Jimi Hendrix: Electric Church – Atlanta Pop Festival July, 4, 1970 (DVD)

Jimi Hendrix: Electric Church – Atlanta Pop Festival July, 4, 1970 (DVD)

Sony

VÖ: 06.11.2015

 

Wertung: 10/12

Tipp!

 

Das zweite Atlanta Pop Festival am 4. Juli 1970 war für Jimi Hendrix das größte Konzert in Amerika. Die Zuschauermenge vor Ort hat aber kaum etwas von ihm mitbekommen – zumindest optisch, aber dazu gleich mehr. An diesem amerikanischen Unabhängigkeitstag kam eine unglaubliche Anzahl an Zuschauern. Vorsichtige Schätzungen gehen von 200.000 Menschen aus, realistischer scheinen da schon eher die Zahlen zwischen 500.000 und 600.000 zu sein! Die Veranstalter und die Ordnungskräfte vor Ort waren jedenfalls hoffnungslos mit dieser Menschenmasse überfordert, denn eingeplant waren wesentlich weniger Zuschauer. Jetzt gibt es die neue Dokumentation „Electric Church“ über den Auftritt von Jimi Hendrix auf DVD und Blu-ray zu bewundern.

 

Die ganze Sause wurde damals mitgefilmt, aber war im Grunde zunächst überhaupt nichts wert, wie der Veranstalter hier noch mal klarstellt. Die ganze Video-, DVD- oder Blu-ray-Kultur, sprich den Zweitmarkt, gab es ja noch überhaupt nicht und somit verschwand das Material für viele Jahre in einer Scheune. Jetzt wird selbiges in dieser Form erstmals veröffentlicht. Das ist alles erstaunlich gut erhalten und mit Sicherheit ganz liebevoll restauriert worden.

 

Hendrix ist aus nächster Nähe ganz oft zu bewundern. Die Kameras kamen auch unterhalb der hohen Bühne zum Einsatz, weshalb das manchmal Bootlegcharakter hat. Das Bild ist aber über weite Strecken erstaunlich gut und man hat aus den Bedingungen vor Ort das Beste gemacht. Da hier logischerweise nicht – wie es in der heutigen Zeit üblich ist – 20+ Kameras zum Einsatz kamen, sind die Perspektiven jetzt nicht vielfältig, aber durchaus mehr als ausreichend. Auch beim Schnitt hat man die nötige Sorgfalt walten lassen und so ist das weder von Hektik geprägt, noch von Langeweile. Man kann dem guten Jimi einfach mal auf die Finger gucken und staunen. Bassist Bill Cox ist eigentlich so gut wie überhaupt nicht zu sehen und auch Drummer Mitch Mitchell ist nur als Schatten zu erkennen. Schuld waren die Bedingungen vor Ort und da sind wir dann auch bei der weiter oben beschriebenen Situation, dass die meisten Zuschauer überhaupt nichts sehen konnten. Die Stromversorgung war auf diesem Festival ein echtes Problem und somit gab es kaum eine Bühnenbeleuchtung und die Musiker waren nur für die vorderen Reihen sichtbar. Bei dieser riesigen Menschenmenge hätte aber auch die beste Ausleuchtung nicht dafür gesorgt, dass jeder etwas sieht. Der Ton ist übrigens recht amtlich und das macht schon Laune.

 

Damals spielte Hendrix auch Songs, die für sein viertes Album vorgesehen waren, welches kurz vor der Veröffentlichung stand. Neben den Klassikern wie „Purple Haze“ oder „Fire“ kamen also auch „Room Full Of Mirrors“ oder „Hear My Train A-Comin“ zum Einsatz. Dazu wurde eine magischer Version von „Star-Spangled Banner“ gespielt und dazu gab es dann auch noch ein Feuerwerk. Jimi Hendrix war hier definitiv sehr gut aufgelegt und auf dem Zenit seines Könnens.

