Morrissey: 25Live (DVD)

Morrissey: 25Live (DVD)

Edel/Eagle Vision

VÖ: 18.10.2013

 

Wertung: 10/12

Tipp!

 

Am 2. März diesen Jahres wurde für die zahlreichen amerikanischen Fans von Morrissey ein Traum wahr. In ganz kleiner Runde konnte der Mann und seine Musik bewundert werden. 1.800 Menschen fasst das Schulauditorium wo dieses Ereignis stattfand. Das ist doch mal ein ganz kuscheliger Rahmen für einen Star seines Formats. Wobei es immer noch erstaunlich ist, dass der englischste aller einglischen Künstler jenseits des großen Teichs derart berühmt ist und auf eine große Fanbasis bauen kann. Auf dieser DVD kann man dann auch beobachten, dass Morrissey von seinen Anhängern wie ein Heiliger verehrt wird, dies geht schon weit über das normale Fansein hinaus.

 

Das Konzert in der Hollywood High School in Los Angeles war innerhalb von zwölf Sekunden ausverkauft. Dieser Auftritt war auch gleichzeitig der vorletzte seiner Amerikatour, da er alle anderen Termine aufgrund seine angeschlagenen Gesundheit absagen musste. Davon merkt man hier allerdings nichts. Morrissey ist in Höchstform und auch, wenn seine Gesichtszüge mittlerweile doch einen sichtlich gealterten Mann zeigen, ist sein Auftreten und seine Stimme wie eh und je. Es ist schon erstaunlich, dass er über alle die Jahre seinen Gesang konservieren konnte und der junge von dem älteren Morrissey kaum zu unterscheiden ist.

 

Mit The Smiths machte er sich einst auf die Welt zu erobern und mittlerweile kann er auf eine 25-jährige Solokarriere zurückblicken. Morrissey ist nicht nur einer der ironischsten sondern auch einer der rätselhaftesten und streitbarsten Künstler auf diesem Planeten. Eine gewisse Arroganz umgibt dabei seine charismatische Aura. Hier zeigt er sich aber auch von einer gänzlich anderen Seite. Wobei es natürlich auch wiederum nur Morrissey fertig bringt während eines Konzert das Mikrofon ausgewählten Fans in der ersten Reihe in die Hand zu drücken und diese ein paar warme Worte sagen zu lassen – ohne Musik. Natürlich kommen da nur Liebesbekundungen bei heraus. Der König holt sich seine Streicheleinheiten bei seinem Volk ab. An Morrissey hätten wahrscheinlich immer noch Hundertschaften von Psychologen ihre Freude.

 

Abgesehen davon, dass diese DVD eine Zeitreise durch das Schaffen von Morrissey vollzieht – 25Live ist da Programm – und von „Meat Is Murder“ über „Irish Blood, English Heart“ oder Everyday Is Like Sunday“ bis hin zu „The Boy With The Thorn In His Side“ alles auffährt, was man hören will, sind es die kleinen Randerscheinungen die dieses Ereignis so besonders machen. Bei den Solos dreht Morrissey dem Publikum zwar immer noch den Rücken zu, aber hier kann man vom ersten bis zum letzten Ton erleben, wie eine Band und ein Künstler auf der Bühne mit dem Publikum davor verschmelzen. Die Verehrung kennt für Morrissey an diesem 2. März keine Grenzen, aber auch der Meister lässt sich nicht lumpen und geht auf reichlich Tuchfühlung. Da werden die Hände in der ersten Reihe ganz kräftig geschüttelt und wenn es zum Schluss kein Halten mehr gibt und die Leute reihenweise versuchen die Bühne zu entern und die Security ihre liebe Mühe und Not hat die Herrschaften dort wieder runter zu bekommen, dann ist es Morrissey, der die helfende Hand reicht. Ganz zum Schluss trägt er einen kleine Jungen in seinen Armen – freilich singt er dabei makellos weiter. In diesen Augenblicken wird aus dem unnahbaren Morrissey der nahbare Steven Patrick. Da kann er während des Konzerts auch noch so seinen Kiefer nach vorne schieben, mit den Augen kleine Blitze abfeuern und keifen wie ein altes Waschweib – Morrissey ist gar nicht böse. Dies wird auch im Bonusmaterial deutlich, da sieht man ihn nämlich lachen und scherzen. Überhaupt ist dieses Material sehr aufschlussreich. Hier blickt man auf einen Morrissey der mit Kopfhörern und geschlossenen Augen seinen Part im Studio einsingt – ganz bei sich und der Musik. Die Schulterklopfer sind allerdings auch nicht weit. Dies wäre überhaupt der einzige Kritikpunkt an dieser DVD: man hat das Gefühl, dass der gute Morrissey doch etwas zu sehr gebauchpinselt wird.

 

Das Bild macht über weite Strecken einen richtig guten Eindruck und auch die reichhaltige Hemdenschau von Morrissey wird in all ihren bunten Facetten immer makellos in Szene gesetzt. Das Fischauge wird leider etwas zu häufig eingesetzt und nervt auf Dauer schon etwas, aber insgesamt sind die vielen Kameraperspektiven schon sehr nett. Beim Schnitt hätte man etwas mehr Ruhe walten lassen können, aber das ist ja bekanntlich Geschmackssache. Der Sound ist satt und klar. Die Performance ist oftmals sehr rotzig und rockig und auch das Publikum kommt sehr gut zur Geltung. Nach langer Zeit ist das mal wieder eine DVD, die das Wörtchen live berechtigterweise im Titel trägt.

 

Fazit: „25Live“ von Morrissey ist eine richtig gute DVD geworden. Bild und Sound sind sehr gut, die gespielten Songs und die Setlist sehr stimmig und Morrissey, die Band und das Publikum in Höchstform. Für einen kurzen Augenblick hat man sogar das Gefühl, dass man hinter die Fassade von Morrissey blicken kann. Wann gab es das denn in den letzten Jahren schon mal? Gab es das überhaupt mal? Kein Wunder, dass diese Produktion den Segen des Meisters erhalten hat. Feines Teil!

 

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Text: Torsten Schlimbach

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