Crosby, Stills, Nash & Young: CSNY 1974 (Box-Set - 3 CDs/DVD)

Crosby, Stills, Nash & Young: CSNY 1974 (Box-Set - 3 CDs/DVD)

Rhino/Warner

VÖ: 04.07.2014

 

Wertung: 12/12

Tipp!

 

Musikfans bekommen diesen Sommer ein wirkliches Schmankerl geliefert, welches einem die eine oder andere Träne des Glücks in die Augen treibt. Crosby, Stills, Nash & Young veröffentlichen dieser Tage eine Box mit dem schlichten Titel „CSNY 1974“, die allerdings ein kleines Juwel darstellt. Die Live-Tour der vier Herren von 1974 wird von Zeitzeugen auch heute noch als eine der legendärsten Touren überhaupt bezeichnet. Die Nachfrage nach Material aus dieser Zeit war unter Fans, Musikliebhabern und Kritikern dementsprechend groß. Natürlich gibt es diverse Bootlegs, die einen erahnen lassen, dass damals etwas ganz Großes auf die Bühne gebracht wurde. Die klangliche Qualität jener Aufnahmen ist aber meist recht überschaubar. Jetzt gibt es 40(!) bisher unveröffentlichte Tracks zu hören, die von Graham Nash und Joel Bernstein produziert wurden und somit auch die Klangästheten zufriedenstellen dürften. Dieses üppige Set, bestehend aus drei CDs und einer DVD, dürfte sowieso keine Wünsche mehr offen lassen.

 

Stadionkonzerte sind ja längst keine große Sache mehr, 1974 waren derartige Veranstaltungen zwar nicht mehr gänzlich neu, aber immer noch recht ungewöhnlich. Crosby, Stills, Nash & Young spielten auf dieser legendären Tour 31 Konzerte in 24 Städten unter freiem Himmel. Insgesamt wohnten mehr als eine Millionen Zuschauer diesen Ereignissen bei und guckten zu, wie ein weiteres Kapitel der Musikgeschichte hinzugefügt wurde. Dies alles kann man nun auf wundervolle Art und Weise mit „CSNY 1974“ noch mal nachvollziehen und sich stundenlang damit beschäftigen.

 

Das Tolle an diesem Set sind eine Vielzahl von Neil Young-Songs, die bis heute nie offiziell veröffentlicht wurden. Fans des Kanadiers dürften sich somit ganz vorne in der Käuferschlange einreihen. Die vier Herren spielten auf dieser Tour ja sowieso einige Stücke, die zu diesem Zeitpunkt noch überhaupt nicht erschienen waren und erst später auf den Soloalben von Crosby, Stills oder Nash auftauchten. Auch unter diesem Gesichtspunkt ist diese Box ein kleines Schatzkästchen und man kann da noch mal sehr schön die Entstehungsphasen dieser Songs überprüfen und mit den späteren Studioversionen vergleichen.

 

„CSNY 1974“ lädt aber auch dazu ein sich ausgiebig der visuellen Seite der Konzerte zu nähern. Die Aufmachung ist schlichtweg brillant! Hier hat man sich richtig Mühe gegeben und sehr viel Liebe zum Detail walten lassen. Die dicke Box – und dick meint in diesem Falle auch dick – ist optisch ein echter Hingucker, hat aber auch inhaltlich eine ganze Menge zu bieten. Ein 188(!!!)-seitiges Booklet bringt dem geneigten Fan die ganze Tour auch optisch näher. Hier kann man die ganzen Randnotizen und vielen Facetten der Konzerte nachlesen und ganz tief in die Materie eintauchen. Natürlich dürfen viele bisher nie gezeigte Tourfotos nicht fehlen. Und selbstverständlich bekommt man auch alle Informationen zu den jeweiligen Songs an die Hand und auch die vielen Fotos werden zum Schluss des Booklets datiert. Besser geht es einfach nicht!!! In Zeiten, wo sich auch das Musikgeschäft immer mehr auf den digitalen Markt verlagert, ist diese Box eine kleine Goldgrube. Das haptische Erlebnis ist mit Geld eigentlich nicht zu bezahlen und aufzuwiegen. Und es riecht gut, das kein Download der Welt ersetzen. So und nicht anders!

