Billie Joe + Norah: Foreverly

Billie Joe + Norah: foreverly

Warner

VÖ: 22.11.2013

 

Wertung: 9/12

 

Auf dem Papier passt hier nichts zusammen. Norah Jones nimmt mit Billie Joe Armstrong ein gemeinsames Album auf? Da stellt sich schon die Frage, wo denn da der gemeinsame musikalische Nenner liegt!? Bei den Everly Brothers? Jetzt wird es aber so richtig abenteuerlich! Und dann nimmt dieses ungleiche Paar auch noch das komplette Album „Songs Our Daddy Taught Us“ der Everly Brothers auf? Nicht wirklich, oder? Doch! Die beiden haben die zwölf Songs tatsächlich neu interpretiert, auch in der ursprünglichen Reihenfolge, dem Kind mit „foreverly“ allerdings einen neuen Namen gegeben. Und obwohl sich das alles so liest, als wäre dieses Projekt schon im Vorfeld zum Scheitern verurteilt, funktioniert dies doch wesentlich besser wie erwartet.

 

Vor 55 Jahre nahmen die Everly Brothers diese Songs auf und überzeugten mit perfektem Harmoniegesang. Country, Folk und Ansätze von dem, was man später mal Americana nennen sollte, wurde perfekt umgesetzt. Sowohl Jones wie auch Armstrong hat man dieser musikalischen Spielwiese sicher nicht zugerechnet. Norah Jones hat man eher als Jazz- und Soulsängerin im Gedächtnis und der gute Billie ist ja eher für seinen Pop-Punk bekannt. Vielleicht war „foreverly“ aber auch genau das Projekt, welches gerade Armstrong nach seiner Entziehungskur und dem mäßigen Echo auf dieses seltsame Projekt der drei Green Day-Alben brauchte. „foreverly“ ist definitiv anders und klingt wie eine Befreiung für ihn. Norah Jones macht in ihrer Karriere anscheinend sowieso alles richtig, denn dies ist ja nicht das erste Projekt, welches man ihr eigentlich nicht zutrauen würde.

 

„foreverly“ ist richtig gut geworden. Dies liegt natürlich auch an dem tollen Songmaterial, keine Frage. Die beiden Stimmen passen besser wie gedacht zusammen. Man hat es geschafft da eine gemeinsame Basis zu finden und das ist dann tatsächlich ein Miteinander. Billie Joe Armstrong kennt man im Grunde nicht mehr wieder – seine Art des Gesangs und der Interpretation ist sehr zurückgenommen, fast schon zärtlich und doch von einer gewissen Bestimmtheit druckvoll getrieben - ohne dabei laut zu werden. Alles ist im Fluss und Norah Jones legt ihm dazu den sanften Teppich aus, auf dem er sich so richtig wohlfühlt. Erst bei „I´m Here To Get My Baby Out Of Jail“ wagt sich diese wunderbare Sängerin vor ins Licht und übernimmt die gesangliche Führung. Bezaubernd!

 

Glücklicherweise hat man es geschafft dies musikalisch nicht zu überladen. Natürlich gehören zu einem so traditionellen Musikgewand auch Banjos, Violinen, Mandolinen und auch mal eine Mundharmonika dazu, aber es kommt auf die Mischung und die Dosierung an und die darf man durchaus als gelungen bezeichnen. Das reduzierte Soundgewand lässt den beiden Sängern genug Raum zu Entfaltung. Von „Roving Gambler“ über „Down In The Willow Garden“ bis hin zu „Put My Littles Shoes Away“ ist das überaus wohltuend umgesetzt und arrangiert worden. Es sind schöne Songs. Schöne Songs, die aber erst durch diese beiden Stimmen zu dem werden, was „foreverly“ letztlich ist: ein außergewöhnlich gutes Album! Gemeinhin gilt „Songs Our Daddy Taught Us“ als bestes Werk der Everly Brothers, Billie Joe + Norah haben dieses epochale Werk mit sehr viel Würde in das Jahr 2013 übertragen.

 

Fazit: „foreverly“ ist die vielleicht schönste musikalische Überraschung in diesem Herbst. Das gemeinsame Album von Norah Jones und Billie Joe Armstrong hatte wohl kaum einer auf dem Zettel. Die beiden interpretieren diese Country- und Folksongs gar ganz wundervoll. Die beiden Egos scheinen dabei keine Rolle zu spielen, denn man hört, dass dies ein Miteinander ist und jeder dem anderen seine Stärken lässt, welche letztlich in diesen tollen Harmoniegesang münden. Wer glaubt, dass Norah Jones nur Songs für die Kaffeehäuser dieser Welt singen kann und Billie Joe Armstrong mit den letzten Green Day Alben endgültig an den belanglosen Stadionpop verloren worden wäre, wird mit diesem zurückgenommenen Werk eines Besseren belehrt. 9 Aufnahmetage brauchten die beiden dafür. Chapeau!

 

http://billiejoeandnorah.com/

 

Text: Torsten Schlimbach

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