Helge Schneider: Sommer, Sonne, Kaktus!

Helge Schneider: Sommer, Sonne, Kaktus!

We Love Music/Universal

VÖ: 09.08.2013

 

Wertung: 8/12

 

Entweder man liebt oder man hasst ihn! Wenn es um das Schaffen von Helge Schneider geht, dann scheint es nur diese beiden Gefühlsregungen zu geben. Wo manch einer schreiend auf dem Boden liegt und den hintergründigen Humor anpreist, rennen andere kopfschüttelnd weg. Die Kunst des Mannes spaltet die Gemüter wie von kaum einem anderen seines Fachs. Die letzten Jahre war es allerdings erstaunlich ruhig um ihn geworden. Sein letztes Album hat nun auch schon mehr als sechs Jahre auf dem Buckel. Jetzt erscheint wie aus dem Nichts „Sommer, Sonne, Kaktus!“ und wird – natürlich – wieder die Lager spalten. Alles wie immer also? Nicht ganz!

 

Mit „Sommer, Sonne, Kaktus!“ - gemeint ist der Song – knüpft er an seine großen Hits an. Das Ding hat alles, was einen Schneider-Knalltütensong ausmacht. Da sind sie wieder, diese unnachahmlichen Wortspiele, dieser feine Humor. Die Zeit ist allerdings nicht stehen geblieben und jetzt regieren Mario Barth und Konsorten die Bühnen. Mit anderen Worten: die Menschen werden wieder dümmer und für Helge Schneider ist, abgesehen bei seiner immer noch stattlichen Anhängerschar, kein Platz mehr. Wie bei kaum einem anderen seiner Zunft liegen Genie und Wahnsinn derart dicht beieinander und dies unterscheidet Schneider eben komplett von seinen Kollegen.

 

Oftmals wird ja vergessen, dass der Mann durchaus ein begnadeter Musiker und Multiinstrumentalist ist. Genau davon lebt „Sommer, Sonne, Kaktus!“ dann auch. Die Texte mögen diesmal (leider) erschreckend banal erscheinen, zumindest, wenn man das bisherige Schaffen des Meisters im Kopf hat, die Musik reißt es dann aber wieder heraus. Zwischen viel Jazz (natürlich!), Blues (klar!) und Anleihen beim Folk und Chanson rangieren diese Songs. Einige Coverversionen bereichern dieses Werk. Aber Vorsicht, natürlich sind diese eingeschneidert. „Nachtigall, huh“ führt „Gangnam Style“ ad absurdum und ist als schwüle Bluesnummer selbstredend besser wie der PSY-Nervensägentrack. „Mr. Bojangles“ wird komplett durch den Fleischwolf gedreht und „Somewhere Over The Rainbow“ von Judy Garland erkennt man kaum wieder. „Drinking Blues“ fungiert als Parodie des großartigen Tom Waits, geht aber einigermaßen in die Binsen.

 

Helge ist natürlich immer noch verschroben und der Improvisationscharakter seiner Songs ist deutlich hörbar. Trotzdem hat auch eine Nummer wie „Offenes Hemd“ die Hitqualitäten der alten Schule. Durch seine erstaunlich vielen englischen Ausflüge beraubt sich Schneider allerdings auch ein bisschen seiner Stärken. Der Mann hat aber noch nie Erwartungshaltungen erfüllt und so hält er es auch diesmal wieder. Dies sind aber auch die Momente wo die Musik komplett in den Vordergrund gerückt wird und da darf man dann auch gerne mal staunen.

 

Fazit: Helge Schneider ist mit „Sommer, Sonne, Kaktus!“ das Kunststück gelungen ein anspruchsvolles Album zwischen Jazz, Blues und allerlei Sperenzchen auf der einen Seite und seinen berühmten Wortwitz und Wahnsinn auf der anderen Seite aufzunehmen. Die musikalische Seite überwiegt diesmal allerdings eindeutig und wer nach der Single-Auskopplung Rückschlüsse auf das Album gezogen hat, liegt meilenweit daneben. Da werden einige aber dumm aus der Wäsche gucken und Schneider wird sich in seinem stillen Kämmerlein diebisch darüber freuen. Helge ist eben anders und das ist verdammt gut so!

 

http://www.helge-schneider.de/

 

Text: Torsten Schlimbach

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