 

Musikalisch kann man die damaligen Sets noch mal wundervoll nacherleben. Die Herren begannen seinerzeit mit akustischen Songs, wechselten dann in das elektrische Fach, nur um die Konzerte dann wieder akustisch zu beenden. Dies wäre bei heutigen Stadionshows sicher undenkbar, wo immer mit einem großen und lauten Knall begonnen wird und die meisten Konzerte ebenso enden. Da kann man mal sehen, dass Crosby, Stills, Nash & Young absolut von ihrem Material überzeugt waren und nicht mit irgendwelchen Taschenspielertricks um die Gunst des Publikums buhlen mussten! Man darf ja auch nicht vergessen, dass es zu dieser Zeit noch keine ausgewachsenen Bühnenproduktionen gab – es zählte einzig und alleine die Musik! Faszinierend!

 

Die Bonus-DVD ist das Sahnehäubchen obendrauf! Über die Qualität muss man nicht viele Worte verlieren. Das hier Gezeigte hat gut und gerne 40 Jahre auf dem Buckel, war für eine Veröffentlichung wohl nie vorgesehen und ist natürlich nicht mit heutigen Maßstäben zu messen. Es übertrifft trotzdem noch die Erwartungen, da dies dann doch über Bootlegqualität hinaus kommt – aber nur, weil man die Herren meist von ganz nahe zu sehen bekommt. Das spielt letztlich aber sowieso keine Rolle, denn das hat so viel Seele und ist derart gut, dass es einem die Schuhe auszieht. Der Sound wiederum ist erstklassig und wurde ebenfalls von Nash und Bernstein aufbereitet.

 

Die DVD kommt auf eine Spielzeit von etwas mehr als 43 Minuten. Mit „Only Love Can Break Your Heart“ startet der visuelle Teil dieser Box. Gänsehaut garantiert. Was die Vier gesanglich abliefern ist schon allererste Sahne. Stills spielt dazu traumwandlerisch sicher das Piano und Young natürlich die Akustikgitarre. Crosby und Nash unterstützen die beiden durch ihren Gesang – aber wie. Es ist ein Traum. „Almost Cut My Hair“ ist der Höhepunkt dieser Aufnahmen. Mehr Blues geht nicht. Die kratzige Stimme von Crosby, der diese Nummer völlig intuitiv singt, ist gänzlich anders als die glockenhelle Stimme von Young. Es macht einfach Spaß diesen vier begnadeten Musikern zuzusehen - und mit welcher Freude diese bei der Sache sind! Dies gilt besonders für Déjà Vu“. Young wechselt von der Gitarre an das Piano und Crosby ist mit derart viel Enthusiasmus bei der Sache, dass sich das auch auf Stills überträgt. „Pushed It Over The End“ ist zum Schluss ein musikalischer Hochgenuss. Diese DVD ist einfach von unschätzbarem Wert.

 

„Love The One You´re With“ eröffnet den Songreigen der CDs zwischen Latin-Rythmen und dem, was man heute Americana nennt. Langsam grooven sich die Musiker ein und zu Beginn hat das durchaus Jam-Charakter. Freilich wandeln Crosby, Stills, Nash & Young auf traumwandlerisch sicheren Pfaden. Es ist schon beeindruckend, wie sich diese mitunter schwierigen Charaktere ergänzen. Da greift ein Rädchen in das andere. Abgesehen davon geht bei diesem Stück die Sonne auf. „Wooden Ships“ kommt ebenfalls in beeindruckender klanglicher Qualität daher. Die Gitarren sind fein austariert und man sieht vor dem geistigen Auge wie die Finger die Saiten bearbeiten. Die gesanglichen Harmonien dürften so ziemlich zum Besten zählen, was man im Musikgeschäft in dieser Hinsicht vorfindet. „Immigration Man“ baut noch mal ordentlich Druck auf. Amerikanischer kann Musik eigentlich – abseits von Country/Folk – nicht sein. Danach bekommt man eine ganz und gar erhabene Version von „Helpless“ zu hören. Langsam schleppt sich das Stück bis zu seinem Höhepunkt in Form des mehrstimmigen Refrains dahin. Eine Sternstunde von Neil Young. Immer noch.