 

Eingebettet wird das Konzert in viele O-Töne von Zeitzeugen oder Kollegen wie Paul McCartney oder Kirk Hammett, die natürlich voll des Lobes über den Gitarrengott sind. Das war sicher nicht anders zu erwarten. Interessanter sind da die Berichte der Augenzeugen, die von den teilweise katastrophalen Zuständen auf dem Gelände berichten. Die Versorgung war nicht gewährleistet, es sammelte sich unglaublich viel Müll an und die Entsorgung dauerte Tage, es war extrem heiß, die Leute liefen nackt herum und man wusste überhaupt nicht, wie man die Künstler auf das Geländer kriegen sollte und ob diese überhaupt auftreten und pünktlich erscheinen würden. Mit anderen Worten: Zustände, die heute undenkbar wären.

 

Fazit: Die DVD „Electric Church“, die den Auftritt von Jimi Hendrix beim Atlanta Pop Festival dokumentiert, entführt den Zuschauer noch mal zurück zu diesem denkwürdigen 4. Juli 1970. Für die Dauer dieser DVD wird diese Zeit wieder zum Leben erweckt. Der Auftritt von Hendrix und seiner Band ist grandios und Bild und Ton sind – immer vor dem Hintergrund des Alters der Aufnahme – sehr gelungen. Heimlicher Höhepunkt sind aber sicher die vielen O-Töne der Zeitzeugen und der damals beteiligten Personen, die einem tiefe Einblicke in dieses Festival und die damalige Festivalkultur gewähren.

 

http://www.jimihendrix.com/us/home

 

Text: Torsten Schlimbach

Jimi Hendrix: Hear My Train A Comin´ (DVD)

Jimi Hendrix: Hear My Train A Comin´ (DVD)

Sony

VÖ: 01.11.2013

 

Wertung: 12/12

Tipp!

 

Jimi Hendrix hätte im November seinen 70. Geburtstag gefeiert. Im Rahmen dieser Feierlichkeiten wird nun eine DVD veröffentlicht, die mit zum Besten gehört, was posthum von Hendrix in die Regale gestellt wurde. Es handelt sich hierbei um eine Dokumentation, die das Leben von Hendrix nachzeichnet. In erster Linie geht es dabei natürlich um seine musikalische Karriere – der Aufstieg des Jimi Hendrix. Besseres wird man kaum finden. Damit ist keineswegs die bildliche Umsetzung gemeint, die kann in Anbetracht des vorliegenden Materials und seines Alters nicht gut sein. Darum geht es aber hier auch nicht, denn „Hear My Train A Comin´“ ist zweifelsohne von solch historischer Bedeutung, die nicht hoch genug bewertet werden kann.

 

Die Geschichte von Jimi Hendrix wird zunächst anhand von Zeitzeugen und Fotos erzählt. Aus seinen ersten Lebensjahren gibt es wohl keine bewegten Bilder oder man wollte und konnte diese nicht zu Verfügung stellen. Sein Vater und sein Cousin plaudern dafür aus dem Nähkästchen. Man fühlt sich als Zuschauer wie auf einer Zeitreise in eine andere Welt und doch wird man nicht außen vor gelassen und ist hautnah dabei. Diese DVD ist nicht nur im Hinblick auf Jimi Hendrix von historischer Bedeutung, nein, auch der pophistorische Zusammenhang wird hierbei sehr gut herausgearbeitet. „Swinging London“ wird dabei auch sehr viel Platz eingeräumt und ein gewisser Paul McCartney darf erstaunlich viel aus dieser Periode erzählen, beispielsweise wie die ganze Szene die Ankunft von Hendrix empfunden hat und was er für einen Einfluss auf selbige ausgeübt hat. Der Fokus liegt dabei natürlich immer eindeutig auf dem Mann aus Seattle. Bewegte Bilder gibt es dazu jede Menge und der Höhepunkt dürfte eindeutig jener sein, als Hendrix „Sgt. Pepper´s Lonely Hearts Club Band“ spielt – mit Lennon am Bühnenrand und wenn man die Aufnahmen richtig deutet, war auch McCartney anwesend.

