Chuck Ragan: Till Midnight

Chuck Ragan: Till Midnight

Uncle M/Cargo Records

VÖ: 21.03.2014

 

Wertung: 8/12

 

Chuck Ragan ist wieder da. Weg war er sowieso nie. Unermüdlich ist er im Einsatz und für die Musik unterwegs. Entweder tourt er alleine, mit Band, ist mit seinem Wanderzirkus „Revival Tour“ auf der Bühne zu bewundern, haut Liveplatten raus oder legt, wie jetzt mit „Till Midnight“, neue Songs der geneigten Hörerschaft zu Füßen. Warum wird eigentlich immer von Springsteen behauptet, dass er derjenige wäre, der am härtesten im ganzen Musikgeschäft arbeiten würde? Chuck Ragan braucht sich dahinter jedenfalls nicht zu verstecken. Die zehn neuen Songs sowieso nicht.

 

Der gute Chuck hätte „Till Midnight“ auch direkt als Revival Tour Band-Album in die Läden stellen können. Gitarrist Todd Beene (Lucero), Drummer David Hidalgo Jr. (Social Distortion), seine langjährigen Begleiter Jon Gaunt (Geige) und Joe Ginsberg (Kontrabass), Gastsänger Dave Hause, Jon Snodgrass und Chad Price (Drag the River), Ben Nichols (Lucero) und Jenny O. sowie Keyboarder Rami Jaffee (The Wallflowers) sind doch mal eine stattliche Anzahl an Gästen und beteiligten Kollegen. Damit auch alles schön im Fluss ist – Achtung, doofes Wortspiel – lud er die ganze Mannschaft in sein Haus in Kalifornien ein und ging mit alle Mann fischen. Na gut, geprobt wurde auch noch, aber die Angeln wurden auch ausgeworfen, denn Ragan wollte ein bestimmtes Gefühl und einen bestimmten Spirit einfangen. Christopher Thorn hat die ganze Geschichte dann produziert.

 

Würde man die raue Stimme und die teilweise ungestüme Instrumentierung weglassen, dann hätte man ein astreines Americana-Album, welches mit Sicherheit in den entsprechenden Radiostationen rauf und runtergespielt würde. So ist es aber noch kein Mainstream, gleichwohl „Vagabond“ natürlich nahe dran ist. Das macht es aber ja nicht schlechter. Würde man solche Songs öfters mal über bestimmte Kanäle jagen, dann wäre die Welt sicher ein besserer Ort. „Something May Catch Fire“ eröffnet dieses Album übrigens, als hätte man da in Kalifornien die letzte Party gefeiert bevor die Welt dann endgültig untergeht. Es muss eine gute Party gewesen sein. Aber auf „Till Midnight“ ist die Party noch lange nicht vorbei.

 

„Non Typical“ ist eine Kreuzung aus Punk- und Hardcoreattitüde mit Tom Petty und Neil Young. Chuck Ragan hat mittlerweile auch kein Problem mehr damit den alten Helden zu huldigen. Macht er mit seiner Mannschaft ganz vorzüglich. „Revved“ richtet es sich zwischen Country, Folk und Rock ganz gemütlich ein und auch „Bedroll Lullaby“ kommt mit viel Schmackes um die Ecke. Die Gefahr der Wiederholung ist allerdings extrem groß und somit kann „Gave My Heart Out“ dann nur noch wenig Akzente setzen. Die Ballade „Wake With You“ reißt das Ruder noch mal herum und auch „For All We Care“ schippert in ruhigen Gewässern zum Albumende der untegehenden Sonne entgegen – das Lagerfeuer am Ufer knistert aber schon und zum Schluss brennt es lichterloh

 

Fazit: Chuck Ragan und seine amtliche Mannschaft - bestehend aus Freunden, Kollegen und Weggefährten - hauen mit „Till Midnight“ ein amtliches Album zwischen Country, Folk, Rock und Americana heraus. Ragan singt hier, als ginge es mal wieder um sein Leben. Ehrlich, authentisch, aber auch mit einigen Längen. Und trotzdem findet man selten Musik die geerdeter ist und wo derart viel Liebe und Herzblut drinsteckt.