 

„Carry Me“ - geschrieben von David Crosby, gesungen von Graham Nash – kommt eigentlich recht unscheinbar daher, trifft einen dafür aber umso nachhaltiger bis ins Mark. „Johnny´s Garden“ besticht durch verschiedene Tempowechsel und hält so die Spannung hoch. Danach heißt es: die Lauscher ganz weit aufgesperrt, denn mit „Traces“ gibt es den ersten unveröffentlichten Song von Young zu hören. Eine sehr nette, melancholische Nummer, die sich keinesfalls hinter anderen Young-Songs dieser Epoche zu verstecken braucht. Das Stück ist sogar ein kleines Kuriosum, denn irgendwie kann es sich nicht ganz zwischen akustisch und elektrisch entscheiden und genau dies macht es extrem gut. „Grave Concern“ - ein Track von Graham Nash – kommt danach richtig beschwingt daher, was mitunter auch am Pianospiel von Young liegt. Crosby und Nash ergänzen sich gegenseitig perfekt auf der elektrischen Gitarre. Und dies alles kann man wiederum bei bestem Sound genießen! Danach werden der Young-Klassiker „On The Beach“, das schwer groovende „Black Queen“, mit einem entfesselnden Stephen Stills und Neil Young an den Gitarren und das bluesige „Almost Cut My Hair“ episch ausgebreitet. Über Kopfhörer ist dies ein Genuss!

 

Beeindruckend ist immer wieder der mehrstimmige Gesang. „Change Partners“, bei dem Stephen Stills in dieser Hinsicht federführend ist, kann da als ein Beispiel von vielen genannt werden. Gerade die unterschiedlichen Klangfarben der Stimmen machen dies so interessant und überraschenderweise harmoniert(e) das hervorragend. „The Lee Shore“ unterstreicht zudem die immense Freigeistigkeit. Schubladendenken ist da sicher nicht angebracht. Das kann man unter Folkrock verbuchen, klar, es ist aber auch Blues, Weltmusik und mit einer sehnsüchtigen Note versehen, wie man es in der südamerikanischen Musik öfters vorfindet. „Only Love Can Break Your Heart“ ist längst zu einem Klassiker von Neil Young avanciert. Auch dieses Stück steht ganz im Zeichen des Gesangs und wie Crosby und Nash selbiges veredeln hat einfach Klasse! Das gilt auch für „Our House“ von Graham Nash. „Fieldworker“ - mit Graham Nash am Piano und Gesang – ist eine dieser feinen, kleinen Nummern, die dieses Set so wertvoll machen. Gänsehaut!

 

Insgesamt ist die zweite CD aber sehr stark von Neil Young geprägt. „Long May You Run“ hat sicher noch etwas Luft nach oben, „Goodbye Dick“ ist gar ein Fingerzeig in die Zukunft, sofern man das letzte Young-Album als Vergleich heranziehen möchte und „Mellow Mind“ der Vorbote zum göttlichen „Old Man“. Dieser Klassiker wird in einer sehr erhabenen Version vorgetragen – Graham Nash unterstützt den alten Grantler dabei gesanglich. „Blackbird“ - ohne Young – ist gesanglich natürlich erste Sahne, reicht allerdings nicht an die Beatles heran. Aber die kann man auch nicht covern. Danach gibt es wieder Onkel Neil mit „Love Art Blues“ und dem kitschigen „Hawaiian Sunrise“ auf die Ohren.

