Ed Sheeran: +

Ed Sheeran: +
Warner
VÖ: 10.02.2012

 

Wertung: 8/12

 

Der erste Liebling der britischen Musikpresse für das Jahr 2012 ist mit Ed Sheeran gefunden. Dem jungen Mann werden mit gerade Anfang 20 schon wahre Wunderdinge nachgesagt. Den Ritterschlag bekommt er von Jools Holland verliehen, der Ed Sheeran ganz feste in sein Herz geschlossen hat. Sheeran erscheint aber nicht wie so viele andere ganz plötzlich auf der Bildfläche, sondern hat sich seinen guten Ruf bei vielen Konzerten erarbeitet. Die Bühne lügt nicht. Jedenfalls nicht, wenn dort ein Junge nur mit seiner Gitarre und einem Loop Pedal steht.

Jetzt erscheint endlich sein Album - schlicht „+“ betitelt. Die Vorschusslorbeeren sind mal wieder extrem hoch und groß und eigentlich kann Ed Sheeran die Erwartungen nicht erfüllen. Trotzdem kann er die in ihn gesetzten Hoffnungen dann doch irgendwie erfüllen. Er erweist sich als guter Alltagsbeobachter und hat das Talent, seine Geschichten auch noch sehr schön in Szene zu setzen. „+“ ist ein Singer/Songwriter Album geworden. Ed Sheeran ist gar ein Storyteller im klassischen Sinne. Trotzdem ist er mit genug Ideen gesegnet, die diese Platte dann auch noch spannend und abwechslungsreich machen.

Man fragt sich, wie ein so junger Mensch solche Texte und Geschichten erzählen kann. Er hat bei seiner Arbeit in einem Heim für Obdachlose wohl genug erlebt. So ist das ruhige und eindringliche „The A Team“ die Geschichte eines jungen Mädchens, die in die Fänge von Drogen und Prostitution gerät. Das sanfte Gitarrenspiel und der nachhaltige Gesang – Ed Sheeran ist übrigens ein guter Sänger und man hört ihm gerne zu – machen dieses Stück zu einem intimen und eindringlichen Kleinod.

Die Songs auf „+“ sind meist einfach ganz feine, kleine Lieder über den Alltag. „Drunk“ kommt zumindest musikalich schon eine ganze Spur fröhlicher daher. Den Vogel schießt er dann mit „U.N.I.“ ab, da er die Strophen wie ein Busta Rhymes nach Genuss von „Blonde On Blonde“ abfeuert. Im Refrain nimmt er sich dann wieder in guter Singer/Songwriter Manier zurück. Die Arrangements und Instrumentierung sind dazu nie aufdringlich, sondern bestechen durch eine überzeugende Unaufgeregtheit. Hin und wieder fließen auch mal ein paar Beats in den Sound ein. „Grade 8“ ist so eine Nummer. Dann allerdings ist Ed Sheeran auch nicht mehr weit vom üblichen Charts-Gebräu entfernt. Da kommt das dezente Pianospiel bei „Wake Me Up“ von der Intensität schon beeindruckender rüber. Die stillen Momente sind auf „+“ definitiv die besseren. Böse Zungen könnten das glatt in eine James Blunt Ecke drängen. Hier zeigt sich aber genau der Unteschied, denn Sheeran ist eben weit von der Jammerlappenschublade entfernt. Gleichwohl streift er selbige mit Tracks wie „Small Bump“ oder „This“ immer nur haarscharf.

Im letzten Drittel gibt es dann auch noch mal leichte Rockeinflüsse, zumindest deutet „The City“ dies an. Mit Ed Sheeran zieht man auch gerne in ein „Lego House“ ein – erinnert übrigens an Tracy Chapman. Mit „You Need Me, I Don´t Need You“ fiel die Wahl als zweite Single dann auf eine Nummer, die den Dancefloor gar aufmischen kann und wird.

Fazit: „+“ ist über weite Strecken ein beeindruckendes Album. Ed Sheeran fühlt sich im Singer/Songwriter und Storytelling-Genre zu Hause, scheut aber auch nicht davor zurück ein paar Beats in seine Songs und Sounds einfließen zu lassen. Die ruhige Atmosphäre verbreitet trotzdem eine starke Intensität. Als Sänger macht er auch eine gute Figur und ist somit unverdächtig in die James Blunt Ecke gedrängt zu werden – noch. Sollte er in Zukunft so weitermachen, dann besteht aber kein Grund zur Sorge und man kann noch viel von diesem jungen Talent erwarten.

http://www.edsheeran.de

Text: Torsten Schlimbach

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