Kid Kopphausen: I

Kid Kopphausen: I

Trocadero

VÖ: 24.08.2012

 

Wertung: 9/12

 

Es gibt Projekte, die müsste man erfinden. Kid Kopphausen ist so ein Fall. Gut, dass Gisbert zu Knyphausen und Nils Koppruch auf die Idee kamen eine Band auf die Beine zu stellen. Das lag ja auch irgendwie auf der Hand. Die beiden Nordlichter haben ja schon immer versichert wie begeistert man doch vom musikalischen Backkatalog des jeweiligen anderen ist. Gemeinsam auf Tour waren sie auch schon. Kid Kopphausen war also schon immer da, irgendwie jedenfalls. Es musste nur noch mal auf ein richtiges Fundament gestellt werden. Eine Band musste her. Nun ist sie da und zusammen wurden dreizehn Songs geschrieben, arrangiert, aufgenommen und instrumentiert. Und wie!

 

Natürlich hört man bisweilen heraus, welcher Teil nun auf das Konto von Koppruch geht und welcher von zu Knyphausen auf den Weg gebracht wurde. Angeblich wurde gar ausgelost wer nun welches Stück singen darf. Manchmal teilen sich die beiden aber auch den Gesang brüderlich auf und dann fallen sie sich auch schon mal völlig hemmungslos ins Wort. So soll es doch sein. Die großen und kleinen Dinge des Alltags bestimmen nun das gemeinsame Werk „I“. Es geht aber auch um das große Ganze, also um Gott, Moses und das menschliche Sein. Die Suche nach dem eigenen Ich und der eigenen Identität beschäftigt die beiden Dichter. Nie belanglos, nie mit belehrendem Unterton, sondern immer auf den Punkt gebracht.

 

Musikalisch verschmelzen sie zu einer Einheit. Natürlich ist die jeweilige Vergangenheit immer präsent. Alles andere wäre auch eine Überraschung gewesen. Die aufwühlende Dringlichkeit von Koppruch hat sich dabei scheinbar etwas mehr durchgesetzt wie die verträumte Romantik von zu Knyphausen. So bleibt eine Ballade wie „Haus Voller Lerchen“ fast die Ausnahme. Selbst „Mörderballade“ lärmt als würde die Sonne nie mehr aufgehen. Das geht schon leicht in eine Sonic Youth Richtung. Und das ist auch genau die Stärke von „I“, es ist nämlich tatäschlich ein Bandalbum. Das verspielte „Jeden Montag“ wäre anders auch nicht möglich gewesen. Tom Petty und seine Heartbreakers lassen schön grüßen.

 

Überhaupt ist das eine sehr amerikanische Platte. „Hier Bin Ich“ schrammelt sich in diese Album wie Neil Young und Crazy Horse zu besten Zeiten. Anderes steht mit beiden Beine fest im Indierock. „Nur Ein Satz“ verstört gar. „Schritt Für Schritt“, „Das Leichteste Der Welt“ und „Im Westen Nichts Neues“ erinnern an die gute, alte Tradition der deutschsprachigen Indiepopmusik. Da werden ebenso Erinnerungen an Tocotronic wach, wie auch an Element Of Crime – natürlich. Kid Kopphausen schaffen es aber noch die ganze Kiste mit einem frischen Anstrich zu versehen. Authentizität wird hier groß geschrieben. Handgemachte und ehrliche Musik, manchmal auch Lärm in seiner schönsten Form.

 

Fazit: Kid Kopphausen legen mit „I“ ein wunderbares, deutschsprachiges Album vor. Würde es die Band von Gisbert zu Knyphausen und Nils Koppruch nicht geben, dann müsste man diese glatt erfinden. Das beste deutschsprachige Album zwischen Lärm, Rock, Pop und Romantik seit langer, langer Zeit. Hoffentlich folgt auf „I“ dann auch irgendwann „II“!

 

http://kidkopphausen.de/

 

Text: Torsten Schlimbach

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