; der handelt vom Aufwachen, und neben einem stehen lauter Flaschen auf dem Tisch rum." Der Titelsong ist aber so viel mehr. „Gold Dust“ ist nämlich auch einer der besten Popsongs des Jahres. Vom Aufbau über die musikalische Umsetzung des Themas bis hin zum bombastischen Schluss (Sonnenaufgang?) setzt er gleich ein dickes Ausrufezeichen an den Beginn. Seine Singer/Songwriterwurzlen vernachlässigt er auf diesem Album aber keineswegs und mit „Shout“ gibt es dann auch den verträumten Akustiksong, den man Jeremiah so nicht mehr zugetraut hätte. Die Single „Lazin´ in the Sunshine“ holt den Sommer noch mal für einen kurzen Augenblick zurück. Die Nummer steht aber keineswegs exemplarisch für dieses Album und stolpert eher etwas belanglos dahin. Es sind die großartigen kleinen und ruhigen Songs wie „Everyday Life“ und „All We Need Is A Motorway“, die diesem Werk die Nachhaltigkeit und Intimität verleihen! Da nimmt man dann auch das ziellose „The Time Of Our Lives“ hin. Zu viel Coldplay gehört?

 

Fazit: Jonathan Jeremiah legt mit „Gold Dust“ das schwierige zweite Album nach. Das Debüt war derart erfolgreich, dass er mit diesem Werk eigentlich nur verlieren kann. Tut er aber nicht! Er hat seinen Stil nämlich weiterentwickelt und zwischen Singer/Songwriter und Pop teilweise großartige Songs aufgenommen. Das große Croonertum ist dabei fast gänzlich verschwunden, ist dafür jetzt aber weitaus weniger kitschig und überrascht oft mit einer Intimität, die man auf dem Debüt noch vermisst hat. Es bleibt abzuwarten, ob er mit diesem manchmal sperrigen Werk ähnlich erfolgreich sein wird. Die Weiterentwicklung hat ihm künstlerisch jedenfalls gut getan! Das Cover war allerdings ein Griff in den Lokus.

 

http://jonathanjeremiah.com/

 

Text: Torsten Schlimbach

Jonathan Jeremiah: A Solitary Man

Jonathan Jeremiah: A Solitary Man

Universal

VÖ: 12.08.2011

 

Wertung: 7/12

 

Jonathan Jeremiah verwirklicht sich mit seinem Debütalbum „A Solitary Man“ nun seinen Traum, der lange in der Schublade lag und reifte. Diese Platte nahm sehr viel Zeit in Anspruch. Zeit und Geld. Geldmangel war dann auch so etwas wie das zentrale Thema dieser Songs. Nein, nicht inhaltlich, aber Jonathan Jeremiah hatte von Anfang an eine genaue Vorstellung wie dieses Album zu klingen hat. Streicher sollten nicht durch ein Keyboard ersetzt werden, nein, er wollte das ganz große Brimborium. Ein Orchester musste her. Er fand die Musiker vom Heritage Orchestra. Diese wollten allerdings auch bezahlt werden und somit arbeitete der gute Jonathan fortan beim Sicherheitsdienst, der für die Londoner Wembley Arena zuständig ist. Nachtschicht war angesagt. Nach und nach konnte er dann auch die Musiker bezahlen.

 

Wer diesen steinigen und harten Weg einschlägt um seine Musik aufzunehmen, der meint es ehrlich. Keine Kompromisse für „A Solitary Man“! Jonathan Jeremiah hat also ein authentisches Werk aufgenommen und dafür gebührt ihm schon mal großer Respekt und Anerkennung. Er hätte es sicher auch einfacher haben können. Die Nachtschichten in der Londoner Wembley Arena hatten allerdings noch einen ganz anderen Vorteil zu bieten. Jeremiah war ganz nah dran. Er konnte sich so Inspiration von Springsteen bis zu Neil Diamond holen. Dies ist für einen Debütanten ganz sicher nicht die schlechteste Schule.

 

„A Solitary Man“ ist dann auch einigermaßen überraschend. Nichts deutet auf einen neuen Stern am Pophimmel. Im Gegenteil, man meint, dass diese elf Songs aus der Vergangenheit entsprungen sind. Die sonore Stimme von Jeremiah trägt dazu sicherlich bei. Auch die Instrumentierung ist eher irgendwo in den 70ern verankert. Das ist Musik für die große Showbühne. Manchmal geht es in Richtung Jazz wie bei „See (It Doesn´t Bother Me)“ anderes wiederum weckt Erinnerungen an die großen Crooner dieser Zeit. Hört man da etwa Gene Austin raus? Oder doch Tony Bennett? „Happiness“ scheint zumindest von Bennett inspiriert zu sein. „Never Gonna“ ist zwar fest im Pop verankert, aber der Pop von Jeremiah ist anders wie alles, was man heutzutage darunter einsortiert. Folk hat er auch im Gepäck, dazu bitte „Lost“ anhören. Allerdings bewegt sich der Mann auch immer in der Nähe des Easy Listening. Das ist dann auch teilweise das kleine Problemchen dieser Scheibe. Der Grad zur Belanglosigkeit, zur Langeweile und zum zuckersüßen Schmalz ist eben auch sehr schmal. Jeremiah schafft es nicht immer diesen nicht zu überschreiten. Dann bleibt leider nur noch seine außergewöhnliche Stimme. Mit der bringt er sämtliche Pole zum schmelzen. Aber - will man das?

 

Fazit: Jonathan Jeremiah hat mit seinem Album „A Solitary Man“ seinen musikalischen Traum erfüllt und diese Platte genau nach seinen Vorstellungen aufgenommen. Mit großen Arrangements und Orchester klingen diese Songs nach einer ganz anderen Zeit. Jazz, Easy Listening und Musik ganz in der Tradition der großen Crooner wurde hier aufgenommen. Zwar driftet das auch mal in den kitschigen Abgrund ab, aber immerhin ist das alles ehrlich gemeint, denn wer so viel Einsatz für sein Debüt zeigt und nicht den leichten Weg einschlägt, hat auch was zu sagen und mittels Musik auszudrücken.

 

http://jonathanjeremiah.com/

 

Text: Torsten Schlimbach

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