 

Der Film fängt das Leben und die Aura von Hendrix aber auch aus der Sicht dreier Frauen ein, die für ihn von entscheidender Bedeutung waren. Linda Keith, jene Frau die Jimi seinem zukünftigen Manager Chas Chandler vorstellte, Faye Pridgeon die seit den frühen 60ern eine enge Freundin war und Colette Mimram, die Dame, die Hendrix zu seinem markanten Outfit inspirierte. Alle zeichnen ein fast liebevolles Bild des Künstlers nach. Die Bühnenperson ist dabei eindeutig vom sensiblen, höflichen und netten Menschen abseits des Rampenlichts zu trennen. Dies wird übrigens von allen weiteren Personen, die hier ein paar O-Töne abgeben, bestätigt. Noel Redding, Mitch Mitchell, Steve Winwood oder Eddie Kramer zeichnen ein ähnliches Bild von Hendrix. Kramer entführt den Zuschauer noch ins Studio und lässt selbigen ein kleines bisschen an dem Aufnahmeprozess teilhaben. Das Leuchten in den Augen von Kramer ist immer noch vorhanden. Auch die Entstehung der Electric Lady Studios wird in diesem Zusammenhang thematisiert. Es endet alles mit der letzten Performance von Jimi in Deutschland – 12 Tag vor seinem Tod.

 

Als wäre dieser zweistündige Film noch nicht genug, gibt es noch ein paar Zückerchen obendrauf. Das Bonusmaterial hat es wirklich in sich! Hierbei muss man zwar einige Abstriche bei der Qualität machen, aber dafür kann das gezeigte Material nicht hoch genug bewertet werden. Zunächst sieht man den Auftritt vom „Miami Pop Festival“. Unterbrochen wird dies mit Interviews mit Eddie Kramer und Festival Promoter Michael Lang. Die Konzertausschnitte sind bisher noch nie als Farbfilm veröffentlicht worden. Da das Material wohl nicht ganz komplett ist, hat man dieses mit ein paar Fotos angereichert und aufgefüllt. Danach schließt sich das „New York Pop Festival“ an. „All Along The Watchtower“ und „Voodoo Child (Slight Return)“ sind dabei herausragend. Das Bild ist fast durchgängig komplett rot und oft sieht man auch nicht viel, aber auch diese Aufnahme ist von historischem Wert und sollte als solche auch gesehen werden, auch wenn das Bootlegcharakter hat. Den letzten Auftritt der Jimi Hendrix Experience auf Fehmarn in Deutschland vom 6. September 1970 gibt es als Bonbon obendrauf. Dies ist eine Amateuraufnahme bei der die Bühnenmikrofone genutzt wurden. Wenn man sich mal anguckt, wie heute solche Veranstaltungen durchgeführt werden, dann gleicht dies schon einem lustigen Schülerfest. Ruft man sich das „Miami Pop Festival“ noch mal ins Gedächtnis, wo die Leute auf dem Boden oder mitgebrachten Ligen saßen, dann wirkt das wie aus einem Paralleluniversum. „Purple Haze“ vom 30.03.1967 von Top Of The Pops beschließt dieses essenzielle Bonusmaterial.

 

Fazit: „Hear My Train A Comin´“ - mit diesem fast schon unscheinbaren Cover - ist eine der besten Veröffentlichungen mit autobiografischem Hintergrund, die es über Jimi Hendrix gibt. Die Dokumentation zeichnet den Werdegang dieses Ausnahmekünstlers nach und wird mit O-Tönen von sehr prominenten Kollegen angereichert. Das Bonusmaterial hat was von dem heiligen Gral. Hier wird Material zugänglich gemacht, welches Fanträume wahr werden und die Herzen der Musikhistoriker schneller schlagen lässt. Ein wichtige und essenzielle Veröffentlichung!

 

http://www.jimihendrix.com/us/home

 

Text: Torsten Schlimbach

 

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