 

http://chuckraganmusic.com/

 

Text: Torsten Schlimbach

Chuck Ragan: Live At Skaters Palace (2 LP)

Chuck Ragan: Live At Skaters Palace (2 LP)

UNCLE M/Cargo Records

VÖ: 31.01.2014

 

Wertung: 9/12

 

Man munkelt ja, dass bald ein neues Studio-Album von Chuck Ragan in den Regalen stehen wird. Die Spatzen pfeifen da ja schon ganz heftig. Feine Sache. Einstweilen liefert der Begründer, Erfinder und Vater der Revival Tour Truppe aber noch eine ganz feine LP ab. Richtig gelesen, keine CD, schon gar kein Download, nein, eine schöne analoge Doppel-LP, die zudem streng limitiert ist. Ein Konzertmitschnitt aus dem August 2013. Und da der gute Chuck in Deutschland extrem beliebt ist und auf eine gewachsene Fanbasis bauen kann, wurde die ganze Sause in der Skatehalle in Münster aufgezeichnet. Das Skater Palace hat Chuck Ragan im Laufe der letzten 15 Jahre immer wieder mit Hot Water Music, im Rahmen der Revival Tour aber auch solo aufgesucht. Praktischerweise ist dort auch sein deutsches Management angesiedelt.

 

Dave Hidalgo von Social Distortion und Todd Beene von Lucero verstärken seine Band und mit dem holländischen Songwriter Tim Vantol, dem Australier Josh Mann von Paper Arms und dem US-Folksänger PJ Bond hat er eine ganz erlesene Gästeschar mit an Bord. Die außergewöhnliche und abwechslungsreiche Setliste lässt zudem jedes Fanherz ein kleines bisschen schneller und höher schlagen. „Live At Skaters Palace“ ist ein Liebhaberstück – und zwar ein richtiges. Eines von den Teilen, die jeden Umzug mitmachen werden. Mit dem jeweiligen Besitzer durch alle Höhen und Tiefen gehen. Eben ein treuer Begleiter durch die Irrungen und Wirrungen des Lebens.

 

„Live At Skaters Palace“ funktioniert auch wunderbar als Werkschau des bisherigen Schaffens von Chuck Ragan. Das Hauptaugenmerk liegt dabei selbstverständlich auf seinen Solosachen. Mit „Bedroom Lullaby“ ist aber sogar ein erster, neuer Song vertreten, der auf dem bald erscheinenden Album „Till Midnight“ enthalten sein wird. Wäre da nicht der kratzbürstige Gesang von Ragan, dann könnte man das für eine prima Country-Nummer halten. Die eingesetzte Mundharmonika erinnert gar an Dylan. Aber auch das ist kein Geheimnis, dass der Solokünstler Ragan sich letztlich an Springsteen oder Dylan orientiert. „Drag My Body“ von Hot Water Music verliert auch im Akustikgewand - zudem von Ragan komplett alleine interpretiert - nichts von seiner mitreißenden Attitüde.

 

Es dauert etwas, bis sich die Band eingegroovt hat und der gute Chuck auch die richtige Balance für seinen Gesang gefunden hat. „For Gooodness Sake“ geht so noch einigermaßen in die Binsen. Spätestens mit der wundervollen Folkballade „Geraldine“ passt aber alles. „Rotterdam“ dürfte dann auch den letzten Zweifler überzeugen, dass dies ein ganz besonderes Konzert war. Die Nummer reißt einen vollends aus jeglicher Lethargie. Gerade in dieser Bandkonstellation kommt das erst richtig zur Geltung. Der treibende Bass bei „Do What You Do“ ist da nur ein Stilmittel von vielen. Im Grunde seines Herzens spielt die Kapelle traditionelle amerikanische Musik. „The Boat“ oder „Meet You In The Middle“ reißen vollends alle vom Hocker und dürfen mit Fug und Recht als Klassiker bezeichnet werden.

 

Fazit: „Live At Skaters Palace“ spiegelt auf gar wundervolle Weise den Ist-Zustand von Chuck Ragan ab. Die beiden LPs geben einen guten Überblick über sein Schaffen wieder. Im Live-Gewand gewinnen die Songs noch mal an Authentizität dazu. Gerade gesanglich sitzt da nicht jeder Ton, aber dafür ist das Herz am richtigen Fleck. Mitreißend ist da sowieso und musikalisch wunderbar in Szene gesetzt. Für Fans ist das, auch wenn es platt klingen mag, ein Pflichtkauf! Beeilung ist hier aber angesagt, das feine Teil dürfte nämlich schnell vergriffen sein.

 

http://chuckraganmusic.com/

 

Text: Torsten Schlimbach

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