Cro: Tru. (Deluxe Edition)
Chimperator/Groove Attack
VÖ: 08.09.2017
Wertung: 7,5/12
Was man nicht machen sollte: zuerst das neue Album von Casper „Lang Lebe Der Tod“ und danach „Tru.“ von Cro hören. Man kann jetzt darüber streiten, ob der Vergleich denn überhaupt fair ist. Die beiden bewegen sich aber ja nun – weitestgehend – in einem Genre. Und wie man im Vorfeld der Veröffentlichung von „Tru.“ lesen konnte, hat das Pandabärchen jetzt ein sehr persönliches Album aufgenommen. Es soll nicht mehr nur diese unbeschwerte Heiterkeit geben. Ein Blick hinter die Maske. Cro hat sich nach dem ganzen Wahnsinn um ihn zurückgezogen. Es war die Zeit gekommen mal zu reflektieren was eigentlich alles seit der Veröffentlichung der ersten beiden Alben passiert ist. „Tru.“ ist nun das Ergebnis.
Cro hat wieder die Fäden alleine in der Hand gehabt. Jedes noch so kleine Detail wurde von ihm arrangiert. Textlich geht es um die Themen dieser Tage: „Fake“ und „Tru“. Dies ist aber auch nur ein Teil des Albums, denn er widmet sich auch den Themen, die uns alle umtreiben, sprich den ganz normalen Sorgen und Ängsten im Kleinen. Die Leichtigkeit ist aber natürlich nicht komplett gewichen, dafür ist das Album auch zu voll. Wer den alten Cro-Flow liebt, kriegt sein Futter. Das überaus entspannte „Hi“ oder auch „Todas“ mit Wyclef Jean beispielsweise!
„Baum“ wäre auf den ersten beiden Alben sicher noch in die Heiterkeit-Ecke abgedriftet. Cro hat die Ironie aber vor der Tür gelassen. Und dann wären da ja auch noch ein paar wirklich nette Soundideen. Egal wie man zu seiner Musik nun steht, er hat sich sehr viel einfallen lassen. „Tru.“ ist vielseitig, abwechslungsreich und bisweilen sehr gut. Wenn man so will, dann ist der Schwachpunkt die Anzahl der Tracks.
„Unendlichkeit_main edit“ ist poppig, aber auch treibend und textlich eine deutlich Ansage. Dies trifft auch auf „Computiful*“ zu. Die Sounds sind ziemlich verschwurbelt. Das hat mit HipHop nicht mehr viel am Hut, sondern geht eher in eine elektronische Richtung. Vielleicht hat Cro sehr viel Kanye West und besonders „808 & Heartbreak“ während der Zeit seiner Zurückgezogenheit gehört. Das geht ziemlich deutlich in diese Richtung. „Fkngrt.“ wäre ein weiterer Song dieser Prägung. Da werden seine Fans richtig gefordert, denn das ist schon weit von dem entfernt, wofür er berühmt geworden ist. Aber seine Anhänger sind aus den Teeniezimmern mittlerweile sicher auch ausgezogen. Diese Art von Weiterentwicklung und der Einsatz eines netten Klaviermotivs stehen ihm, aber auch seiner Musik richtig gut.
Gut ,„Forrest Gump“ ist so ein bisschen bei Fishmob oder 5 Sterne Deluxe angelehnt. Kann man ja mal machen. So manche Stimmverfremdung aber nicht. Hört man da etwa auch Autotune? Ernsthaft? 2017?! Das düstere „Paperdreams“ dürfte eher Fans elektronischer Musik zusagen. „Alien“ klingt tatsächlich futuristisch. „2kx“ ist aber auch wieder ein Song, der eine Brücke von den ersten beiden Alben zu der vorliegenden Platte baut.
Fazit: Cro hat sich hörbar weiterentwickelt. „Tru.“ ist weit davon entfernt ein lustiges Popalbum im HipHop-Gewand zu sein. Es geht diesmal viel tiefer, sowohl textlich wie auch musikalisch. Die Leichtigkeit wird teilweise von einer Nachdenklichkeit verdrängt, die man bisher von Cro nicht kannte. Viele kleine Details aus der elektronischen Trickkiste wurden dazu eingesetzt. Der „alte“ Cro ist nicht gänzlich weg, hat aber ein paar riesige Schritte nach vorne gemacht. Jetzt ist und wirkt das Ding mit der Maske allerdings dann noch alberner! Den Mann hinter der Maske kennt man ja sowieso schon, kann man mit „Tru.“ auch ganz weglassen.
Text: Torsten Schlimbach