Art Brut: Top Of The Pops

Art Brut: Top Of The Pops

Soulfood/The End

VÖ: 19.04.2013

 

Wertung: 10/12

Tipp!

 

So langsam schließt sich der Kreis. Zeit für einen Rückblick. Zeit die ganze Geschichte zu beenden. Art Brut starteten einst im Jahre 2003 um den Rockzirkus im Kleinen mal ordentlich vor den Kopf zu stoßen und aufzumischen. Zu dieser Zeit herrschte auf der Insel mal wieder Aufbruch- und Goldgräberstimmung. Alles schien möglich und da wurde diese Chaostruppe mit offenen Armen empfangen. Wenn es die Geschichte dieser Band nicht schon geben würde, müsste man diese glatt erfinden. Wie kann eine Karriere besser starten als mit „Formed A Band“? Zu verdanken hat es die Kapelle natürlich dem eigenen Talent, aber auch den oft gescholtenen Journalisten. Einer der Schreiberlinge hört den Song und sandte diesen an Rough Trade – der Rest ist, wie man so schön sagt, Geschichte! Da passt es auch ins Bild, dass der Rolling Stone die Nummer gleich mal zur Single des Jahres kürte.

 

„Top Of The Pops“ ist aber nicht nur eine schnöde Zusammenstellung, nein, hier gibt es quasi den ganzen raren Kram dazu. Die erste CD befasst sich in chronologischer Reihenfolge mit dem musikalischen Werdegang von Art Brut. Natürlich steht hier „Formed A Band“ an erster Stelle. Hört man sich die neunzehn Songs an, dann kommt unter dem ganzen Torso und Chaos die unglaubliche Hitqualität zum Vorschein. Eddie Argos sagt ja selbst über sich, dass er nicht singen kann. Genau das macht aber den Reiz aus! „My Little Brother“ könnte zumindest musikalisch auch von The Smiths sein. Die Gesang kommt natürlich zackig daher und fräst sich schnell in die Gehirnwindungen. Und wie toll ist doch immer noch „Emily Kane“. Auch heutzutage funktioniert das Lied noch. Es ist ja auch immer wieder aktuell, denn irgendwer trauert garantiert seiner verpassten Jugendliebe nach - die muss ja nicht Emily Kane heißen.

 

Spätestens mit „Modern Art“ haben sich Art Brut auch ein Stück weiterentwickelt. „Good Weekend“ wühlt sich gar in den Pop rein. Und selbst „St. Pauli“ hat nichts von seinem Reiz verloren und wenn Eddie Argos sich einen auf deutscher Sprache abbricht, hat das immer noch Charme. Immerhin teilt er der Welt auch gleich mit, wo er seine Kenntnisse erworben hat. Punkrock lebt jedenfalls noch. Schönen Gruß an dieser Stelle auch noch mal an „Axl Rose“ und das düstere „Lost Weekend“ lässt sogar ein bisschen Gesang durchschimmern. Mit dem neuen Song „Arizona Bay“ gibt es auch wieder diese durchgeknallte Attitüde, für die man Art Brut so liebt. „We Make Pop Music“ ist ebenfalls ein neues Stück, aber wesentlich fröhlicher und in gewissem Sinne gibt der Titel die Richtung ja schon vor: Popmusik!

 

Die zweite CD hält dann gleich zwanzig Raritäten bereit. Die frühen „Earls Keith Top Of The Pops“ Versionen von „Formed A Band“ und „Bad Weekend“ sind sogar noch ein ganzes Stück zackiger. Schön, dass man auch an die B-Seiten gedacht hat. „These Animal Menswear“ und „Maternity Ward“ sind doch kleine Perlen, die das Art Brut Universum erst so richtig rund machen. Abgesehen davon blickt hier sogar jede Menge Hitpotenzial durch. Auch die Coverversion des Cure Stückes - „Catch“ - sollte man gehört haben. Meinen die das ernst? Man weiß das bei Art Brut ja nie so genau. Die Liveversion von „Modern Art“ aus Berlin hat es auch in sich. Besonders die Rede im Mittelteil von Eddie Argos sollte man sich mal in einer stillen Stunde bei einem Glas Wein zu Gemüte führen. Das treibende „Just Desserts“ darf natürlich auch nicht fehlen und mit „Unprofessional Wrestling“ gibt es auch noch eine Rarität, die bisher nur als Download in den Shops stand. Auch diese schmissige Nummer ist eigentlich ein Hit, aber so langsam machen sich beim Hörer an dieser Stelle auch ein paar Ermüdungserscheinungen breit. „Her Majesty“ hört man natürlich an, dass der Pixies-Mastermind hier für die Arrangements gesorgt hat. Art Brut und die Pixies sind musikalisch ja sowieso miteinander verwandt. Den Rausschmeißer gibt es mit der Liveversion „Post Soothing Out“ - perfekt!

 

Fazit: Art Brut waren mal der heißeste Scheiß der Saison. Für einen Sommer konnte diese Band und ihre Lo-Fi-Punk-Schrammel Attitüde Leben retten. „Top Of The Pops“ ruft einem den ganzen Wahnsinn mit einer geballten Ladung zurück ins Gedächtnis. Songs, die einen an ganz bestimmte Situationen im Leben erinnern – schaffen nicht viele. Und weil das alles nicht genug ist, gibt es noch Tonnen an Raritäten, B-Seiten und sonstigem obskurem Kram. Besser geht es nicht! Wer noch Lücken in seiner Sammlung hat, sollte diese nun schleunigst schließen (können)! Wichtig: die Musik von Art Brut muss man dosieren, sonst wirkt es nicht!

 

http://www.artbrut.org.uk/

 

Text: Torsten Schlimbach

Empfehlen Sie diese Seite auf:

Druckversion | Sitemap
Dream Out Loud Magazin: © Torsten Schlimbach / Header: © Kai Knobloch