Black Francis ist an diesem Abend gut drauf. Eine Plaudertasche ist er zwar immer noch nicht, aber man sieht ihn zwischendurch wohlwollend seinen Daumen in Richtung Joey Santiago heben. Dies wiederum lässt Paz Lenchantin sichtlich erleichtert aufatmen. Ist der Sänger der Pixies zufrieden, dann ist das Leben für alle anderen Bandmitglieder auch ein ganzes Stück leichter. Interaktion mit dem Publikum gibt es an diesem Oktoberabend keine. Die gute Paz würde wohl gerne, darf sich aber vermutlich nicht zu weit aus der Deckung wagen. Warum Kim Deal keinen Bock mehr auf den Verein hat, wird an diesem Abend mehr als deutlich. Die goldige Paz ist musikalisch ein erstklassiger Ersatz und stellt sich eben ganz in den Dienst der Mannschaft, um nicht zu sagen den Launen von Black Francis. Und das mit 46 Jahren. Bewundernswert, denn sie könnte in jeder Band spielen!
Fans sind übrigens nicht nur vor der Bühne zu finden, sondern auch auf selbiger. Die Blood Red Shoes aus England dürfen nämlich den Support machen. Wer bisher noch Zweifel daran hatte, dass die Pixies das Duo enorm beeinflusst haben, kann diese nun getrost begraben. Laura-Mary Carter und Steven Ansell betonen beide, wie wichtig die Bostoner Band für die Blood Red Shoes ist und welch großen Einfluss das auf ihren eigenen Sound gehabt hat. Das hört man natürlich auch bei diesem Konzert. Aus dem Duo ist live mittlerweile ein Quartett geworden. Der Sound ist amtlich und die Songs sind im Grunde wie gemalt für das Publikum – entsprechend wohlwollend wird das Set auch aufgenommen. Schade, dass nach 30 Minuten schon Schluss ist. Allerdings kommen die Blood Red Shoes am Ende des Monats schon wieder nach Deutschland – dann als Headliner. München ist zwar ausverkauft, aber für Köln, Berlin und Hamburg gibt es noch Tickets. Hingehen!
Die Pixies liefern danach ein ordentliches Konzert ab. Das ergraute Publikum – sofern denn noch Haar da ist – ist um einiges gemütlicher geworden. Wir werden eben alle älter und die Zeiten, wo man zu Beginn eines Pixies Konzerts von der wogenden Welle 15 Meter weiter katapultiert wurde, sind längst vorbei. Es wird gerne mit dem Fuß mitgewippt und bei der einen oder anderen Nummer bilden die jüngeren Leute vor der Bühne einen Moshpit, aber der Großteil lauscht eher andächtig den 40(!) Songs! Richtig gelesen, in knapp 2 Stunden fräst sich die Band durch den Backkatalog und zeigt dabei die enorme musikalische Bandbreite. Die meisten Songs werden übrigens aus dem aktuellen Album „Beneath the Eyrie“ präsentiert. Es gibt satte elf Tracks daraus zu hören. Das ist amtlich und das spricht durchaus für das Album und auch die Band, die damit unterstreicht, dass sie eben keine Jukebox ist.
Die Hits, sofern man bei den Pixies von Hits sprechen kann, werden natürlich auch gespielt. Egal ob es „Here Comes Your Man“, „Hey“ oder als Zugabe „Debaser“ von „Doolittle“ oder „Cactus“, „Vamos“ oder „Where Is My Mind?“ von „Surfer Rosa“ sind, das Songmaterial ist einfach göttlich. „Caribou“ oder „Planet Of Sound“ dürfen selbstverständlich nicht fehlen. Die Umsetzung ist durchaus gelungen, aber irgendwie wirkt das alles doch etwas arg routiniert und die Band spielt sich eben konzentriert, aber auch etwas freudlos durch das Set. Black Francis ist eben nicht die Emotionsbombe auf der Bühne und daran scheinen sich alle zu orientieren.
Fazit: Die Pixies liefern an diesem Abend ein üppig gefülltes Set ab. Die Songs werden musikalisch sehr gut umgesetzt dargeboten und das rockt immer noch amtlich. Mittlerweile darf man durchaus das Wort Klassiker in den Mund nehmen. Davon haben die Pixies nämlich jede Menge im Gepäck, wenn auch für die Indiemusik. Schade, dass dabei das Herzblut etwas auf der Strecke bleibt und der Routine gewichen ist. Jede Menge Herzblut kriegt man aber von den Blood Red Shoes und die kann man bald schon wieder auf den deutschen Bühnen bewundern!
https://www.bloodredshoes.co.uk/
(Torsten Schlimbach bedankt sich bei Jannis Reiher von FKP Scorpio und für die freundliche Unterstützung!)