 

Die letzte CD ist mit zehn Songs etwas kürzer ausgefallen, ist aber ein ziemliches Brett. Vom zerschossen „Déjà Vu“ welches sich auch beim Jazz anlehnt, geht es über die groovige Stills-Nummer „My Angel“ hin zum rockigen Americana-Sound von „Pre-Road Downs“. „Don´t Be Denied“ ist eher ein verspielter elektrischer Song von Young, während „Revolution Blues“ zu seinen straighten Rocksongs für CSNY gehört. „Military Madness“ packt noch mal den Blues aus, bevor „Long Time Gone“ auf die stillen Zwischentöne setzt – mit brillantem Gesang von David Crosby. „Pushed It Over The End“ wird episch ausgebreitet, wohingegen „Chicago“ mit rumpelndem Piano ohne Umschweife auf den Punkt kommt. Und wie könnte man diese großartige Box besser zu einem Ende bringen als mit der Neil Young-Sternstunde „Ohio“? Eben!

 

Fazit: Diese Box lässt das Herz eines jeden Musikliebhabers und Sammlers höher schlagen! Der Sound ist überragend und die Band auf ihrem Zenit. Dieses Set gehört in jede gut sortierte Musiksammlung und kann jedem Musikfan an das Herz gelegt werden! Hier hat man mit sehr viele Liebe zum Detail – auch was die Haptik und Optik betrifft – ein grandioses Stück Musikgeschichte zusammengestellt! Kaufbefehl!

 

www.csny.com

www.facebook.com/OfficialCSNY

twitter.com/csnyofficial

 

Text: Torsten Schlimbach

 

CSNY 1974 Track Listings der Konfigurationen:

3CD & Bonus DVD / Pure Audio Blu-Ray & Bonus DVD / Single CD

 

Disc One – First Set

01. “Love The One You’re With”

02. “Wooden Ships”

03. “Immigration Man”

04. “Helpless”

05. “Carry Me”

06. “Johnny’s Garden”

07. “Traces”

08. “Grave Concern”

09. “On The Beach”

10. “Black Queen”

11. “Almost Cut My Hair”

 

Disc Two – Second Set

01. “Change Partners”

02. “The Lee Shore”

03. “Only Love Can Break Your Heart”

04. “Our House”

05. “Fieldworker”

06. “Guinevere”

07. “Time After Time”

08. “Prison Song”

09. “Long May You Run”

10. “Goodbye Dick”

11. “Mellow My Mind”

12. “Old Man”

13. “Word Game”

14. “Myth Of Sisyphus”

15. “Blackbird”

16. “Love Art Blues”

17. “Hawaiian Sunrise”

18. “Teach Your Children”

19. “Suite: Judy Blue Eyes”

 

Disc Three – Third Set

01. “Déjà Vu”

02. “My Angel”

03. “Pre-Road Downs”

04. “Don’t Be Denied”

05. “Revolution Blues”

06. “Military Madness”

07. “Long Time Gone”

08. “Pushed It Over The End”

09. “Chicago”

10. “Ohio”

 

Bonus DVD

01. “Only Love Can Break Your Heart”

02. “Almost Cut My Hair”

03. “Grave Concern”

04. “Old Man”

05. “Johnny’s Garden”

06. “Our House”

07. “Déjà Vu”

08. “Pushed It Over The End”

 

Single CD Track Listing

01. “Love The One You’re With”

02. “Wooden Ships”

03. “Immigration Man”

04. “Helpless”

05. “Johnny’s Garden”

06. “The Lee Shore”

07. “Change Partners”

08. “Only Love Can Break Your Heart

09. “Our House”

10. “Guinevere”

11. “Old Man”

12. “Teach Your Children”

13. “Suite: Judy Blue Eyes”

14. “Long Time Gone”

15. “Chicago”

16. “Ohio”

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