Kendrick Lamar: good kid, m.A.A.dcity

Kendrick Lamar: good kid, m.A.A.d.city

Universal

VÖ: 23.10.2012

 

Wertung: 8/12

 

Da ist es also, das lang erwartete Album des neuen Wunderkinds aus der Dr. Dre Schmiede. Nach dem Mixtape „Section.80“ wurde schier Unmögliches von Kendrick Lamar erwartet. Der Junge aus dem berüchtigten Stadtteil Compton wurde über Nacht auf den Rap-Thron gehievt und plötzlich war dieser vakante Posten wieder besetzt. Die ganze Geschichte nahm schon Ausmaße an, wie man sie seit Eminem nicht mehr erlebt hat. Jetzt wird sein Major-Debüt „good kid, m.A.A.d.city“ veröffentlicht – an einem Dienstag! Das ist eigentlich auch schon wieder ein Novum. Bei Kendrick Lamar läuft eben alles etwas anders, vieles davon kann er selber aber gar nicht beeinflussen.

 

Die Schultern von Lamar dürften kurz über der Grasnarbe hängen, denn die in ihn gesetzten Erwartungen sind doch derart hoch, dass er diese eigentlich auch gar nicht erfüllen kann. Ein schwerer Rucksack, der ihm da mit auf den Weg ins Studio gegeben wurde. Allerorten nur Schulterklopfer, kann man nur hoffen, dass sich das nun nicht ins Gegenteil umkehrt. „good kid, m.A.A.d.city“ erdet die ganze Kiste jetzt doch wieder etwas. Kendrick Lamar ist weder ein Außerirdischer noch ein Wunderkind. Mit immens viel Talent ist er allerdings gesegnet und er haucht einem ganzen Genre wieder Leben ein. Das Rezept ist dabei gänzlich einfach, er erzählt Geschichten, die nicht unbedingt auf dicke Hosen machen – er erzählt reale Begebenheiten oder er denkt auch mal um drei Ecken. Lamar fordert seine Zuhörer und lässt dabei das Gangsta-Gehabe vor der Tür.

 

Musikalisch geht er auch einen gänzlich anderen Weg wie eine Vielzahl seiner Kollegen. Reduktion ist sein Ansatz. Diese ganzen Taschenspielertricks und Plastikbeats von der Stange hat er auch gar nicht nötig. Auf diesem Album wird sich auf das Wesentliche beschränkt. Der Sound kommt dabei nicht nur frisch, sondern auch zeitlos aus den Boxen. Gleich zu Beginn lässt er mit „Sherane a.k.a. Master Splinter´s Daughter“ den Blick über Compton schweifen, eine Liebesgeschichte dient dabei als Ausgangspunkt. Musikalisch recht düster ist das ein eher nachdenklicher Einstieg. „Bitch, Don´t Kill My Vibe“ kommt auch eher auf langsamen Sohlen daher und ist in gewisser Weise die Symbiose zwischen East und West Coast. Die Nummer hat allerdings einen guten Flow. Bis hierhin ist das aber noch nicht der erwartete Knaller. Den gibt es dann aber endlich mit „Backseat Freestyle“. Er wird ja nicht gerne in die Conscious Schublade einsortiert, aber im Grunde waren die ersten beiden Tracks nichts anderes. Nun geht es mit dem dritten Song aber voll auf die Zwölf und das in minimalistischem Gewand. „The Art Of Peer Pressure“ knüpft nahtlos daran an, reitet aber über die volle Distanz auf einer düsteren Basslinie rum.

 

Anschließend fällt die Platte allerdings auch etwas ab. Bei „Poetic Justice“ hilft es da auch wenig, dass ein Janet Jackson Sample verbraten wird und Drake mit an Bord ist. „Good Kid“ und „m.A.A.d.city“ reißen das Ruder wieder herum – mit einem zielsicheren Gespür für die Thematik und den Flow. „Swimming Pools (Drank)“ klingt ein bisschen wie das Zugeständnis für eine Single – eher schwache Nummer. Das atmosphärisch sehr dichte „Sing About Me, I´m Dying Of Thirst“ breitet sich episch über zwölf Minuten aus. Dies ist der unumstrittene Fixpunkt der Platte und so ziemlich das Beste, was das Genre die letzten Jahre zu bieten hatte. Wie man Eingängigkeit über sieben Minuten strecken kann zeigt er danach bei „Real“. „Compton“ setzt ganz zum Schluss noch mal zum Höhenflug an und beendet das Album mit einem fetten Ausrufezeichen!

 

Fazit: Kendrick Lamar legt mit seinem Majordebüt „good kid, m.A.A.d.city“ ein beachtliches Album mit kleinen Schwächen vor. Beatwechsel sorgen für die Abwechslung und doch hat die Scheibe einen durchgängig roten Faden. Zudem ist dies ein sehr zeitloses Werk und ein Jungbrunnen für ein ganzes Genre. Der König ist einstweilen gefunden, an seine Nachkommen muss man zunächst keinen Gedanken verschwenden, er regiert sein Land nämlich vorzüglich.

 

http://www.kendricklamar.com/splash/

 

Text: Torsten Schlimbach

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